Artificial Ökosystem
Das Land Baden-Württemberg hat – mit Förderzusagen – einen Standort für einen „Innovationspark KI“ gesucht, im Juli 2021 erhielt das „IPAI-Konsortium“ aus Heilbronn den Zuschlag. Der Wettbewerb für den Forschungsstandort ist nun entschieden.
Text: Baus, Ursula, Stuttgart
Artificial Ökosystem
Das Land Baden-Württemberg hat – mit Förderzusagen – einen Standort für einen „Innovationspark KI“ gesucht, im Juli 2021 erhielt das „IPAI-Konsortium“ aus Heilbronn den Zuschlag. Der Wettbewerb für den Forschungsstandort ist nun entschieden.
Text: Baus, Ursula, Stuttgart
Das IPAI-Konsortium, auf Nachfrage „per se keine legale Entität“, besteht aus Stadt und Stadtsiedlung Heilbronn, der Dieter Schwarz Stiftung sowie Unternehmen der Schwarz Gruppe. IPAI steht für Innovation Park Artificial Intelligence, und es geht dabei um „die Entwicklung und Kommerzialisierung von Algorithmen, Softwareprodukten und Cloud-Service-Lösungen sowie den Aufbau und die Nutzung von industrienahen Datenbeständen in Kooperation mit der mittelständischen Wirtschaft und dem Handwerk“ – also um eine auch öffentlich finanzierte Forschung für primär privatwirtschaftliche Zwecke. Das ignoriert, dass KI gesellschaftlich eminent umstritten ist. Philosophen wie Timo Greger mahnen, dass KI die Menschheit abschaffen könne – leitende Persönlichkeiten bei Google oder ChatGPT befürchten das auch. Aber die ökonomischen Chancen aus der Arbeit mit KI rufen nunmal alle auf den Plan, die hier mitmischen und -verdienen möchten.
So lobte das IPAI Immobilienmanagement einen Wettbewerb aus, zitiert sei aus der 63-seitigen Auslobung: „Der IPAI soll durch eine inspirierende Architektur und Ästhetik geprägt sein. [...] Die besondere Wirkung des IPAI soll auf allen Kanälen der Rezeption wahrgenommen werden können. Angefangen bei der weltweiten, medialen Wahrnehmung über Partner und Besucher des IPAI, die den Zugang zum Ökosystem suchen, hier an einer Konferenz teilnehmen oder das Kommunikationszentrum besuchen möchten, bis zu Besuchern aus der Region und last but not least von den Menschen, für die der IPAI Arbeits- und Lebensort sein wird.“
MVRDV erhielt den Zuschlag – einstimmig – unter anderem, weil die landschaftsräumliche Abgrenzung des IPAI in Form eines Kreises in ihrer Plankomposition Flexibilität und Variationsvielfalt erlaube – bei immerhin einem realen Kreisdurchmesser von knapp einem halben Kilometer. Vor allem aber präge sich der Kreis (der Projekttitel lautet „KrAIs“) als Bild ein: “Man stelle sich vor, eine an der Arbeit am IPAI interessierte Person sucht über Maps die Örtlichkeit: Im Zoom des Screens würde ein unverwechselbares Bild entstehen können.“ Das Juryprotokoll bezeichnet diesen Aspekt als „Szenografie“. Diese geltungsorientierte Wiedererkennbarkeit ist nichts Neu-es, man denke etwa an Norman Fosters 2018 eröffneten, 13 Hektar großen, ringförmigen Apple-Park im Silicon Valley. Die stadträumlichen Dimensionen rufen auch italienische Festungsstädte und barocke Idealstädte in Erinnerung. Bemerkenswert ist aber, dass die Militärperspektive, zivilisiert als Vogelperspektive, nun zur Satellitendimension mutiert. Aus der Bodenperspektive wird man den Kreis kaum als solchen wahrnehmen können. Der autofreie Campus ist bis auf weiteres eher nicht autofrei zu erreichen – hier ist die Stadt in der Pflicht, die immerhin Buslinien verdichten will. Einen Landeplatz für „Air Mobility“ gibt es natürlich im IPAI auch.
Das zweitplatzierte Konzept von wulf architekten bildet als klassischer, durch- und begrünter Campus, mit geschickt strukturierten Bauabschnitten und im Hinblick auf eine von Ferne erkennbare Silhouette geradezu einen Gegenpol dazu. Der zentrale Platz erschien der Jury zu groß, sie befürchtete „eher Staub denn angenehme Kühle“. Aus Satellitenperspektive vermisste sie Klarheit und Anziehungskraft. Insgesamt fügt sich die Campusidee in ihrer auf Holzbau und Dachbegrünung ausgerichteten Variante zwar exzellent in die Topografie vor Ort ein, jedoch zu wenig bildhaft, was die Jury hinsichtlich der Architekturqualität als kritisch empfindet.
