Bauwelt

Der Abriss des Wohnhauses Theo und Grete Pabst in Darmstadt

Ein Baudenkmal war das Wohnhaus Pabst nicht, denkmalwürdig aber war es gewiss: als Dokument seiner Zeit, als Teil eines Ensembles von Wohnhäusern dreier prominenter Architekten, als Gegenstück zur Darmstädter Kunsthalle.

Text: Stephan, Regina, Mainz

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    Glamour geht auch ohne Protz.
    Abb.: Das Haus

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    Es reichen ein klei­ner Pool, der richtige Liegestuhl und ein bisschen Südhang.
    Abb.: Das Haus

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    Es reichen ein klei­ner Pool, der richtige Liegestuhl und ein bisschen Südhang.

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    Die zeitgenössische Presse nahm das Haus Pabst ...
    Abb.: Das Haus

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    Die zeitgenössische Presse nahm das Haus Pabst ...

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    ... als Verkörperung eines neuen Wohnideals zur Kenntnis.
    Abb.: Das Haus

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    Wie sein Wohnhaus gestaltete Pabst auch die 1957 fertige Kunsthalle mit einer großen Glasfassade aus. Das Gebäude wurde unlängst saniert.
    Foto: Kunsthalle Darmstadt/Nikolai Benner

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    Wie sein Wohnhaus gestaltete Pabst auch die 1957 fertige Kunsthalle mit einer großen Glasfassade aus. Das Gebäude wurde unlängst saniert.

    Foto: Kunsthalle Darmstadt/Nikolai Benner

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    2015 trafen die Architekten Seelinger + Cornelsen Haus Pabst ... Foto: Architekten

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    ... in einem maroden und verbauten Zustand an, ...
    Foto: Architekten

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    ... der die ursprüngliche Aura kaum mehr erahnen ließ.
    Foto: Architekten

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    Die acht Wohnhäuser wurden in zwei Reihen angeordnet, drei breitere an der Straße, fünf schmale hinten.
    Foto: Thomas Eicken

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    Die acht Wohnhäuser wurden in zwei Reihen angeordnet, drei breitere an der Straße, fünf schmale hinten.

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Der Abriss des Wohnhauses Theo und Grete Pabst in Darmstadt

Ein Baudenkmal war das Wohnhaus Pabst nicht, denkmalwürdig aber war es gewiss: als Dokument seiner Zeit, als Teil eines Ensembles von Wohnhäusern dreier prominenter Architekten, als Gegenstück zur Darmstädter Kunsthalle.

