Bauwelt

Umbau zweier Bankhäuser zu Bundesministerien


Zwei späthistoristische Bankhäuser in der Berliner Friedrichstadt dienen nun als Ministeriensitze. KSP Engel Architekten haben die Raumstruktur aufgegriffen, angepasst und weitergedacht.


Text: Redecke, Sebastian, Berlin


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    Berliner „Seufzerbrücken“ und Haus 1 des Bundesministeriums für Gesundheit und Familie an der Ecke Mauerstraße/Französische Straße
    Foto: hiepler, brunier

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    Berliner „Seufzerbrücken“ und Haus 1 des Bundesministeriums für Gesundheit und Familie an der Ecke Mauerstraße/Französische Straße

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    Die Großzügigkeit eines gründerzeitlichen Bankhauses und die zurückhaltende, handwerkliche Modernität des Wiederaufbaus ...
    Foto: hiepler, brunier

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    Die Großzügigkeit eines gründerzeitlichen Bankhauses und die zurückhaltende, handwerkliche Modernität des Wiederaufbaus ...

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    ... sind im Haus 1 vor allem im Trakt an der Mauerstraße ablesbar.
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    ... sind im Haus 1 vor allem im Trakt an der Mauerstraße ablesbar.

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    „Franz-Ehrlich-Saal“
    Foto: hiepler, brunier

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    „Franz-Ehrlich-Saal“

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    Heike Weber und Walter Eul schufen in der neuen Cafeteria eine Installation aus 600 Prismen aus Polycarbonat, die in Hinterglasmanier koloriert sind.
    Foto: hiepler, brunier

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    Heike Weber und Walter Eul schufen in der neuen Cafeteria eine Installation aus 600 Prismen aus Polycarbonat, die in Hinterglasmanier koloriert sind.

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    Ein historisches Treppenhaus ...
    Foto: hiepler, brunier

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    Ein historisches Treppenhaus ...

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    ... und der Neubau im Hof.
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    ... und der Neubau im Hof.

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    Haus 2 des Ministerienkomplexes bietet im Trakt an der Mauerstraße ein Konferenzzentrum, das auch
    von anderen Ministerien genutzt werden kann.
    Foto: hiepler, brunier

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    Haus 2 des Ministerienkomplexes bietet im Trakt an der Mauerstraße ein Konferenzzentrum, das auch
    von anderen Ministerien genutzt werden kann.

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    Im Untergeschoss ist der alte Tresorraum erhalten, er dient heute als Zugang zur Sicherheitsschleuse des Konferenzbereichs.
    Foto: hiepler, brunier

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    Im Untergeschoss ist der alte Tresorraum erhalten, er dient heute als Zugang zur Sicherheitsschleuse des Konferenzbereichs.

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    Die Glastonne über dem Konferenzbereich stellt das historische Raumprofil wieder her – ...
    Foto: hiepler, brunier

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    Die Glastonne über dem Konferenzbereich stellt das historische Raumprofil wieder her – ...

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    ... nach dem Zweiten Weltkrieg war hier ein Kinosaal mit Flachdecke eingerichtet worden.
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    ... nach dem Zweiten Weltkrieg war hier ein Kinosaal mit Flachdecke eingerichtet worden.

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    Letzte Hand wird angelegt, ...
    Foto: hiepler, brunier

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    Letzte Hand wird angelegt, ...

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    ... um die Installation „Untiefen“ in der Kuppelhalle zu voll­enden.
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    ... um die Installation „Untiefen“ in der Kuppelhalle zu voll­enden.

