Bauwelt

Feriendorf Viladoms


Wie aus einem Guss


Text: Macher, Julia, Barcelona


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    Foto: Alejo Bagué

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Die Realisierung des Feriendorfs Viladoms von Carlos Ferrater und Núria Ayala basiert auf einer äußerst rigiden Budgetvorgabe. Die Kosten lagen am Ende sogar bei nur 425 Euro pro Quadratmeter. Das homogene Äußere der Häuser lässt an tempörare Zeltarchitektur denken.
Für ein renommiertes Großbüro wie Ferraters OAB war der Auftrag eher ungewöhnlich: Die Fundació Catalana de L’Esplai, eine pfadfinderähnliche gemeinnützige Stiftung, die in Katalonien 14.000 Kinder und Jugendliche betreut und über ein dichtes Netz von Herbergen verfügt, suchte nach einem innovativen Konzept für eine neu erworbene Anlage in Castellbell i el Vilar rund 40 Kilometer nordwestlich von Barcelona. Dabei hatten die Architekten klaren Vorgaben zu folgen. Die idyllisch in einem Pinienwald gelegene Anlage sollte barrierefrei sein, die Bauten ökologisch verträglich. Außerdem sollte sie statt der üblichen rund 1000 Euro pro Quadratmeter nicht mehr als 450 Euro kosten.
Für die Architekten Carlos Ferrater und Núria Ayala, die 2007 bereits den Sitz der Stiftung in Prat del Llobregat gestaltet hatten, eine interessante Herausforderung. „Der enge Kostenrahmen zwang uns, nach einer besonders einfachen, aber effizienten Lösung zu suchen – das war für uns die große Herausforderung“, so Ferrater. Mit 425 Euro pro Quadratmeter Gesamtkosten wurde die Sparvorgabe sogar noch etwas unterboten. Die Gebäudeanordnung der vorherigen Anlage mit drei L-förmigen Baracken behielten die Architekten bei ihrer Neugestaltung bei, rissen die Gebäude allerdings komplett ab und ersetzten sie durch jeweils vier quadratische beziehungsweise bei den Gemeinschaftsräumen durch zwei rechteckige Baukörper. Mit ihren Pyramidendächern erinnern die ein- bis zwei­geschossigen Häuschen an Zelte, wodurch die einst kompakte Anlage den Charakter eines Musterdorfs bekommt. Zugleich garantiert die kleinteiligere Bebauung Intimität: Auch Kleingruppen von vier Personen können unter sich bleiben, das in vielen Herbergen noch übliche Zusammenlegen Unbekannter in Großschlafsälen entfällt.
90 Gäste
Insgesamt bieten die zehn Häuser Platz für 90 Gäste; Speisesaal und Schulungszentrum stehen separat. Mit Ausnahme des Obergeschosses der zwei doppelstöckigen Herbergshäuser sind alle Gebäude auch per Rollstuhl zu erreichen; Treppen fehlen konsequenterweise auf dem gesamten Areal, stattdessen verbinden Wege und Rampen aus Beton und Platten die einzelnen Gebäude.
Das Interieur ist betont schlicht gehalten und funktional ausgestattet: zwei bis vier hochklappbare Doppelbetten, ein Schreibtischbord, ein Spind für jeden Gast, Badezimmer mit ebenerdigen, offenen Duschen. Durch drei schmale Fenster an jeweils zwei Seiten fällt ausreichend Tageslicht, die Luftzirkulation sorgt für ein angenehmes Raumklima.
Silbergrauer Putz
Die Kostenreduktion erreichten die Architekten vor allem dadurch, dass sie auf simple Art und Weise Baumaterialien als Gestaltungselemente nutzten. Die Innenwände sind aus weiß gestrichenem Sichtbeton, die Böden aus poliertem Beton, und die gesamte Außenhaut der Häuschen ist mit einem ca. zehn Millimeter starken, silbergrauen Putz überzogen. Der gegen Abnutzungserscheinungen – zum Beispiel von Fußtritten spielender Kinder – robuste, wärmedämmende und feuchtigkeitsabweisende Coteterm-Putz von Parex macht eine Klimaanlage nicht erforderlich: die Innenräume sind auch an heißen Sommertagen angenehm kühl. Da der selbstreinigende Putz elastisch ist, minimiert er außerdem die Gefahr von Rissen. Mit dem Material hatten Ferrater und Ayala schon länger experimentiert und mit ihm die Fassade der Zentrale der Unternehmensgruppe Azahar gestaltet. Der Firmensitz im heißen und trockenen Castellón kommt dank des Wärmedämmverbundsystems im Sommer ebenfalls ohne Klimaanlage aus. Der visuelle Effekt, eine glatte, einheitliche Außenhaut „wie aus einem Guss“, ist bei beiden Projekten von besonderem Reiz – und soll zugleich für das ökologische Gewissen der Auftraggeber bürgen. Das Prinzip, energieeffiziente High-Tech-Ma­terialien so exponiert zu präsentieren, wird inzwischen von einer ganzen Reihe prominenter spanischer Architekten verfolgt. Im besten Fall amortisieren sich die Mehrkosten für das Material, so wie in Viladoms für den Außenputz, durch Energieeinsparungen in fünf bis sieben Jahren.
Das Feriendorf hat nicht nur wegen der ökologischen und sozialen Standards Modellcharakter. Die grauen Häuschen sollen auch anderenorts die klassischen Jugendherbergen ersetzen. Durch die variable Belegung könnten die Anlagen der Stiftung L’Esplai zukünftig nicht nur für Gruppen oder Schulklassen, sondern auch für Familien attraktiv werden: als preisgünstiges Feriendomizil in Zeiten der spanischen Wirtschaftskrise.



Fakten
Architekten Ferrater, Carlos, Barcelona; Ayala, Núria, Barcelona
Adresse 08296 Castellbell i el Vilar, Spanien


aus Bauwelt 33.2011
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