Text: Stephan, Regina, Mainz

Seit dem frühen 20. Jahrhundert ist Darmstadt eine Stadt herausragender Architekten, die im Idealfall nicht nur als Planer einzelner Gebäude fungieren, sondern sich niederlassen und ak­tiv in die Debatten zur Baukultur und ins gesellschaftliche Leben einbringen. In ihren Wohnhäusern empfingen schon Architekten wie Joseph Maria Olbrich, Albinmüller und Friedrich Pützer, Ernst Neufert, Peter Grund und Theo Pabst die Honoratioren der Stadt, Kollegen, Bauherrn und Studenten. Ihre Gästebücher lesen sich wie das Who is who der Stadtgesellschaft und der Architekturszene ihrer Zeit. Während die Wohnhäuser Olbrich und Albinmüller auf der Mathildenhöhe durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden, stehen die Wohnhäuser anderer Architekten bis heute in Dialog mit ihren Großbauten – etwa Pützers Hauptbahnhof und Pauluskirche, Neuferts Wasserbauhalle und Ledigenwohnheim und Grunds Kennedyhaus und Jugendherberge.
Theo Pabsts Wohnhaus wurde zeitgleich mit der Kunsthalle Darmstadt gebaut und war in seinem ganzen Erscheinungsbild eng mit ihr verbunden. Doch während die Kunsthalle in den letzten Jahren aufwändig saniert und auch der Vorplatz gemäß der ursprünglichen Idee als frei zugängliche Fläche neu gestaltet wurde, wurde das Wohnhaus 2017 abgerissen und durch eine Reihenhausanlage ersetzt, die das große Grundstück vollständig ausfüllt. Ich kenne kaum ein anderes Grundstück, das derart eng bepackt ist. Die Öffentlichkeit erfuhr vom Abriss erst, als die Bagger schon arbeiteten.
Man fragt sich, wie so etwas passieren kann: Warum niemand rechtzeitig Alarm schlug, wa­rum man keine andere Lösung als den Abriss fand, warum Kommerz über Kultur obsiegte? Tatsächlich war das Haus erstaunlicherweise nicht denkmalgeschützt, dies hatten die Eigen­tümer in den 1980er Jahren abgelehnt. Die Denkmalpflege musste daher im Genehmigungsverfahren nicht eingebunden werden. Dass sie keinen neuen Anlauf unternommen hat, das Haus in die Denkmalliste einzutragen, obgleich 2008 eine Ausstellung der TU Darmstadt das Werk Theo Pabsts und das korrespondierende Gebäudepaar Kunsthalle und Wohnhaus ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte, ist ein Versäumnis, das erst bemerkt wurde, als es zu spät war.1 Das betrifft auch weitere Bauten der frühen Nachkriegszeit, wie Pabsts 2004 abgerissenes Institut für Massivbau der TH Darmstadt, die anders als das Jugendstilensemble auf der Mathildenhöhe lange Zeit nicht im Fokus der städtischen Denkmalpflege standen. Der Ab­riss des Pabstschen Wohnhauses war insofern ein Weckruf.
Kunsthalle und Wohnhaus
Theo Pabst (1905–1979) gehört zu der Generation Architekten, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Lehre an der damaligen TH Darmstadt neu aufbauten. Er wurde bereits 1948 berufen und lehrte bis 1972 Hochbaukonstruktionen und Entwerfen. Zudem beteiligte er sich häufig an Wettbewerben, sei es als Jurymitglied, sei es als Teilnehmer. 1954 nahm er am Wettbewerb für die Kunsthalle Darmstadt teil, bei dem er sich gegen 97 Mitbewerber durchsetzen konnte. Der Bau ist eines der im Rhein Main-Gebiet äußerst raren Beispiele des Internationalen Stils. Er wurde 1956/57 realisiert und steht mit seiner Transparenz für den neuen Geist, die neue Kunst, die hier gezeigt werden sollte. Das zeitgleich errichtete Wohnhaus Pabst versteht man nicht ohne die Kunsthalle, mit der es durch zahlreiche Merkmale verbunden war: als weißer, flachgedeckter Kubus mit voll verglaster Südseite und einer Pergola als Sonnenschutz, tragenden Wandscheiben und klaren, einfachen Details.
Das Raumkonzept des Wohnhauses war kompakt, zugeschnitten auf zwei Personen. Der wichtigste Raum war das sonnendurchflutete, nach Süden gerichtete Wohn- und Esszimmer, dessen raumhohe Glasfront sich zur filigranen Pergola öffnen ließ. Von dieser führten Freitreppen in den nach Süden abfallenden Garten und zum südwestlich des Hauses gelegenen Swimmingpool. Eine Aufnahme aus der Zeitschrift Glasforum von 1958 zeigt die Südwestansicht mit Pool, Butterfly Chairs und Pergola.2 Hier fanden legendäre Sommerfeste statt, zu denen die Pabsts Studenten und Kollegen einluden. Westlich des Wohnraums lag das gleichfalls nach Süden ausgerichtete Arbeitszimmer. Das nördliche Drittel des Grundrisses enthielt Schlafräume, Bad, Eingang und Küche. Ein über der Haustür angebrachtes Mosaik des Künstlers Helmut Lander zierte den Eingang.