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...und dabei auch die Zwischenschicht des Wiederaufbaus durch Architekt Franz Ehrlich berücksichtigt.
Es sind nur wenige Schritte vom Boulevard Unter den Linden und vom Brandenburger Tor, aber die beiden nebeneinander stehenden ehemaligen Bauten des Stammsitzes der Deutschen Bank zwischen der Behren- und Jägerstraße liegen trotz starker Präsenz im Abseits – hinter den Gebäuden der Russischen Botschaft, die einen gesamten Block entlang der Linden einnehmen. Fußgänger kommen hier, im ehemaligen Berliner Bankenviertel der Friedrichstadt, kaum vorbei.
Tritt man an die Fassaden der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude heran, rätselt man ein wenig hinsichtlich ihrer Entstehungszeit. Errichtet wurde der erste Block Ende des 19. Jahrhunderts – aufgrund der schnell wachsenden Bank in mehreren Etappen aus sieben Parzellen zu einem einheitlichen Ganzen zusammengefügt – und der zweite, sehr zügig, in den Jahren 1908–10. Der Architekt Wilhelm Martens (1842–1910) plante in seinem Leben zahlreiche imposante Bankgebäude von Breslau bis München. Nach dem Ersten Weltkrieg entschied man sich für eine Aufstockung über dem Kranzgesims.
In den 1950er Jahren nahm der Architekt Franz Ehrlich (1907–1984) eine Reihe von Veränderungen vor. So ließ er das in der Gründerzeit gerne gewählte Bossenwerk entfernen und die Fassaden insgesamt vereinfachen. Die ursprüngliche Fassade des ersten Blocks zeigte nachempfundene Architekturelemente der Renaissance als Referenz an die Ursprünge des Geldgeschäfts im Florenz der Medici. Der zweite Block weist auf der Eingangsfassade einen konvex vorspringenden Mittelrisalit mit drei Torbögen auf. Eine Brücke für die Bankangestellten mit Bogen und Balustrade, getragen von jeweils zwei kräftigen Atlanten, blieb erhalten und erinnert an die alte Pracht. Eine weitere Brücke, diese aus den 1980er Jahren, schafft eine Verbindung zu dem zurzeit leer stehenden Erweiterungsgebäude entlang der Französischen Straße.
Franz Ehrlich war beauftragt worden, die im Krieg durch Brandbomben teilweise zerstörten Großbankbauten für das Innenministerium und die Zentrale der Volkspolizei der DDR neu zu planen und partiell umzubauen. Zur gleichen Zeit plante er mit dem Rundfunkhaus Nalepastraße in Berlin-Oberschöneweide sein bekanntestes Gebäude (Bauwelt 26.1996).
Ab 1990 zog in Teilen der Liegenschaft des Bundes der Beauftragte für die Stasi-Unterlagen ein. Danach folgte eine Zeit langen Leerstands, zuletzt nutzte man einige Räume als Kulisse für Dreharbeiten der Serie „Babylon Berlin“.
KSP Engel hatten den Auftrag, den Bestand für die Berliner Dienstsitze der Bundesministerien für Gesundheit und für Familie entsprechend heutiger Erfordernisse umzubauen und zu ergänzen. Mit Blick auf die besondere Geschichte der Bauten war die Aufgabe der Architekten nicht ohne Brisanz. Das Haus 1 im Norden beherbergt heute „die Gesundheit“, das etwas kleinere Haus 2 im Süden „die Familie“ – und, als Ergänzung auf seiner Westseite am alten Haupteingang zur Mauerstraße, ein Konferenzzentrum, das auch anderen Ministerien zur Verfügung steht.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) lobte 2017 im Rahmen eines ÖPP-Verfahrens einen Wettbewerb aus. Das Angebot von KSP Engel mit Hochtief und Zech Bau erhielt den Zuschlag. Mit dem Konzern Hochtief hatten die Architekten schon andere Großprojekte umgesetzt. Das Projekt war ein komplexes Vorhaben mit langem Planungsprozess, insbesondere hinsichtlich der Kernsanierung mit einer Reihe von Unsicherheiten verbunden. Neben der Revitalisierung und der Gesamtkonzeption mit schwieriger Einfügung des Raumprogramms war das Herausarbeiten der Zeitschichten im engen Austausch mit der Denkmalpflege wichtig. Wie sin die Architekten mit diesen Problemen umgegangen? KSP Engel haben die Aufgabe mit planerisch eigenem Reiz nicht museal gesehen, ohne Rekonstruktionen, sondern pragmatisch ins Gesamtprojekt eingebunden. So wurden zum Beispiel die Abplatzungen an den Marmorsäulen eines der alten Haupttreppenhäuser, entstanden durch die Hitze während des Brandes im Krieg, belassen. Die Zeitschicht der 1950er Jahre mit der Gestaltung von Franz Ehrlich ist in Haus 1 vor allem im neuen Foyer, dem heutigen „Franz-Ehrlich-Saal“ erfahrbar, mit Fischgrätparkett, Kassettendecke in warmen Rot und großzügiger Verglasung zum Hof. Auch die von Ehrlich eingefügten Treppenhäuser blieben erhalten. Die geschützten Sitzungsräume mit ihrer für die Zeit typischen Farbigkeit und vor allem durch ihre Edelholzvertäfelungen werden mit neuer Möblierung weitergenutzt. Ein Paternoster bleibt in Betrieb. Außerdem ist ein Fernsprecher vorhanden, von dem aus Erich Mielke, der Minister für Staatssicherheit der DDR, bei Krisensitzungen des Innenministeriums mit Moskau telefoniert haben soll.
Der Innenhof im Haus 1 wurde von KSP Engel mit einer neuen, weitgehend verglasten Querspange unterteilt. Der Neubau dient als zentrale Erschließung, der Verbindung vom Foyer am Haupteingang zu den Sitzungssälen, zum Besucher- und Pressebereich und zur Cafeteria. Die nun vier Höfe haben unterschiedliche Aufgaben. Einen der Höfe, in dem früher eine weitere Kassenhalle war, nimmt die Cafeteria mit markanter Glasdach-Haube ein. Ein zweiter Hof ist ebenfalls überdacht und wird als Konferenzraum genutzt. Das neu eingefügte, sehr farbige Treppenhaus neben der Cafeteria ist der Hingucker im Gesundheitsministerium und wird angeblich auch vom Minister geschätzt, der Aufzüge gerne meidet. Es wird dominiert von Christine Bergmanns Installation „Farbe Raum Sphäre“ mit zehn riesigen Stahlkugeln im Treppenauge, auf denen sich die Farben spiegeln. Das Büro des Ministers befindet sich hoch oben in der nordwestlichen, abgerundeten Gebäudeecke mit Blick auf das Brandenburger Tor. Im neuen Dach mit weiteren Büroräumen ist auch eine Kita untergebracht.

