Dystopische Verhältnisse. Die Wohnungskrise in der Bay Area
Ein Landstrich kollabiert unter der Last des Erfolgs: Familien leben in Wohnmobilen, Arbeitnehmer müssen stundenlang pendeln und selbst Spitzenverdiener können sich keine Wohnung mehr leisten. In den Städten und Vorstädten tobt ein Kampf um die Frage, wer wo Wohnungen für die Hunderttausenden bauen darf, die zuziehen. In der Not verbünden sich selbst reiche Hausbesitzer und arme Mieter.
Text: Grabar, Henry
Dystopische Verhältnisse. Die Wohnungskrise in der Bay Area
Ein Landstrich kollabiert unter der Last des Erfolgs: Familien leben in Wohnmobilen, Arbeitnehmer müssen stundenlang pendeln und selbst Spitzenverdiener können sich keine Wohnung mehr leisten. In den Städten und Vorstädten tobt ein Kampf um die Frage, wer wo Wohnungen für die Hunderttausenden bauen darf, die zuziehen. In der Not verbünden sich selbst reiche Hausbesitzer und arme Mieter.
Text: Grabar, Henry
Wie schreibt man über die Immobilienkrise in der Bay Area? Es gibt Dinge, die man sehen kann: die vier Wohneinheiten eines viktorianischen Gebäudes, die zu einem Einfamilienhaus umgebaut wurden; die nachlässig gestapelten Besitztümer auf dem Bürgersteig, die auf Zwangsräumung hinweisen; die Lager der Obdachlosen. Doch um die meisten Opfer der Immobilienkrise zu finden, muss man raus aus der Stadt auf den frühmorgendlichen Highway, wo Arbeitnehmer Pendelstrecken von zwei Stunden und mehr ertragen (seit 2005 wuchs die Dauer des Pendelverkehrs von San Francisco und San José viermal schneller als im US-amerikanischen Durchschnitt). Manche Menschen mussten inzwischen ihren Wohnort räumen, vielen war es nie möglich, in die Innenstädte zu ziehen. Man muss also die Leute finden, die nicht da sind.
Dann sind da noch die Zahlen: Allein in den letzten zwei Jahren wurden in San Francisco 38.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, aber nur 4500 neue Wohneinheiten genehmigt. Im Metropolgebiet San Francisco, zu dem auch Oakland und viele der übertrieben teuren Vororte zählen, wurden innerhalb der letzten fünf Jahre 373.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, doch nur 58.000 Wohneinheiten gebaut. Das Verhältnis von neuen Arbeitsplätzen zu neuen Wohnungen ist mit 6.4 das höchste im Land. Das führt ein lang gehegtes Verhaltensmuster fort. Der anhaltende Boom der Tech-Jobs, der mit wenig oder gar keinem Wohnungsbau einhergeht, ließ die Preise durch die Decke gehen. Die Gebiete um San José und San Francisco, die die Bay Area ausmachen, sind die zwei teuersten Wohnungsmärkte der Vereinigten Staaten. Und ein Ende der Fahnenstange ist nicht abzusehen.
Die Sonnenseite des Tech-Booms ist, dass mehr Menschen in der Region mehr Geld verdienen. San José und San Francisco haben eben auch die beiden höchsten Durchschnittseinkommen des Landes. Doch das reicht nicht aus, um die hohen Wohnungspreise zu bezahlen. Laut Erschwinglichkeitsindex der nationalen Maklergesellschaft, die Einkommen mit Immobilienpreisen vergleicht, zählen die beiden Metropolgebiete zu den drei schlimmsten des Landes. Die Mietpreise sind derselben Entwicklung gefolgt. Das Ergebnis: Die Bay Area marschiert zwar nicht im Gleichschritt mit der nationalen Politik – Hillary Clinton gewann dort im November 2016 fünfundsiebzig Prozent der Stimmen –, befindet sich aber auf lokaler Ebenein bitteren Auseinandersetzungen, da inzwischen auch die Angestellten der Technologieunternehmen zur Klasse der Verzweifelten gehören. Es gibt einfach nicht genug Wohnraum.
