Wandbild „Familie“ von Siegfried Schade
Vor 12 Jahren wurde im Dresdner Wohngebiet Prohlis ein 10-Geschosser abgerissen. Das Wandbild seines Giebels wurde in Einzelteile zerlegt und provisorisch eingelagert. Ein Ideenwettbewerb fragte nach Möglichkeiten der Weiterverwendung
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
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Das Wandbild „Familie“ des Künstlers Siegfried Schade wurde 1979 als eines von insgesamt drei Großwandbildern im Neubaugebiet Dresden-Prohlis der Öffentlichkeit übergeben. Rechts der Zustand 1998
Foto: Thomas Kantschew
Das Wandbild „Familie“ des Künstlers Siegfried Schade wurde 1979 als eines von insgesamt drei Großwandbildern im Neubaugebiet Dresden-Prohlis der Öffentlichkeit übergeben. Rechts der Zustand 1998
Foto: Thomas Kantschew
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2003 wurde es unter Denkmalschutz gestellt; im gleichen Jahr wurde der bildplattentragende Wohnblock abgerissen und die Giebelfassade mit Wandbild in 30 Einzelteilen eingelagert. Links der Zustand 2013
Foto: Claudia Reichardt
2003 wurde es unter Denkmalschutz gestellt; im gleichen Jahr wurde der bildplattentragende Wohnblock abgerissen und die Giebelfassade mit Wandbild in 30 Einzelteilen eingelagert. Links der Zustand 2013
Foto: Claudia Reichardt
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Preis Svea Duwe schwebt eine De- und Rekonstruktion des Kunstwerkes vor. Die Keramikplättchen sollen abgenommen und in einem Altbau in Prohlis neu zusammengesetzt werden. Das die Kleinfamilie idealisierende Wandbild würde so in Kontrast zu einer tatsächlichen Wohnumgebung gesetzt werden, so die Künstlerin. Die filmische Dokumentation des Prozesses soll an einem „zentralen musealen Ort“ gezeigt werden, um die Aufmerksamkeit auf den eher peripheren Originalschauplatz zu lenken.
Preis Svea Duwe schwebt eine De- und Rekonstruktion des Kunstwerkes vor. Die Keramikplättchen sollen abgenommen und in einem Altbau in Prohlis neu zusammengesetzt werden. Das die Kleinfamilie idealisierende Wandbild würde so in Kontrast zu einer tatsächlichen Wohnumgebung gesetzt werden, so die Künstlerin. Die filmische Dokumentation des Prozesses soll an einem „zentralen musealen Ort“ gezeigt werden, um die Aufmerksamkeit auf den eher peripheren Originalschauplatz zu lenken.
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Preis Matthias Lehmann kombiniert das Wandbild mit einem weiteren „Leitfossil“ der DDR, der Schrankwand. Zwei Betonplatten des Bildes diene, am Stück belassen, als Rückseite einer Schrankwand aus Beton, in der die übrigen Keramikplättchen – katalogisiert und von ihrer Trägerplatte abgelöst – eingelagert werden. Am Ort der ursprünglichen Fassade aufgestellt, sieht der Künstler das Konzept als Rekonstruktion der räumlichen Struktur eines Teiles des Wohnblocks, an dem das Wandbild befestigt war.
Preis Matthias Lehmann kombiniert das Wandbild mit einem weiteren „Leitfossil“ der DDR, der Schrankwand. Zwei Betonplatten des Bildes diene, am Stück belassen, als Rückseite einer Schrankwand aus Beton, in der die übrigen Keramikplättchen – katalogisiert und von ihrer Trägerplatte abgelöst – eingelagert werden. Am Ort der ursprünglichen Fassade aufgestellt, sieht der Künstler das Konzept als Rekonstruktion der räumlichen Struktur eines Teiles des Wohnblocks, an dem das Wandbild befestigt war.
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Preis Schöne Schwarz Architekten schlagen vor, aus den 30 Betonplatten des Fassadenbildes eine Skulptur zu „falten“. Die archetypische Form des Hauses soll im selben Plattenbau-Quartier, in dem das Kunstwerk auch abgetragen wurde, zum Nachdenken über traditionelle Haus- und Familienbilder anregen.
Preis Schöne Schwarz Architekten schlagen vor, aus den 30 Betonplatten des Fassadenbildes eine Skulptur zu „falten“. Die archetypische Form des Hauses soll im selben Plattenbau-Quartier, in dem das Kunstwerk auch abgetragen wurde, zum Nachdenken über traditionelle Haus- und Familienbilder anregen.
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Preis Pfeiffer Sachse Architekten interpretieren die Form, in der das abgenommene Wandbild jahrelang unter freiem Himmel gelagert wurde, als neues, eigenständiges Kunstwerk. Um die Diskussion über den Umgang mit dem künstlerischen Erbe der DDR anzuregen, schlagen sie vor, den Stapel Betonplatten als Skulptur in die zentral gelegene Prager Straße zu stellen.
Preis Pfeiffer Sachse Architekten interpretieren die Form, in der das abgenommene Wandbild jahrelang unter freiem Himmel gelagert wurde, als neues, eigenständiges Kunstwerk. Um die Diskussion über den Umgang mit dem künstlerischen Erbe der DDR anzuregen, schlagen sie vor, den Stapel Betonplatten als Skulptur in die zentral gelegene Prager Straße zu stellen.
