Bauwelt

Gestapeltes Steckspiel


Das elementare Holzhaus


Text: Geipel, Kaye, Berlin


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Einem immer neu zusammensetzbaren Steckspiel gleicht die Ferienhütte, die Sou Fujimoto in der Nähe der Stadt Kumamoto aus 35-Zentimeter-Modulen aufeinanderstapeln ließ. Schutz vor dem Klima bietet die Hütte kaum; allein die schiere Masse der groben Holzbalken hält Abstand zur Natur.
Bauholz ist aufgrund seiner Eigenschaften ein höchst variabel einsetzbarer Baustoff und kann ganz unterschiedliche Formen einnehmen: je nach Funktion als Stütze, Träger, Grundplatte, als Außenwand, Decke, Boden, als Möbel, Treppe, Mobiliar oder Fensterrahmen. Was aber, so die Überlegung des japanischen Architekten Sou Fujimoto, wenn man diese Multimodalität umkehren würde? Ausgangspunkt für das Entwurfskonzept des „Final Wooden House“ in der Nähe von Kumamoto war genau diese Idee: nicht die ganze Bandbreite des Baustoffs zu nutzen und ihn x-beliebige Formen einnehmen zu lassen, sondern sich auf ein einziges Formelement und auf ein Regelmaß zu konzentrieren. Also ein Haus aus Holz zu bauen, in dem es keine Trennung gibt zwischen Boden, Wand und Decke; ein Haus, in dem selbst aus der Ausformung des Bodens plötzlich ein Stuhl werden könnte oder vielleicht eine Wand, gegen die man sich lehnen kann, je nach Perspektive des Benutzers.
Die passende Gelegenheit für die Umsetzung dieser Idee bot sich dem Architekten bei einem Wettbewerb, den die Kumamoto Artpolis 2005 für eine Ferienhütte ausgeschrieben hatte und der sich an Architekten unter 35 Jahre richtete.
Die Organisation Kumamoto Artpolis war 1988 von Morihiro Hosokawa, dem damaligen Gouverneur der Präfektur Kumamoto, mit dem Ziel gegründet worden, die Qualität der Architektur auf Kyushu, der südlichsten der japanischen Inseln, zu verbessern. Hosokawa benannte einen Kommissar, und seit 1988 sind im Rahmen dieses Programms knapp hundert zum Teil vorbildliche Gebäude entstanden.
Bauherr der kleinen Holzhütte war die Kumamura Fores­try Association, die bereits eine ganze Reihe von Ferienhaus­pavillons in einem einsamen Seitental der Stadt Kumamoto in Auftrag gegeben hatte. In puncto Baumaterial konnten die Wettbewerbsteilnehmer aus dem Vollen schöpfen; es stand quasi umsonst zur Verfügung. Die Jury unter Vorsitz von Toyo Ito vergab den 1. Preis an den Entwurf von Sou Fujimoto.
Modulares Entwurfskonzept
Ganz so einfach lie´ß sich das modulare Konzept von Fujimoto allerdings nicht umsetzen: Obwohl die Gegend voller Kiefern steht, brauchte es eine Weile, bis die Forstgesellschaft genügend Blöcke mit einem Querschnitt von 35 Zentimeter be­reitstellen konnte. In unterschiedlicher Länge eingesetzt, bilden diese das Material, aus dem die Ferienhütte fast ausschließlich gebaut ist. Verwendet wurden sägeraue Blöcke, die innerhalb eines vier auf vier Meter großen Würfels quasi „endlos“ gestapelt werden. Die Grundfläche der Hütte beträgt 15 Quadratmeter. Um entsprechende Räume auszuformen, die ohne allzu große Anstrengung benutzbar sein sollten, wurden viele Modelle gebaut. Der Innenraum der fertigen Hütte ist ansatzweise zweigeschossig. Es gibt eine winzige Küche, ein Bad mit Toilette und Estrich, und weiter oben gibt es zwei Schlaf­ecken. Dazwischen Kojen zum Kauern und Herumprobieren und, falls die temporären Bewohner weiche Decken mitgebracht haben, zum Entspannen. Dadurch dass die treppenähnlichen Ausbildungen der Innenwände die immer gleichen Stufen von 35 Zentimetern formen, ist der Aufstieg in die oberen Bereiche des Hauses nicht ohne Tücken. Die Öffnungen dieser Hütte sind mit schräg eingesetztem Einfachglas verschlossen; sie sind nicht wirklich dicht. Der Juror Toyo Ito hatte dies vorausgesehen. Er sagte aber auch: „Bei einem solchen Haus macht das nichts aus.“



Fakten
Architekten Fujimoto, Sou, Tokio
aus Bauwelt 39-40.2009
Artikel als pdf

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