Verhinderungsstrategien haben Tradition
Das Problem ist nicht neu und bereits lange vor der Technologieindustrie entstanden. Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Mieten in San Francisco – inflationsbereinigt – seit den Fünfziger Jahren vervierfachthaben. Die Verhinderung neuen Wohnraums ist eine ehrwürdige bürgerliche Tradition. Immer ging es darum, arme Menschen fern zu halten. In denSiebziger Jahren titelte der San Francisco Bay Guardian mit einem Bild der Stadt, die sich in Brueghels Turm zu Babel verwandelt hatte und von einer blutroten Skyline umgeben war, die an Manhattan erinnerte. „Hochhäuser verwüsten nicht nur unsere Stadt“, orakelte die Zeitung, „sie treiben auch unsere Kriminalitätsrate nach oben ... mästen unsere Sozialhilfe-Bäuche und drohen uns mit dem Holocaust.“ In den Vororten wurde diese Stimmungsmache in restriktive Gesetze gegossen, die den Bau von Mietshäusern verhinderten – und von örtlichen Beamten geschürt, die alle Wohnungsprojekte vereitelten, die bezahlbar waren und unterschiedlichen Bewohnern offenstanden.
Heute zieht sich diese Problematik die ganze kalifornische Küste entlang, von San Diego über Los Angeles nach Santa Barbara, Monterrey, bis in die Bay Area hinein. Schon 1970 wichen die Hauspreise an der kalifornischen Küste deutlich von denen des restlichen Amerikas ab, unterstützt durch das Einfrieren der Grundsteuer, strenge ökologische Vorschriften und die Auflehnung der Hausbesitzer gegen Neubau: Der Preis für ein durchschnittliches Haus lag damals bereits 30 Prozent über dem amerikanischen Durchschnitt. 1980 waren es 80 Prozent. Heute kostet ein Haus in Kalifornien fast dreimal soviel wie im Rest des Landes.
Nirgendwo sind die Preise mehr gestiegen als in der Bay Area. Es gibt seriöse Berechnungen, wie viele neue Häuser man in den Landkreisen Kaliforniens zwischen 1980 und 2010 hätte bauen müssen, um die Preise in Balance mit dem Rest der Vereinigten Staaten zu halten. San Francisco und San Mateo haben weniger als ein Siebtel des dringend notwendigen Wohnraums gebaut. „San Francisco schließt seine Türen vor steigenden Mieten“, schrieb das Satiremagazin „The Onion“ 2015. Der Bedarf an Wohnraum würde das von den Anwohnern geschätzte Erscheinungsbild der Städte und Kleinstädte dieser Region erheblich verändern. „Falls visuelle Stabilität das Ziel ist“, schrieb Fischer, „werden die Preise vermutlich weiterhin unkontrolliert steigen.“
Die mangelnde Anpassung hat dystopische Verhältnisse über die Regiongebracht: ein Mathematiklehrer mit Masterabschluß, der in einem Stock-bett in einem der Hostels in Downtown übernachtet. Dutzende junger Künstler, die bei einem Brand in einem Lagerhaus ums Leben kamen, weil sie bauliche Missstände aus Angst vor Zwangsräumung nicht gemeldet hatten. Ein Feuerwehrmann, der täglich zweihundert Kilometer zur Arbeit fährt. Familien, die in Autos leben und ihre Fäkalien in Gullys entsorgen, direkt gegenüber der Chan-Zuckerberg-Schule (einer philanthropischen Geste des Facebook-Gründers und seiner Frau, die fünf Minuten vom Hauptsitz des Unternehmens entfernt ist).
Seit dem Ausbruch von Optimismus und Mitgefühl Mitte des letzten Jahrhunderts ist Amerika im Großen und Ganzen nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, Wohnraum für alle als Teil des Gesellschaftsvertrags zu errichten. In fast jeder teuren Stadt und auch in einigen „billigeren“ wie Milwaukee (wo Matthew Desmond sein Buch „Evicted: Poverty and Profit in the American City“ recherchiert hat, das mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde), geben die Ärmsten mehr als die Hälfte ihres Einkommens für das Wohnen aus. Ökonomen nennen das die „schwer wiegende Mietlast.“ In der Bay Area geben auch Familien, die mehr als 75.000 Dollar im Jahr verdienen, über 50 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus. Auch Ingenieure von Facebook werden zu Opfern der Krise. Berichten zufolge baten sie Zuckerberg im letzten Jahr, ihre Mieten zu subventionieren.
