Bauwelt

Modelle für die vierte Lebensphase

Text: Crone, Benedikt, Berlin; Kleilein, Doris, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin

Modelle für die vierte Lebensphase

Text: Crone, Benedikt, Berlin; Kleilein, Doris, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin

Deutschland wird jünger. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten sinkt das Durchschnittsalter. Grund ist nicht nur der Zuzug jüngerer Menschen, sondern auch eine leicht steigende Geburtenrate. Das ewige Lied einer alternden Gesellschaft ist damit aber nicht ausgesungen. Stattdessen rutschen die Babyboomer ins Rentenalter und können gleichzeitig auf eine höhere Lebenserwartung hoffen. Altenheime und Seniorendörfer gelten in der Finanzwelt nicht ohne Grund inzwischen als sichere Kapitalanlage.
Dass es immer mehr Menschen in die sogenannte vierte Lebensphase schaffen – die Phase nach dem frühen Ruhestand –, hat in der Architektur bisher wenig Widerhall gefunden. Bauherren brüsten sich zwar mit einzelnen Mehrgenerationenprojekten; deren Bewohnern steht aber keine Garantie zu, dass die romantisierte Vorstellung geselliger Kochabende und altersübergreifender Nachbarschaftshilfe auch Rea­lität wird. Jenseits peripherer Altenheimkisten mit barrierefreien Bädern und gleichgerasterten Schlafkammern scheint der große Wurf für eine Architektur im hohen Alter auf sich warten zu lassen. Vielleicht mag die Kreativitätsflaute auch daran liegen, dass sich die wenigsten alten Menschen eine Sonderbehandlung beim Thema Wohnen wünschen. Glaubt man Studien (oder fragt einfach sich selbst und seine Verwandte), wollen die meisten in ihrer Wohnung oder einem vertrauten und familiären Umfeld alt werden. Ulrike Scherzer, Professorin an der Universität Stuttgart mit dem Schwerpunkt Wohnen im Alter, kann dies aus ihren Forschungen bestätigen. Scherzer, mit der wir für diese Ausgabe sprachen, befragte alleinstehen­de Frauen ab 80 nach ihren Wünschen ans Wohnen – und räumt mit dem einen oder anderen Mythos der perfekten Seniorenresidenz auf. Ansätze für mehr Selbstbestimmung finden sich im schwedischen Örebro, wo Marge Arkitekter den auf Ordnung und Ereignislosigkeit ausgerichteten Standardtypus des Altersheims aufbrechen – und in Tübingen, wo die seniorengerechte Stadt ganz oben auf der Agenda steht.
Kunsthalle Mannheim
In Mannheim beeindruckt die Idee des Neubaus neben dem Jugendstilaltbau. Für Nikolaus Goetze von gmp ist eine „Stadt in der Stadt“ entstanden. Diese Idee war „von Anfang an da, geboren aus der Stadtstruktur Mannheims – dieser Blöcke in ihrer äußeren Kubatur und inneren Vielfalt mit Hinterhöfen, Gassen, Plätzen, Gärten und Werkstätten“. Das Leitbild mag funktionieren. Das Haus öffnet sich zudem mit riesiger zentraler Halle den Besuchern. Die vorgesetzte Haut aus bronzefarbenem Metallgewebe soll die sieben Kuben der Museums-„Stadt“ zusammenbinden.

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