Bauwelt

Aus dem Hintergrund auf die Weltenbühne

Text: Landes, Josepha, Berlin; Friedrich, Jan, Berlin

Aus dem Hintergrund auf die Weltenbühne

Text: Landes, Josepha, Berlin; Friedrich, Jan, Berlin

Die Bezeichnung als „kulissenhaft“ lässt sich für Architektur wenig schmeichelhaft an, impliziert das Wort doch, es handle sich bei dem Gebauten um etwas Unwirkliches, Vorübergehendes, auch Instabiles – auf Kulissenhaftes ist kein Verlass. Dabei ist der Kulisse oder dem Bühnenbild eben dieser Attribute halber enorme Gestaltungsfreiheit gegeben; da dürfen Wände durchaus fliegen oder entgleiten, Böden sich senken oder auftun. Kulissen bilden vielleicht im konkretesten Sinne überhaupt einen Handlungs-Raum, und loten Möglichkeitssphären aus: Sie sind die Architektur rund um eine im Darstellenden Spiel zugespitzte, gewisse Essenz der Welt. Alles auf der Bühne ist Dekor, und zugleich füllt das Scheinwerferlicht jede Form, Farbe und Textur mit Bedeutungsgehalt, der im Vorbeigehen an Stadtarchitektur, zumindest für ungeübte Augen, gern einmal untergeht. Die Präsentation im Bühnenrahmen – sei er golden oder verstaubt – verleiht jedem Element Tiefe und Vorahnung. Bühnenbilder sind keine Architekturmodelle, sondern eine Art Architektur an sich. Sie stehen, sie halten, sie tragen und wanken in genau dem Maß, dessen die Geschichten bedürfen, die sich in und mit ihnen entfalten. Es ist bei Weitem nicht wahr, dass Kulissen kulissenhaft wären: Ihre Traversen und Riemen, Scharniere und Ösen sind nur scheinbar Beiwerk, vielmehr bilden sie den stabilen Rückhalt der Bretter, die die Welt bedeuten.
Weimar
Es gibt Orte, in die sich die Geschichte immer wieder einschreibt, mit all ihren Widersprüchen. Weimar zum Beispiel. „Der Wohn- und Wirkungsort von Goethe, Schiller, Herder, Cranach, Nietzsche, Liszt und weiterer Kulturgrößen gilt als Deutschlands klassischer Musenhof. Dank Henry van de Velde und den Meistern des Bauhauses empfiehlt sich die beschauliche Residenzstadt zudem als ein Ursprungsort der globalen Moderne. In schwer begreiflichem Kontrast zu diesem Selbstbild einer Stätte des Geistes und der Avantgarden stehen die Hinterlassenschaften der zwölfjährigen Nazi-Herrschaft, von denen das Konzentrationslager Buchenwald die Außenwahrnehmung Weimars am nachhaltigsten prägt.“ So fasst Wolfgang Kil in seinem Beitrag ab Seite 40 die Lage treffend zusammen. Am 8. Mai, der symbolische Tag war sicher mit Bedacht gewählt, gab es in Weimar zwei Eröffnungen, die sich diesem schwer begreiflichen Kontrast zu nähern versuchen: Im ehemaligen Gauforum hat das Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus eine Bleibe gefunden, und eine große Ausstellung nimmt sich des Themas Bauhaus und Nationalsozialismus an. Außerdem haben wir dem Haus der Weimarer Republik einen Besuch abgestattet. Auch für die erste Demokratie in Deutschland steht der Name der Stadt schließlich.

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