Gerd Albers 1919–2015
Er gründete 1964 zusammen mit Ulrich Conrads, Kurt Eggeling, Klaus-Jakob Thiele und Klaus Winter die Stadtbauwelt. Am 31. Januar ist Gerd Albers im Alter von 95 Jahren gestorben
Text: Wolfrum, Sophie, München
Gerd Albers 1919–2015
Er gründete 1964 zusammen mit Ulrich Conrads, Kurt Eggeling, Klaus-Jakob Thiele und Klaus Winter die Stadtbauwelt. Am 31. Januar ist Gerd Albers im Alter von 95 Jahren gestorben
Text: Wolfrum, Sophie, München
Aus Hamburg stammte Gerd Albers, 1919 geboren, war er von 1937 bis 1947, zehn Jahre seines jungen Lebens, im Kriegsdienst bei der Marine. Erst dann konnte er Architektur studieren und den Lebensweg einschlagen, den er schon als Schüler vor Augen hatte. Die Studienzeit in Chi-cago am IIT bei Ludwig Mies van der Rohe und bei Ludwig Hilberseimer hat ihn stark beeinflusst. Sein Leben lang liebte er es, sehr lebendig davon zu erzählen. Vor allem erwuchs in dieser Zeit ein fundamentales Interesse an der internationalen Entwicklung der Profession – der Ursprung seines großen, weltweiten Netzwerks. Gerd Albers machte eine schnelle Karriere, mit Stationen in Ulm, Trier und Darmstadt, parallel promovierte er in Aachen bei Erich Kühn mit dem Thema Geisteswissenschaftliche Entwicklung des Städtebaus. Ab 1962 wirkte er in München; der Ruf an die TH München erfolgte bereits 1961.
Der Stadtplaner Gerd Albers hat die wissenschaftliche Topographie des Städtebaus in den Nachkriegsjahrzehnten geprägt. Die Trennung des Städtebaus als Stadtplanung von der Architektur ist als typische Entwicklung der Moderne mit seinem Namen verbunden. Albers war Gründungssenator zweier neuer Technischer Hochschulen (Dortmund und Hamburg-Harburg) und hat dort die damals neuen Studiengänge für Raumplanung mit verantwortet. An der TU München gründete er das städtebauliche Aufbaustudium, das heute modifiziert als Teil der Referendar-Ausbildung in Bayern fortlebt. In den drei Jahrzehnten an der TUM und über seine Emeritierung hinaus hat Gerd Albers dann selbst die Disziplin entscheidend beeinflusst. Er war Präsident der DASL Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, von ISOCARP International Society of City and Regional Planners – damit sind nur die wichtigsten Stationen seines öffentlichen Wirkens benannt, das sich auch in weiteren Mitgliedschaften und zahlreichen Ehrung spiegelt. Die ISOCARP hat ihren jährlichen Publikationspreis nach Gerd Albers benannt. Gerd Albers war eine Persönlichkeit, die aus dem Einerlei der Behörden, Organisationen, Hochschulen, Akademien herausgeragte.
Seine bekanntesten Publikationen beschäfti-gen sich mit den zeittypischen Entwicklungslinien des Städtebaus, seit sich dieser im späten 19. Jahrhundert als eigenständige Disziplin etablierte. Sein wissenschaftliches Interesse lag im Wandel der Städte und den Antworten der Profession, dem Muster von Umbrüchen, dem Verfolgen von Entwicklungslinien des Städtebaus, die in der Veränderung gesellschaftlicher Strukturen begründet sind. „Natürlich ist die Stadt immer in Bewegung, man muss vor Augen haben, dass das eigene Werk von der Zeit überholt werden wird.“ Gerd Albers zitierte 2007 Rudolf Schwarz, als brillanter Redner hatte er immer gute Zitate zur Hand: „Der gute Plan muss die Dynamik der Geschichte einbauen, die ihn einmal überwindet.“ Planung hat die Aufgabe, vor allem Wandel zu bewältigen. „Diese Spannung muss der gestaltende Planer, der architect planner, aushalten. Gestaltet wird mit dem, was heute verfügbar ist, mit dem Gedanken im Hintergrunde, dass diese Gestaltung Veränderungen ausgesetzt werden wird, oder sogar mit dem Gedanken, dass es erleichtert werden könnte, durch die Art der Planung dieser Veränderung einmal Raum zu geben.“ (Interview mit Gerd Albers 2007 in der Vorbereitung des 100-jährigen Jubiläums des Lehrstuhls für Städtebau und Regionalplanung, den er selbst 1962 bis 1988 innehatte)
Dieses Interesse für Wandel durchdringt auch sein bekanntes Grundlagenwerk, das er 1980 zusammen mit Alexander Papageorgiou-Venetas herausgab: Stadtplanung. Entwicklungslinien 1945–1980. „Wir haben kein klares Bild davon, was wir heute von der Stadt erwarten.“ Heute, 35 Jahre später, würde Gerd Albers diesen Satz immer noch sagen – und wir könnten ihm nicht widersprechen. Sophie Wolfrum
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