Bauwelt

Revitalisierung von Peter Behrens’ Neuer Synagoge


„Wir wollen die Synagoge vor einer kommerziellen Nutzung bewahren“


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Eines vorweg: Unsere Motivation ist das Gebäude selbst. Es ist klar und schön. Ebenso wie das städtische Umfeld von Žilina, das wir unterstützen und weiterentwickeln möchten.
Die Neue Synagoge wurde nach Plänen von Peter Behrens 1931 erbaut, und sie ist sehr dominant in ihrer Umgebung. Doch kaum jemandem ist gegenwärtig, dass sie zu den bedeutendsten europäischen Bauten ihrer Art zählt. Mit der Revitalisierung des leerstehenden Gebäudes als Kulturinstitution mit Ausstellungsräumen für die Schönen Künste wollen wir mehr als nur ein Baudenkmal wiederbeleben. Wir wollen damit einen Beitrag zum kulturellen Leben der Slowakei leisten. Die Öffentlichkeit debattiert schon seit Jahren über eine neue Kunsthalle.

Als Synagoge diente das Gebäude ledig­lich zehn Jahre lang. Nach dem Krieg wurde es zunächst als Theater und Konzerthalle genutzt, dann als Auditorium der Universität, zuletzt, bis 2010, als Kino. Die Umbauten führten über die Jahre hinweg zur vollständigen Verände-rung des Inneren. Gipskartonwände verdeck­-ten die originale Substanz einschließlich der Kuppel.

2011 begannen wir in freiwilliger Arbeit damit, Auditorium und Bühne zu entfernen, ebenso wie alle hinzugefügten Verkleidungen, abgehängten Decken und Trockenbauwände, die den Tageslichteinfall behinderten. Dabei öffneten wir auch den Blick in die monumentale Kuppel wieder. Und wir begannen mit der architekturgeschichtlichen Recherche, um die Prinzipien der Bausubstanz besser zu verstehen.

Die Fortführung dieser Arbeiten gestaltet sich kompliziert – nicht nur, weil die nötigen finanziellen Mittel allein aus privaten Spenden und Sponsorings fließen, sondern auch, weil uns Fakten zum Gebäude fehlen. Bislang hat noch niemand die Projektdokumentation von Pe-ter Behrens ausfindig machen können, und Innenaufnahmen des Originalzustands kennen wir derzeit auch nicht, obwohl wir monatelang die Archive von Bratislava, Žilina und Prag danach durchforstet haben. Deshalb sind für die Fortführung des Projekts Reisen nach Deutschland, Israel und in die USA nötig, um mit Überlebenden der hiesigen jüdischen Gemeinde und mit ihren Nachfahren zu sprechen. Ebenso ist es notwendig, detaillierte Untersuchungen der Bausubstanz mit Proben und Labortests durchzuführen. Erst dann werden wir in der Lage sein, eine Antwort auf die Frage zu formulieren, was dieses besondere Gebäude benötigt, um anschließend das Konservierungs- und Revitalisierungsprojekt in Angriff zu nehmen.

Der Förderpreis wird uns helfen, die einzige Behrens-Synagoge zu bewahren, die von einigen Architekturhistorikern auch „Die letzte Synagoge“ genannt wird.



Sie bewarben sich um den Förderpreis. Was wollen Sie mit dem Preisgeld anfangen?

Wie alle Gelder, die wir gesammelt haben, soll das Preisgeld für die Projektauslagen genutzt werden, in erster Linie für den Abschluss der Forschungsarbeiten – also für konservatorische, architektonische Archivrecherchen und die damit verbundenen Kosten. Einen Teil des Geldes möchten wir in die Ausarbeitung detaillierter Projektpläne und in Visualisierungen stecken, die dabei helfen können, Spender und Sponsoren zu finden. Schließlich möchten wir das Geld dafür einsetzen, unsere Ideen zu testen. Das gilt insbesondere für den Bau eines 1:1-Modells der Rampe, die wir für die neue Nutzung als Zen­trum für zeitgenössische Kunst vorgeschlagen haben. Bei der Rekonstruktion und Revitalisierung eines solch wichtigen Bauwerks sind alle vorbereitenden Schritte sehr wichtig, um Fehler zu vermeiden, die später nur schwer wieder wettgemacht werden könnten.