Pabsts Haus in der Dieburger Straße war ein Statement gegenüber seinen Kollegen Ernst Neufert und Peter Grund, die in unmittelbarer Nachbarschaft nur wenig früher ihre Häuser errichtet hatten. Pabsts Haus war kompakt geplant und am nördlichen, oberen Grundstücksrand platziert. Die großen Fenster ermöglichten eine enge Verbindung von Haus und Garten, wie dies Ludwig Mies van der Rohe im Farnsworth House 1949–51 realisiert hatte, das als Pate des Hauses anzusehen ist. Ernst Neuferts Haus, der so genannte Planerhof, war bereits 1949/50 in etwa 200 Metern Luftlinie entfernt errichtet worden und verfolgte ein ganz anderes Konzept: Es handelt sich um ein Atelier- und Wohngebäude, dessen drei Flügel mit tief heruntergezogenen Dächern und mit Bruchsteinen verkleideten Kaminen um einen Swimmingpool gruppiert sind.3 Werner Durth sieht darin eine Hommage an Frank Lloyd Wrights 1911 vollendeten Sommersitz Taliesin, das Neufert von einem Besuch 1936 kannte.4 Peter Grund schließlich war 1947 nach Darmstadt gekommen und leitete als Oberbaudirektor bis 1959 den Wiederaufbau der Stadt. Er errichtete 1950 sein Wohnhaus in derselben Straße wie zuvor Neufert und später Pabst.5 Die horizontale Lagerung des Gebäudes erinnert entfernt an die Moderne der Weimarer Republik, das Pultdach und die Anmutung eines Flachdaches an der Südseite kann zudem als Reverenz an Olbrichs Ernst Ludwig Haus auf der Mathildenhöhe gelesen werden, das in den 1950er Jahren das Bauhausarchiv beherbergte. Auch bei Grund gibt es ein Wasserbassin, das der Südterrasse als Reflektion dient.
Grund, Neufert und Pabst waren prägende Architekten des Wiederaufbaujahre in Darmstadt. Ihre Wohnhäuser lagen nur einen Steinwurf von einander entfernt. Stilistisch bildeten sie die Spannbreite der Architektur der fünfziger Jahre und die Orientierung an Vorbildern in geradezu idealer Weise ab. Durch den Abriss des Hauses Pabst wurde dieses Ensemble zerstört. Ermöglicht wurde dies von Eigentümern, die die Eintragung in die Denkmalliste verhinderten, Denkmalpflegern, die eine nachträgliche Eintragung versäumten, und eine sehr attraktive Lage in einer „Schwarmstadt“, die es für Investoren lohnenswert machte, das große Grundstück gewinnmaximierend zu bebauen. Die Entwicklung zeigt, in welche Zwickmühlen Architekten im Zuge der Nachverdichtung innenstadtnaher Wohnlagen geraten können und wie wachsam Denkmalpfleger sein müssen. Denn obgleich Theo Pabst selbst den eleganten, minimalistischen Bungalow später erweitert und verunklart hatte und mangelnder Unterhalt nach dem Verkauf in den siebziger Jahren die Substanz angegriffen hat­-te, bewahrte der Bau noch 2008 seinen Charme. Bestechend schön war seine Positionierung und Integration in den großen, eingewachsenen Garten mit seinem reichen Baumbestand. Nun steht dort eine neue, gestalterisch durchaus anspruchsvolle Reihenhausbebauung, die acht Familien innenstadtnahes Wohnen ermöglicht.
1 Regina Stephan (Hrsg.), Theo Pabst (1905–1979). Architektur im Kontinuum über alle Zeiten, Kat. Ausst. Kunsthalle Darmstadt 2008, Baunach 2008, hier v.a. S. 89–91: Kathrin Wirth, Wohnhaus Grete und Theo Pabst, Darmstadt 1955–1956

2
Glasforum, Heft 4, 1958
3 Landesamt für Denkmalpflege Hessen in Zusammenarbeit mit dem Magistrat der Stadt Darmstadt – Denkmalschutzbehörde (Hrsg.), Kulturdenkmäler in Hessen Stadt Darmstadt, Braunschweig, Wiesbaden 1994, S. 213, Dieburger Straße 216, Planerhof
4 Werner Durth (Hrsg.), Ernst Neufert. Leben und Werk des Architekten 1900–1986, Kat. Ausst. TU Darmstadt 2011, S. 24
5 Kulturdenkmäler in Hessen, wie Anm. 3, S. 364, Dieburger Straße 203, Haus Grund
Fakten
Architekten Pabst, Theo (1905–1979); Cornelsen+Seelinger/ +Seelinger Architekten, Darmstadt
aus Bauwelt 2.2021
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