Wo die Facebuqueros wohnen
Das Verhältnis von Einkommen zu Wohnkosten in der Bay Area ist durchaus vergleichbar mit anderen kalifornischen Städten. Aber die Bay Area ist natürlich auch die Wiege einiger der außergewöhnlichsten unternehmerischen Erfolgsgeschichten der letzten zwei Jahrzehnte. Facebook, Google und Apple beschäftigen auf dem Landstreifen südlich von San Francisco zehntausende Menschen. Und auch andere Großunternehmen, deren Namen weniger bekannt sind, sind dort angesiedelt, so wie Oracle, dessen Name mit der Oakland Arena verknüpft ist, wo der NBA-Champion (die Golden State Warriors) Basketball spielen. Diese Firmen haben vereinzelt Anstrengungen unternommen, der regionalen Immobilienkrise zu begegnen. Facebook kündigte im Juli eine Erweiterung seines Headquarters an, die aus einem Wohnviertel mit Lebensmittelladen, Apotheke und 1500 Wohnungen bestehen soll (Seite 34). 225 dieser Wohneinheiten sollen „unter dem üblichen Marktpreis“ angeboten werden, was bedeutet, dass man in „Zee Town“ für eine Wohnung mit zwei Schlafzimmern 4000 Dollar pro Monat bezahlt. Google gibt derzeit 30 Millionen Dollar aus, um 300 modulare Wohneinheiten in der Nähe seines Campus zu bauen.
Die Erbsünde der „Big Three“ (Apple, Google, Facebook) war, dass sie ihre gewaltigen Firmengelände im Stil der Nachkriegszeit bauten (wie General Motors in Warren, Michigan, oder IBM in Westchester County, New York): Als wuchernde, vom Auto abhängige, in sich geschlossene Büroparks. Es bedeutet aber auch, dass die größten Arbeitgeber der Region genau in den Kleinstädten zu finden sind, die sich am meisten dagegen wehren, neuen Wohnraum zu schaffen.
Nicht, dass junge Angestellte der Technologiebranche tatsächlich irgendwo da draußen wohnen wollten, auch wenn Facebook finanzielle Anreize bietet, um die größtenteils von Hispanoamerikanern bewohnte Nachbarschaft im Osten von Palo Alto mit „Facebuqueros“ zu besiedeln. Nein, die meisten von ihnen pendeln nach San Francisco, wo der Mieterschutz zumindest einen Teil der kulturellen Lebendigkeit aus jenen Tagen retten konnte, als die Stadt kulturell und ökonomisch noch vielfältig war.
Den Google-Bus mit Steinen bewerfen
Den Google-Bus mit Steinen bewerfen
Symbol dieser heiklen Beziehung zwischen Stadt und Sprawl sind die firmeneigenen Bus-Shuttles von Google, Facebook und anderen, die ihre Angestellten aus den angesagten Stadtvierteln San Franciscos ins Silicon Valley bringen. Eigentlich sind diese Busse eine gute Entwicklung, da sie den Berufsverkehr entlasten und den Angestellten erlauben, ohne Auto zu leben. Das hat aber einige Bewohner von San Francisco nicht davon abgehalten, den Google-Bus mit Steinen zu bewerfen: ein Moment großer Symbolkraft für all das, was im Silicon Valley falsch läuft (und auch der Titel eines Buches, das diese Entwicklungen beschreibt, „Throwing Rocks at the Google Bus“ von Douglas Rushkoff).
In San Francisco und Oakland haben sich am Reichtum der IT-Firmen auch noch andere Kulturkriege entzündet, wie etwa um die Frage, wer ein Fußballfeld nutzen darf oder warum eine Stadt, die so viel Geld hat, noch immer derartig viele Obdachlose hat. In San Francisco (ähnlich wie in anderen teuren Städten wie Seattle, New York, Washington und Los Angeles) stieg, als Reaktion auf die Entwicklung der Hauspreise, die Obdachlosigkeit zwischen 2011 und 2016 um zwanzig Prozent. In kleineren Vororten ist die Anzahl der Obdachlosen pro Kopf noch höher. Außerdem schleppt die Polizei regelmäßig Wohnmobile von Familien ab (sogenannte RVs, Recreational Vehicles), die kein richtiges Dach über dem Kopf haben und an Wohnstraßen parken. Im südlichen Teil von Santa Clara, gleich hinter San José, hat das winzige Gilroy eine größere Obdachlosenrate pro Kopf als Washington D.C. und San Francisco.