Wie bekamen Sie die Erlaubnis zur Arbeit an der Synagoge?
Wir haben unseren Antrag gestellt, um das Gebäude vor einer kommerziellen Nutzung zu bewahren. Seit 2011 haben wir einen Vertrag, der uns das Gebäude auf 30 Jahre kostenlos zur Nutzung überlässt. Das Projekt der Wiederbelebung wird in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde und Experten für die Geschichte der modernen Architektur entwickelt, beruht aber vornehmlich auf dem Engagement von Freiwilligen. Das Projekt wurde von der NGO Truc sphérique ins Leben gerufen, die das Kulturzentrum Stanica in Žilina betreibt. Den drei Initiatoren – dem Kulturmanager Marek Adamov, dem Philosophen und Kurator Fedor Blaš ˇcák sowie dem Architekten Martin Janˇcok – schlossen sich bald weitere Freiwillige an: Innenarchitekten, Forscher und Architekturhistoriker. Heute sind wir ein Team von 20 Leuten, die den Ehrgeiz haben, das Gebäude als Ort für zeitgenössische Kunst zugänglich zu machen.

Wann ist Ihnen die Synagoge erstmals aufgefallen, und wann entschlossen Sie sich, an dem Gebäude zu arbeiten?

Viele Kulturschaffende wussten schon seit den fünfziger Jahren um die Bedeutung des Gebäudes. Aber abgesehen von ein paar Artikeln geschah jahrelang nichts. Auch dann nicht, als die Synagoge unter Denkmalschutz gestellt wurde; der Innenraum wurde weiter durch Umbauten zerstört. Wir kennen das Gebäude seit einigen Jahren; damals wurde es noch als Kino genutzt. Uns beeindruckte seine Schönheit, gleichzeitig bereitete uns seine Vernachlässigung Sorgen. Als das Kino dann 2010 geschlossen wurde und die örtliche jüdische Gemeinde – der Eigentümer der Synagoge – eine Anfrage wegen der künftigen Nutzung des Gebäudes stellte, wussten wir, was wir zu tun hatten, ungeachtet der Schwierigkeiten, die mit solch einem Projekt verbunden sind.

Wer sponsort Ihre Arbeit?
Bislang haben wir noch keinen Hauptsponsor. Alle Mittel stammen aus kleinen Zuwendungen des Kulturministeriums, aus Spenden von Privatleuten und von -unternehmen. Zum Beispiel spendet der örtliche Fußballverein von jeder Eintrittskarte 50 Cent für die Restaurierung. Wir haben bislang 50.000 Euro eingenommen, aber dank freiwilliger Helfer und Sachspenden Arbeit für mehr als 100.000 Euro geleistet. Viele Menschen bringen ihre Erfahrungen und ihre Zeit in die Revitalisierung ein. Unsere finanzielle Lage ist schwierig, aber wir wissen um die Bedeutung des Gebäudes, und wir werden Erfolg haben. 2013 gibt es einen offenen Wettbewerb von ei­nem norwegischen Fonds, der der Erhaltung des kulturellen Erbes dient. Da möchten wir uns bewerben, und ein Teil des Bauwelt-Preisgelds soll in die Ausarbeitung unseres Antrags fließen. Bei der BAU in München möchten wir Unternehmen ansprechen und als Förderer gewinnen.

Wie stellt sich die Stadt zu Ihren Plänen?
Die fehlende öffentliche Unterstützung hat mit der Tatsache zu tun, dass wir eine unabhängige Initiative sind. Die Unterstützung seitens der Stadt ist eher moralischer Art. Zumindest aber haben wir ein Bewusstsein für die Bedeutung des Erbes von Behrens geschaffen und stehen in regelmäßigem Austausch mit den Verantwort­lichen der Stadt. Adäquate finanzielle Unterstützung ist allerdings nicht zu erwarten, angesichts der wirtschaftlichen Lage der Stadt. Kleinere Zuwendungen sind aber erfreulicherweise auf dem Weg. Wir erkennen immer stärker die Bedeutung von Sachleistungen für die Realisierung unseres Vorhabens. 



Fakten
Architekten Truc spérique NGO, Žilina; Behrens, Peter (1868-1940)
aus Bauwelt 1-2.2013
Artikel als pdf

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