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Preis Die Gruppe pink tank (Anke Binnewerg, Susann Donath, Dominique Fliegler und Carola Ilian) möchte
gemeinsam mit Bewohnern des Viertels aus den Keramikplättchen neue, kleinere „Familien“-Wandbilder gestalten und diese dort an einem Plattenbau anbringen
Preis Die Gruppe pink tank (Anke Binnewerg, Susann Donath, Dominique Fliegler und Carola Ilian) möchte
gemeinsam mit Bewohnern des Viertels aus den Keramikplättchen neue, kleinere „Familien“-Wandbilder gestalten und diese dort an einem Plattenbau anbringen
Wandbild „Familie“ von Siegfried Schade
Vor 12 Jahren wurde im Dresdner Wohngebiet Prohlis ein 10-Geschosser abgerissen. Das Wandbild seines Giebels wurde in Einzelteile zerlegt und provisorisch eingelagert. Ein Ideenwettbewerb fragte nach Möglichkeiten der Weiterverwendung
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
Große Wandbilder waren in der DDR wichtige Elemente, um den meist gleichförmigen Großsiedlungen Charakter zu geben. Das vom Dresdner Künstler Siegfried Schade für einen 10-Geschosser konzipierte Wandbild „Familie“ war derart identitätsstiftend, dass es als Einzeldenkmal eingestuft wurde. Als der Wohnblock 2004 abgerissen wurde, nahm man das Mosaik ab und deponierte es auf unbestimmte Zeit.
Die Kuratorin Claudia Reichardt mochte es jetzt nicht mehr mit ansehen, wie die 30 Betonplatten des Kunstwerks durch ihre der Witterung ausgesetzte Lagerung auf einem Bauhof seit Jahren immer mehr ihrer Farbplättchen verloren. Sie organisierte einen offenen Ideenwettbewerb, um anhand dieses Beispiels die Möglichkeiten des Umgangs mit zur Disposition stehender, baubezogener Kunst auszuloten. Dies wurde durch die Dresdner Kunstkommission unterstützt; 49 Beiträge des Wettbewerbs sind derzeit im Kulturrathaus zu sehen.
Schades Arbeit ist mit 10,55 x 26,50 Metern ein „schwerer Brocken“. In Handarbeit wurden mehr als 150.000 kleine, teilweise individuell nachbearbeitete Keramikplättchen direkt auf die Betonplatten aufgebracht. Aufgrund des Gesamtgewichts von rund 190 Tonnen wurde in der Wettbewerbsausschreibung ausgeschlossen, das Wandbild an einem anderen Gebäude anzubringen. Auch die im Wettbewerb mehrfach vorgeschlagene horizontale Lagerung an öffentlichen Plätzen überzeugt nicht. Auf dem Boden liegend ist das für eine Giebelwand, mit perspektivischer Verzerrung auf Fernwirkung konzipierte Werk gar nicht komplett zu erfassen.
Ansonsten dominierten zwei Ansätze. Einige sahen in dem demontierten Kunstwerk vor allem interessant gestaltete Betonplatten und schlugen vor, diese neu zu verbauen, z.B. als Lärmschutzwall oder Boden eines Schwimmbeckens. Die bildenden Künstler wollten meist die künstlerische Aussage der Arbeit durch eine neue Anordnung der abgelösten Farbplättchen weiterentwickeln oder aber gleich die Erinnerung an das Wandbild nur multimedial wach halten.
Dies zeigen auch die preisgekrönten Arbeiten: Schöne Schwarz Architekten wollen aus den kompletten Platten ein Haus im öffentlichen Raum bauen. Unter den Künstlern sieht Matthias Lehmann vor, aus zwei der Wandelemente am Originalstandort eine „Schrankwand“ zu bauen, um die kartierten Mosaikteilchen einzulagern; Svea Duwe möchte die Kacheln in einem Prohliser Altbau neu anordnen und dies in einem Film festhalten; die Gruppe pink tank will mit Prohliser Bewohnern aus den Plättchen mehrere neue, kleinere Familienbilder kreieren und diese an einem Plattenbau in der Nähe anbringen.
Pfeiffer Sachse Architekten überzeugen mit einer stringenten Zwischenlösung. Sie sehen den Betonplatten-Stapel als neues, eigenständiges Kunstwerk und wollen ihn – um die Diskussionen über den Umgang mit diesem Erbe anzufachen – an einem publikumsträchtigen Ort aufstellen: der seit der Wende stark veränderten Prager Straße. Hier kann man allerhand unbefriedigende Transformationen erleben, z.B. die nur rudimentär wieder aufgestellten Pusteblumen (drei Wasserspeier, der Rest der als Gesamtkunstwerk konzipierten Brunnenanlage steht in Prohlis).
Das wichtigste Ergebnis des Wettbewerbs ist jedoch, dass alle überzeugenden Beiträge davon ausgehen, dass das als Einheit von Kunst und Gebäude für einen Standort konzipierte Bild nur in seiner ursprünglichen Umgebung seine volle Wirkung entfalten kann. In Städten wie Erfurt werden stadtbildprägende Mosaike seit Jahren hauchdünn von den Wänden geschält, um sie später eventuell wieder am gleichen Standort an einem Neubau anbringen zu können. Statt weiterhin ausrangierte Kunstwerke innerhalb der Stadt zu verschieben, sollte man in Zukunft auch in Dresden darüber nachdenken, wie man die allgemein anerkannten Werke dieser Ära als „Geist des Ortes“ erhalten oder vielleicht sogar wieder anbringen kann.
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