Die Gewinner der Wohnungskrise
Aber ist es nicht auch die Verantwortung von Arbeitgebern, etwa einem Giganten wie Google, Wohnraum zu schaffen? Andererseits will niemand in die Zeiten zurückkehren, in denen die Angestellten vom Lohn und auch noch von der Werkswohnung abhängig waren.
Die Wohnungskrise hat Gewinner, und es sind nicht die Angestellten der IT-Firmen, sondern die Hausbesitzer in der Bay Area. Deren gewöhnliche Vorstadthäuser haben sich plötzlich in eine der wertvollsten Kapitalanlagen der Region verwandelt. Der Case-Schiller Home Price Index bestätigte, dass die Hauspreise in den fünf Kerngebieten der Bay Area seit dem Jahr 2000 um 162 Prozent gestiegen sind. Das ist ein Wert, der selbst die Aktienmärkte übertroffen hat – den Dow Jones um einen Faktor von 1.7 und den NASDAQ sogar mit einem Faktor von 5.
Die Wohnungsnot in Kalifornien hat eine gewaltige Wohlstandsumverteilung zur Folge: von den jungen Angestellten der IT-Branche zu den alten Grundbesitzern, sei es, dass deren Vermögen aus einem Apartmenthaus in Oakland oder einem Einfamilienhaus in Atherton besteht. Die Grundstückseigentümer halten das Wohnraumangebot in der Bay Area im Würgegriff, fest entschlossen, ihre Investitionen zu schützen, das Verkehrsaufkommmen zu verringern, das Erscheinungsbild ihrer Nachbarschaft und die Qualität ihrer Schulen zu erhalten. In den Stadtversammlungen der kleinteiligen vorstädtischen Verwaltungseinheiten sorgen die Planungsbehörden dafür, dass Vorstädte auch Vorstädte bleiben – sogar die, die den Vorteil einer Zuganbindung nach Downtown San Francisco haben.
In Burlingame, einer kleinen Stadt südlich von San Francisco, blockierte die Baubehörde die Genehmigung für ein vierstöckiges Gebäude mit 128 Wohnungen, nur zwei Blöcke vom Bahnhof entfernt (obwohl das Projekt bereits um 12 Wohnungen kleiner war als ursprünglich vorgesehen, um der Baubehörde entgegenzukommen). „Brauchen wir gerade jetzt einen derartig großen Wohnkomplex in unserer Stadt?“ fragte der Vorsitzende der Planungskommission, „ich wüsste nicht, dass wir ihn brauchen.“ Im angesagten Mission District in San Francisco haben Politiker versucht, einen Baustopp für alle bezahlbaren Bauvorhaben zu erwirken.
