Bauwelt

Das Schicksal des Konstruktivismus

Die Filmemacherin Isa Willinger erzählt vom Verfall konstruktivistischer Bauten in Moskau – und von denen, die versuchen, sie zu retten

Text: Kreis, Lillith, Darmstadt

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    Der Künster Donatas im „Narkomfin“ Foto: Filmstill
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    Der Künster Donatas im „Narkomfin“ Foto: Filmstill

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Das Schicksal des Konstruktivismus

Die Filmemacherin Isa Willinger erzählt vom Verfall konstruktivistischer Bauten in Moskau – und von denen, die versuchen, sie zu retten

Text: Kreis, Lillith, Darmstadt

Das Gehäuse eines alten Radios über den Kopf gestülpt, steht Donatas auf dem Balkon und macht mit beiden Armen eine roboterähnliche Bewegung in Richtung Moskauer Skyline. „Da muss noch mehr Power rein!“ Hinter dem jungen Mann blättert der Putz ab, Schimmel frisst sich in die Wände. Donatas lebt im Moskauer „Narkomfin“, einem ehemaligen Kommune-Haus, 1928–30 von Mossej Ginsburg und Ignatij Milinis erbaut. Er ist Teil einer Künstlergruppe, die angeworben wurde, einige Wohnungen des Gebäudes kostenlos zu bewohnen. Die Immobilienfirma, der das Haus gehört, musste eine kulturelle Nutzung vorweisen, damit das Narkomfin weiter vermietet werden darf. Die Künstler legitimieren seine Existenz.
Donatas ist einer von drei Protagonisten in Isa Willingers Dokumentarfilm „Fort von allen Sonnen“ über die Gebäude des Konstruktivismus in Russland. Ein halbes Jahr verbrachte die Slawistin, Filmemacherin und Autorin in Moskau, aus rund 50 Bauten hat sie drei für ihren Film ausgewählt. Der Zugang zu vielen privaten, von Sicherheitsleuten bewachten Bauten, gestaltete sich ebenso schwierig wie die Suche nach Bewohnern, die bereit waren, ihre Geschichten zu erzählen. Selbst das Drehen in einem öffentlichen Bau war problematisch. „Der Direktor eines Theaters, verbot mir einen der Bühnenarbeiter zu filmen, weil er gekränkt war, dass ich nicht ihn ausgewählt hatte“, erzählt Willinger.
Die zweite Geschichte ihres Films handelt von Elena. Sie lebt im „Schurgaz“, einem Wohnhaus aus dem Jahr 1935, das neben der Druckerei der Zeitschrift „Ogoniok“ als Arbeiterbehausung entstand. Die Druckerei gilt als letztes erhaltenes Gebäude von El Lissitzky. 2008 hat es dort gebrannt. Das Dach wurde beschädigt, das Gebäude ist nun undicht. Brandstiftung hieß es von offizieller Stelle. Elena aber glaubt, dass die Regierung Druckerei und Wohnhaus abreißen möchte und sie deshalb systematisch zerstört. Nebenan entsteht gerade ein Neubau. Die Vibrationen von der Baustelle schaden der Substanz der Altbauten. Gemeinsam mit anderen Bewohnern und Politikern kämpft Elena für einen Baustellenstopp.
Immer wieder schneidet Isa Willinger Ausschnitte aus alten Filmen der Sowjetzeit zwischen ihre Aufnahmen. So erzählt der Film aus unterschiedlichen Zeiten von dem Versuch, gängige Sichtweisen aufzubrechen – sei es Räume für unkonventionelle Lebensformen zu bauen oder diese Räume bald einhundert Jahre später als zeitgeschichtliche Dokumente zu erhalten.
Wie schwer die Ideen des Konstruktivismus mit den heutigen Ansprüchen an ein Haus vereinbar sind, zeigt auch das dritte Beispiel im Film, in dem der Moskauer Architekt Wsewolod seine Geschichte erzählt. Er möchte das Textilinstitut von I.S. Nikolajew aus dem Jahr 1929 erhalten, muss es dafür aber den heutigen Richtlinien anpassen und büßt damit so manches Detail ein. Er selbst sieht seinen Umbau als Chance, den Denkmalschutz in Moskau anzukurbeln. Doch er wird von vielen Seiten kritisiert. Lillith Kreiß

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