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Wir möchten Konventionen beiseiteschieben

Architekt Heinrich Degelo stellte sich in seinem Baseler Büro den Fragen von Sebastian Redecke zum Neubau der Universitätsbibliothek in Freiburg

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

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Heinrich Degelo vor seinem aktuellen Großprojekt, der St. Jakobshalle in Basel, die saniert, umgebaut und ergänzt werden soll
Foto: Sebastian Redecke

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Heinrich Degelo vor seinem aktuellen Großprojekt, der St. Jakobshalle in Basel, die saniert, umgebaut und ergänzt werden soll

Foto: Sebastian Redecke


Wir möchten Konventionen beiseiteschieben

Architekt Heinrich Degelo stellte sich in seinem Baseler Büro den Fragen von Sebastian Redecke zum Neubau der Universitätsbibliothek in Freiburg

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Herr Degelo, wie würden Sie Ihre Architektursprache in Freiburg bezeichnen?
Es fällt mir schwer, meine Arbeit selbst zu kategorisieren (lacht). Wir versuchen, Konventionen beiseite zu schieben. Was wir suchen, ist etwas, das langlebig und zurückhaltend ist und trotzdem eine starke Präsenz hat.
Zurückhaltend und eine starke Präsenz?
Das ist nur scheinbar ein Widerspruch. Die Bibliothek ist das wichtigste Gebäude der Universität. Diese Bauaufgabe fordert einerseits eine starke Präsenz und darf deswegen auch stark in Erscheinung treten. Andererseits soll sie sich als Eckstein in den Stadtkörper einfügen können. Wir haben daher eine stark auf den Kontext reagierende Form herausgeschält. Da sie keine störende Eigendynamik entwickelt, stimmt für mich auch „zurückhaltend“.
Die Bedingungen hatten sich während der Planung gewandelt. Zunächst sollte die Betonstruktur des Altbaus erhalten bleiben. Dann blieben nur die Kerne stehen.
Beim Altbau, einem zergliederten Volumen mit brutalistischen Ansätzen, wurden die massiven Brüstungen zusammen mit den Geschossdecken betoniert. Wir haben nicht nur die Brüstungen abgesägt, sondern auch etwas von den Geschossplatten. So reduzierte sich das ursprüngliche Volumen. Wir konnten damals den kleinsten Entwurf von allen vorschlagen, da wir bei der Analyse des Programms gesehen haben, dass man viele Räume zusammenlegen und damit die Erschließungsflächen reduzieren kann. Bei der Ausführungsplanung sind wir von den vorhandenen Decken ausgegangen. Erst als alles geplant und ausgeschrieben war, zeigte sich, dass die nötige Sanierung teurer würde als der Neubau dieser Decken. Deshalb hat man sich entschieden, und das bedaure ich sehr, die Decken zu ersetzen. Dies ist natürlich schlecht für die Ökobilanz.
Warum wählten Sie eine so dunkle Fassade?
Dunkel kann man vielleicht als abweisend empfinden. Dunkel hat aber auch mit Geborgenheit zu tun. Nicht umsonst haben Bars immer eine dunkle Lichtstimmung. Wenn man sich wohl fühlt, ist es selten sehr hell. Uns war ganz wichtig, dass das Licht mit dem Gebäude spielt. Es wirkt immer anders. Mal wirkt ein Fassadensegment wie ein Spiegel, so dass sich die umliegenden Fassaden multiplizieren, mal wie ein Schachbrett mit dunklen und hellen Feldern. Anfänglich haben wir uns die Fassaden silbrig vorgestellt, aus Aluminium und Glas, mit genau diesem Effekt. Da es aber blenden würde und so für das Vis-à-vis unangenehm wirken kann, haben wir verspiegelten Chromstahl geprüft. Das hätte das Lichthafte des ganzen Gebäudes, das fast Immaterielle, sehr stark betont. Dann haben wir feststellen müssen, dass es durch die Schrägstellung der Fassade auch zu starken Blendungen kommen kann und haben letztlich im elektrochemisch behandeltem Chromstahl die Lösung gefunden. Die Spiegelungen sind weniger stark und die Fassade ist jetzt dunkel. Wir haben aber weiterhin die Reflexionen und das Lichtspiel. Das Gebäude wird zum geschliffenen Diamanten.
Die Rückseite an der Milchstraße hat mich besonders irritiert, dort ist die Neigung der gefalteten Fassade mit 28,5 Grad sehr stark. Warum?
Auf der gegenüberliegenden Seite befinden sich kleine Gebäude mit niedrigen Geschossen. Die Bibliothek aber hat sechs hohe Geschosse. Das ist etwas, was kaum vermittelbar ist in einer schmalen Straße. Der alte Bibliotheksbau treppte sich ab. Es entstand ein Straßenraum, der auf der einen Seite doppelt so hoch war wie auf der anderen Seite und ein sehr geschlossenes Fassadenbild. Wir haben einfach den Fuß- und den Dachpunkt der Bibliothek miteinander verbunden und dabei das Volumen etwas anders geschnitten. An und für sich hat die vorherige Bebauung mit der Rückstaffelung das Gleiche gemacht.

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