Die Armen und die Reichen verbünden sich
In den Städten besteht diese Opposition gegen den Wohnungsbau aus einer merkwürdigen Koalition von Hausbesitzern (den NIMBYS, not-in-my-backyard-homeowners) und Mietern mit niedrigem Einkommen, viele von ihnen Latinos, die befürchten, das neue Eigentumswohnungen in ihrer Nachbarschaft die Mieten weiter steigen lassen. Einerseits werden neue Wohnungen dringend gebraucht, andererseits ist der Markt derartig angespannt, dass Bauprojekte kaum preisdämpfend wirken. In San Francisco führte ein Mini-Bauboom zwar zu leicht niedrigeren Mieten, das reichte jedoch nicht aus, um Mietern zu helfen, die knapp bei Kasse waren. Schließlich verbündeten sich Arme und Reiche und wehren sich gemeinsam ge-gen neue Wohnhäuser. Es sind widersinnige Bündnisse, die dazu führen, dass private Bauunternehmer aus eigenem Antrieb bezahlbaren Wohnraum schaffen. Diese Verhältnisse treiben jedoch die Marktpreise für Wohnungen nur weiter in die Höhe, ohne die Anzahl bezahlbarer Wohnungen signifikant zu vergrößern (was „bezahlbar“ eigentlich heißt, bleibt ebenfalls ein Diskussionsthema). Eine neue Bewegung von Aktivisten kämpft dafür, dass die Städte der Bay Area ihre jahrzehntelangen Versäumnisse im Wohnungsbau nachholt. Sie nennen sich YIMBY, was für „Yes, in my backyard“ steht, und es stimmt, was Kritiker immer wieder betonen: Sie wer-den von den Technologieunternehmen unterstützt, die scharf darauf sind, dass die Wohnungspreise fallen. Sie fahren zu Planungstreffen in der Bay Area, um sich für die Interessen von Mietern stark zu machen. Sie betonen den Unterschied zwischen Bauunternehmern, die zur Erhöhung des Wohnbestands beitragen, und Hausbesitzern, die die Verwaltung ihres Besitzes am maximalen Profit orientieren. Sie kämpfen dafür, dass sich die „linken“ politischen Gruppen gegen Letztere und für Erstere einsetzen. „Sie fragen sich nicht, wo denn die Menschen, die bislang Wohnraum zu Marktpreisen hatten, jetzt leben sollen“, sagte Sonja Trauss von YIMBY in diesem Sommer über die linke Opposition gegen neue Eigentumswohnungen. „Man hat den Eindruck, sie würden Zigaretten verkaufen. Aber es geht um Wohnraum!“
Die Anwälte von Mietern hoffen derweil weiter auf eine politische Lösung: große Investitionen in den Bau von Sozialwohnungen. Außerdem arbeiten sie daran, Gesetze gegen die Zwangsräumung zu stärken. Im September unterschrieb Gouverneur Jerry Brown ein ganzes Paket von Gesetzesentwürfen, das Städte anregen soll, mehr Wohnraum zu bauen. Im November stimmten die Wähler für ein Abkommen, das Bau von Wohnraum für Geringverdiener unterstützt. Die dritte Säule kalifornischer Grund-und-Boden-Politik, ein Referendum aus den Siebziger Jahren, wurde nicht angetastet – obwohl es die Grundsteuer eingefroren und damit Eigenheimbesitzer reicher und die Gemeinden ärmer gemacht hat.
Gibt es eine politische Lösung aus Washington?
Eine wirksame Lösung muss eigentlich aus Washington kommen, wo die Regierung allerdings in die entgegengesetzte Richtung arbeitet. Das Department of Housing and Urban Development ist seit Jahrzehnten unterfinanziert und kann lediglich ein Viertel der berechtigten Mieter, die an der Armutsgrenze leben, mit einer Art Wohngeld unterstützen. Ihr Direktor ist Neurochirurg und hat an der Wohnungskrise bisher wenig Interesse gezeigt. Der neue republikanische Steuerentwurf könnte sogar noch steuerliche Anreize streichen, die private Investoren in die Entwicklung bezahlbaren Wohnraums gelockt haben.
Während die Linke hofft, dass 2018 eine demokratische Welle durch den Kongress fegen könnte, ausgelöst durch die tief sitzende Unbeliebtheit Donald Trumps, steht die Bundesregierung vor immer mehr strukturellen Hindernissen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Amerika ist ein tief ungleiches Land geworden, mit extrem unterschiedlichen Einkommen in den verschiedenen Regionen. Mit dem Geld, das man in San Francisco für ein WG-Zimmer ausgeben muss, kann man in St. Louis (Missouri) ein ganzes Haus mieten. Daraus ergibt sich die politische Frage, warum arme Städte, die sich mit massivem Leerstand herumplagen, für prosperierende Regionen mitbezahlen sollen – wo die Wohnungsnot zu einer humanitären Krise führt und gleichzeitig zu einem massiven Spekulationsgewinn Hunderttausender von Hausbesitzern. Wer soll für die sozialen Folgen einer Bodenpolitik aufkommen, die Kaliforniens vorstädtische Hausbesitzer sehr, sehr reich gemacht hat? Was man darauf antworten soll, kann ich nicht sagen.
Aus dem Englischen von Shirin Homann
Aus dem Englischen von Shirin Homann
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