Bauwelt

Wolfgang Jean Stock

Der Architekturkritiker hört Ende des Jahres als Geschäftsführer und künstlerischer Leiter der DG auf

Text: Paul, Jochen, München

Wolfgang Jean Stock

Der Architekturkritiker hört Ende des Jahres als Geschäftsführer und künstlerischer Leiter der DG auf

Text: Paul, Jochen, München

Herr Stock, wie lässt sich der Kirchenbau-Boom in Finnland erklären?
In Finnland profitiert der Kirchenbau von der extremen Landflucht: Im Osten und Norden entvölkern sich ganze Regionen, in den wenigen Großstädten entstehen Stadtviertel neu. Nehmen Sie Helsinki: Im Großraum leben mit 1,8 Mio. Einwohnern dreimal so viele Menschen wie in der Stadt selbst. Dazu kommt, dass Kirchen für kulturelle Ereignisse wie Konzerte oder Ausstellungen genutzt werden. In Finnland ist die lutherische Kirche neben dem sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat die zweite Säule der Gesellschaft. Kirchen sind also nicht nur Orte des geistlichen, sondern auch des kulturellen und sozia-len Lebens. Das sieht man auch daran, dass die im Zentrum von Helsinki direkt hinter dem Hauptbahnhof gelegene Kamppi Kapelle – ein Gemeinschaftswerk der evangelischen Kirche und des Sozialamts der Stadt – von täglich mehr als 2000 Menschen besucht wird.
Wenn Sie zurückblicken, was ist Ihr Resümee aus neun Jahren bei der DG?
Neben Ausstellungen wie „Christenkreuz und Hakenkreuz“ oder „Zeichen des Widerstands – Alfred Hrdlicka und die Religion“, die sich kritisch mit der Rolle der Kirche auseinandersetzten, waren es vor allem Architekturausstellungen, welche die meisten Besucher anzogen. Die Ansicht, es würden kaum mehr Kirchen gebaut, trifft ja nicht zu, wie die aktuelle Ausstellung zeigt.
Was steht bei Ihnen jetzt an?
Ich war davon ausgegangen, dass ich 2016 den Umzug unserer Galerie zurück in die Finkenstraße noch begleite. Der Vorstand war dagegen der Meinung, es sei besser, wenn meine Nachfolgerin einen größeren Vorlauf hätte, um eigene Akzente setzen zu können; weshalb mein Vertrag Ende 2014 ausläuft. Für 2015 hatte ich als dritten Teil der Ausstellungsreihe zum zeitgenössischen Kirchenbau neue Kirchen und Kapellen in der Schweiz recherchiert; es gibt Anfragen als freier Kurator; und am 13. Januar halte ich einen Vortrag an der Eberhard Karls Universität Tübingen zum Thema „Zwischen Tradition und Moderne – der europäische christliche Kirchenbau“. Im Übrigen bin ich zufrieden, mich mit dieser Ausstellung verabschieden zu können: Architektur ist meine große Liebe, und Finnland habe ich seit 1991 insgesamt 15 Mal bereist.

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