Bauwelt

Der Ring in Wien

Anlässlich des 150. Geburtstags der Ringstraße spürt das Wien Museum ihrer politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedeutung nach

Text: Paul, Jochen, Zürich

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    Die Opernkreuzung 2014 
    Foto: Wolfgang Thaler

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    Foto: Wolfgang Thaler

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    Postkarte mit dem Grundplan der Stadterweiterung von 1959
    Postkarte © Wien Museum

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    Postkarte mit dem Grundplan der Stadterweiterung von 1959

    Postkarte © Wien Museum

Der Ring in Wien

Anlässlich des 150. Geburtstags der Ringstraße spürt das Wien Museum ihrer politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedeutung nach

Text: Paul, Jochen, Zürich

Was in Frankreich „second empire“, in England „Victorian era“ und in Deutschland „Gründerjahre“ heißt, wird in Österreich als „Ringstraßenzeit“ bezeichnet. Der Begriff unterstreicht, welche Bedeutung der Ring über seine „Pionierjahre“ hinaus für Wien hatte und hat: In keinem anderen Land wurde eine Ära nach einer Straße benannt. Die Ausstellung behandelt die Zeit zwischen der Veröffentlichung des kaiserlichen Handschreibens zur „Auflassung der Umwallung und Fortifikationen der inneren Stadt“ am 25. Dezember 1857 in der Wiener Zeitung bis zur offiziellen Einweihung am 1.Mai 1865. Sie zeigt Wien an der Schwelle zu einer modernen Weltstadt und die Ringstraße als Bühne des Großbürgertums – jener gesellschaft-lichen Schicht, die die letzten Jahrzehnte der Donaumonarchie ökonomisch und kulturell prägte.
Dass Wien den Stadterweiterungsplanungen anderer europäischer Großstädte um Jahrzehnte hinterherhinkte, hat damit zu tun, dass die Türken noch 1683 die Stadt belagerten – da ließ Ludwig XIV. in Paris auf den 1670 abgebrochenen Befestigungsanlagen bereits die ersten „grand boulevards“ anlegen. Deshalb musste der junge Kai-ser Franz Joseph die Ringstraße gegen den Widerstand des Militärs durchsetzen – in einer Zeit, als die Existenz der Donaumonarchie nach den Niederlagen von Magenta, Solferino (beide 1859) und Königgrätz (1866) auf der Kippe stand. Insofern war die Ringstraße auch Kompensation für den Abstieg Österreichs aus der Liga der europäischen Großmächte.
Eine Innovation war dagegen der erste internationale städtebauliche Wettbewerb der Geschichte: Von den insgesamt 509 interessierten „Concurrenten“ reichten 85 ein Projekt ein, die drei Arbeiten der ersten Preisgruppe flossen maßgeblich in den Anfang Oktober 1859 der Öffentlichkeit präsentierten „Grundplan“ ein. Mit ihm wurde nicht nur die Bastion, sondern auch das die Mauer umgebende Glacis, eine Grünfläche von 500 Metern Breite, mit einem Schlag zur Bebauung frei – für Monumentalbauten, auf die, so die Sicht des Kaisers, eine moderne Metropole nicht verzichten könnte: Opern- und Konzerthäuser, Theater, Museen, Börse und Akademie, aber auch für „bürgerliche“ Bauten wie das Rathaus, das Parlament und die Universität.
Das Abbruchmaterial wurde für die Neubauten wiederverwendet, die Einnahmen kamen eben-so wie der Erlös der Grundstücke dem im Dezember 1859 gegründeten Stadterweiterungsfonds zugute, einem Vorläufer dessen, was heute Public Private Partnership heißt, und der die öffentlichen Bauten finanzierte. Private Bauherren – alte Adelshäuser ebenso wie neureiche Bürgerliche, und per kaiserlicher Verordnung ab 1860 auch Juden – wurden eingeladen, ihre Palais an der Ringstraße zu errichten.
Während der Adel sich zurückhielt, nutzte das Bürgertum seine Chance zur Selbstdarstellung: Einer der ersten, der gleich mehrere Parzellen erwarb, war Heinrich Drasche, als Besitzer einer Ziegelei auf dem Wienerberg einer der Hauptprofiteure des Ringstraßenprojekts. Sein ab 1861 vom dänischen „Stararchitekten“ Theophil von Hansen gegenüber der zukünftigen Oper errichteter „Heinrichhof“ galt nach dessen Fertigstellung bis zum Abbruch 1954 als „schönstes Zinshaus von Wien“. Zuvor war die Diskussion, „in welchem Stil“ man bauen sollte, in Fachkreisen zum Teil erbittert geführt worden, und mit „Das Bürgerliche Wohnhaus und das Wiener Zinshaus“ (1860) hatten die Architekten Rudolf von Eitelberger und Heinrich Ferstel eine konservativ bis reaktionär inspirierte Polemik gegen den Bau von Mietwohnungen vorgelegt. Am Ende wurden sie der vorherrschende Bautypus der Ringstraße, und stilistisch einigte man sich auf die italienische Renaissance als „Wiener Stil“ – zu besichtigen nicht nur in der Ausstellung, sondern vor allem auf der Ringstraße selbst.

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