Herzog & de Meuron erreichten mit ihrem Entwurf den dritten Rang. Mit ihrem Beitrag zum Wettbewerb Graskamp in Hamburg haben sie ihre Kompetenz im Städtebau gerade unter Beweis gestellt – hier in Heilbronn schlugen sie nun einen Campus mit grüner Mitte und einem an die Geometrie des Münchner Olympia-Zelts erinnernden Solardach vor. Das Performative ist in ihrem Entwurf die Landschaft, aus der das zentrale Dach und einzelne Hochpunkte herausragen – dominant als Holzbauten vorgeschlagen. Angenehm überraschend ist die unspektaku-läre Architektur der Architekten, denen Hamburg seine Elphi zu verdanken hat.
OMA schlugen, eher verhalten, eine streng geordnete Ansammlung von 22 Meter hohen „Boxen“ auf sechzig mal sechzig Meter quadratischem Grundriss vor und errangen damit Platz vier. Verschieden gestaltete Dächer erwecken den Eindruck, man blicke auf ein Pralinensortiment. Mit dem Inneren haben sich OMA hingegen detailliert und mit abwechslungsreichem Ergebnis befasst. Vierendeel-Träger überspannen 18 Meter, was eine hohe Flexibilität der Grundrisse erlaubt. Eine hinreichende Benchmark-Wirkung erkannte die Jury in dem Konzept nicht, zu gleichförmig, so ihr Urteil, wirkten die Bauten im vergleichsweise undifferenzierten grünen Umfeld. Der Bebauungsplan wird das IPAI als Sondergebiet ermöglichen.
Nichtoffener interdisziplinärer Ideen- und Realisierungswettbewerb
1.Preis (200.000 Euro) MVRDV; Lola Landscape Architects, beide Rotterdam
2.Preis (150.000 Euro) wulf architekten, Stuttgart; Riehl Bauermann + Partner, Kassel
3.Preis (120.000 Euro) Herzog & de Meuron, München/Basel; integral designs, München
4.Preis (100.000 Euro) OMA, Rotterdam; Vogt Landschaftsarchitekten, Zürich
Weitere Teilnehmende Henn, Berlin; Burckhardt + Partner, Berlin; Hosoya Schaefer Architects, Zürich; Querfeldeins Landschaft | Städtebau | Architektur, Dresden; UN Studio, Amsterdam; Carpus + Partner, Aachen; hammeskrause architekten, Stuttgart; EBB Ingenieurgesellschaft, Regensburg; BIg, Kopenhagen; HPP Architekten, Stuttgart
2.Preis (150.000 Euro) wulf architekten, Stuttgart; Riehl Bauermann + Partner, Kassel
3.Preis (120.000 Euro) Herzog & de Meuron, München/Basel; integral designs, München
4.Preis (100.000 Euro) OMA, Rotterdam; Vogt Landschaftsarchitekten, Zürich
Weitere Teilnehmende Henn, Berlin; Burckhardt + Partner, Berlin; Hosoya Schaefer Architects, Zürich; Querfeldeins Landschaft | Städtebau | Architektur, Dresden; UN Studio, Amsterdam; Carpus + Partner, Aachen; hammeskrause architekten, Stuttgart; EBB Ingenieurgesellschaft, Regensburg; BIg, Kopenhagen; HPP Architekten, Stuttgart
Ausloberin
IPAI Immobilienmanagement, vertreten durch Schwarz Immobilien Service, beide Neckarsulm
IPAI Immobilienmanagement, vertreten durch Schwarz Immobilien Service, beide Neckarsulm
Fachpreisgericht
Jörg Aldinger, Anett-Maud Joppien, Ingo Kanehl, Andreas Kipar, Axel Lohrer, Christof Luz, Wolfgang Riehle (Vorsitz), Andreas Ringle, Annette Rudolph-Cleff, Zvonko Turkali
Jörg Aldinger, Anett-Maud Joppien, Ingo Kanehl, Andreas Kipar, Axel Lohrer, Christof Luz, Wolfgang Riehle (Vorsitz), Andreas Ringle, Annette Rudolph-Cleff, Zvonko Turkali
Verfahrensbetreuung
LBBW Immobilien Kommunalentwicklung, Stuttgart
LBBW Immobilien Kommunalentwicklung, Stuttgart
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