Raumerlebnis unter neuer Glastonne

In Haus 2 ist zunächst das Untergeschoss hervorzuheben. Dort liegt auf zwei Ebenen der alte Depositen-Banktresor mit original Panzerschränken, 4000 Safes und eindrucksvoller Glasbausteindecke. Die Tresorräume wurden im Ganzen bewahrt und sorgen für Staunen, denn sie befinden sich heute im Zugangsbereich zur Sicherheitsschleuse des darüber liegenden Konferenzzentrums. Dieses Zentrum, das die frühere große Kassenhalle von Haus 2 einnimmt, hat nun mit der von KSP Engel neu entworfenen zentralen Kuppel eine eigene, deutlich hervortretende räumliche Qualität. In den seitlich angrenzenden verglasten Stahlträger-Tonnengewölben sind Reste von Bögen, Zierleisten und ein Giebel aus Stuck der ursprünglichen kaiserzeitlichen Gestaltung mit vielerlei Dekor herausgearbeitet worden, die sich deutlich vom strahlend weißen Gesamtraum abheben. Durch Ehrlichs Einbau eines Kinosaals mit Flachdecke war die Dachkons­truktion der vorherigen Kuppel und der Tonnengewölbe nicht mehr zu sehen gewesen. Jetzt fällt in der zentralen Kuppelhalle mit verglastem Abschluss die Kunstinstallation „Untiefen“ von Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper, bestehend aus einem Cluster von Bohrlöchern, mehr ins Auge als die alten Stuckreste. Dafür war eine acht Zentimeter starke zusätzliche Putzschicht erforderlich, um die Wandfläche mit Löchern einzu­fügen. Die repräsentative Haupttreppe von der Straße hinauf zum Kuppelsaal hat wieder die alte Bedeutung. Ehrlich hatte sie durch zwei seit­liche Treppen ersetzt. Die Konferenzteilnehmer schreiten nach der Kontrolle im Untergeschoss die Treppe hinauf und erleben zunächst diesen eindrucksvollen Kuppelraum, um sich dann rechts oder links durch raumhohe Glasfronten, bei denen man sich eine feingliederigere Gestaltung der Profile wünscht, in die Säle zu begeben.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Ministerien können über die Büroraumabmessungen, die großen Fenster und insgesamt über die edle, den Altbauten entsprechende Ausgestaltung nicht klagen. Aufwand und Kosten waren hoch – angeblich wären Neubauten günstiger gewesen. Spannend zu sehen ist, wie die zwei Bauten der deutschen Geschichte an diesem Ort von ihren verschiedenen Stationen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erzählen, und mit sorgfäl­tiger Bestandserhaltung neuen Aufgaben zugeführt wurden. Die Vergangenheit mit ihren Brüchen wird nicht groß inszeniert, und das Neue drängt sich abgesehen von den sich ziemlich wichtig nehmenden Kunstinstallationen nicht auf, sondern ist ein Teil des Ensembles.



Fakten
Architekten Martens, Wilhelm (1842–1910); Ehrlich, Franz (1907–1984); KSP Engel, Braunschweig
Adresse Mauerstraße 29, 10117 Berlin


aus Bauwelt 6.2024
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