Bauwelt

Babelsberg und Pückler

Erstmals seit 2003 sind Teile von Schloss ­Babelsberg wieder zugänglich. In den Räumen ist eine Ausstellung über den landschaftsplanenden Fürsten Pückler zu sehen

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

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    Nachbau von Pücklers Großbaumverpflanzwagen („Baummaschine“) im Schlosspark Branitz
    Foto: Claudius Wecke

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    Nachbau von Pücklers Großbaumverpflanzwagen („Baummaschine“) im Schlosspark Branitz

    Foto: Claudius Wecke

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    Schloss Babelsberg von der Glienicker Brücke aus.
    Foto: Wolfgang Pfauder / Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

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    Schloss Babelsberg von der Glienicker Brücke aus.

    Foto: Wolfgang Pfauder / Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

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    Der „Gegenschuss“, Blick aus dem Arbeitszimmer der Prinzessin Augusta von Preußen
    Foto: Wolfgang Pfauder / Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

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    Der „Gegenschuss“, Blick aus dem Arbeitszimmer der Prinzessin Augusta von Preußen

    Foto: Wolfgang Pfauder / Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Babelsberg und Pückler

Erstmals seit 2003 sind Teile von Schloss ­Babelsberg wieder zugänglich. In den Räumen ist eine Ausstellung über den landschaftsplanenden Fürsten Pückler zu sehen

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

Das Leben in den fürstlichen Familien Europas hatte seine Tücken. Wer nicht als Erstgeborener Titel und Macht erbte, blieb oft ein Leben lang zu einem misstrauisch überwachten Nichtstun verdammt. Dieses Schicksal schien auch dem preußischen Prinzen Wilhelm beschieden, dem jüngeren Bruder des Kronprinzen und späteren Königs Friedrich Wilhelm IV. Immerhin, mit dessen Thronbesteigung im Jahr 1840 avancierte Wilhelm zum Thronfolger, freilich ohne realistische Aussicht, seinem Bruder jemals nachzufolgen. Es kam bekanntlich anders, Wilhelm bestieg 1861, nun schon 64-jährig, den Thron, sollte gar noch im Zweitberuf Deutscher Kaiser werden und bis ins gesegnete Alter von 91 Jahren an der Spitze des nunmehr vereinten Deutschen Reiches stehen.
In jungen Jahren hingegen war es ihm erst einmal um eine standesgemäße Wohnung zu tun. Die sah er für sich auf dem Babelsberg, einer wenig einladenden Anhöhe am Rand der Potsdamer Havelseen. 1833 erwirkte der Prinz die Erlaubnis seines königlichen Vaters, dort eine Sommer­residenz samt Park zu errichten. Der gegebene Architekt war Karl Friedrich Schinkel, den der ältere Bruder mit fortwährend neuen Projekten für seine künftige Regentschaft beschäftigt hielt. Für Wilhelm fiel ein „Cottage“ ab, ein neugotisches Schlösschen nach englischer Mode. Den Garten hingegen entwarf Peter Josef Lenné, über dessen lebenslange Tätigkeit als Gartenarchitekt gern übersehen wird, dass er zugleich Stadtplaner war und Berlin ihm einige repräsentable Straßenzüge verdankt.
Sommersitz und Park wurden zu einer lebenslangen Beschäftigung des prinzlichen und später königlichen Paares, denn auch Gemahlin Augusta nahm Einfluss auf die Gestaltung. Das Schlösschen wurde zum Schloss, sobald Wilhelm offiziell als Thronfolger agieren und dementsprechend mehr Geld ausgeben konnte. Da war Schinkel allerdings bereits hinfällig und verstarb; die weitere Planung besorgten ab 1840 dessen Schüler, der ebenfalls bald verstorbene Ludwig Persius und nach ihm Johann Heinrich Strack. Für den Garten engagierte man – es war wohl vor allem Augusta – den Paradiesvogel Fürst Hermann von Pückler-Muskau, der, ungeachtet all seiner Eskapaden, den englischen Landschaftsgarten in Deutschland so richtig erst durchgesetzt und mit seinen Schriften auch theoretisch untermauert hatte.
Persius entwarf als Gelenk zwischen vorhandenem und neuem Bauteil des Schlosses einen prächtigen, kirchenschiffhohen oktogonalen „Tanzsaal“. Aus dessen Fenster waren Ansichten des Parks zu gewinnen, die wie Gemälde wirkten. So hatte es Pückler geschrieben: Landschaftsgestaltung sei die „Fortsetzung von Landschaftsmalerei“. Den Ausspruch kann man nunmehr in Babelsberg überprüfen: Zum ersten Mal seit der renovierungsbedingten Schließung im Jahr 2003 (!) sind Teile des Schlosses zugänglich, sie bergen die Ausstellung „Pückler. Babelsberg. Der grüne Fürst und die Kaiserin“, die eine kongeniale Ergänzung der historischen Räume darstellt, werden doch unter anderem eine vollständig eingedeckte Tafel sowie die nach Pückler benannten Desserts aus Speiseeis gezeigt, die zu seiner Zeit eine ungeheure – vor allem ungeheuer mühevolle – Delikatesse darstellten.
In architekturhistorischer Hinsicht hochinteressant jedoch ist die neue, historisch korrekte Verglasung der zum Teil überhaupt erst freigelegten Fenster. Nicht allein aus dem hochgotischen Tanzsaal ist der Ausblick formidabel, auch der Teesalon Augustas und die anderen, wasserseitig aufgereihten Räume bieten die schönsten Ansichten. Man staunt über die großflächige Verglasung, doch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten versichert, dass dies schon zur Erbauungszeit so gewesen sei – eine Errungenschaft der aufstrebenden preußischen Industrie.
Die konnte sich auch mit dem Maschinenhaus und seinem dampfgetriebenen Pumpwerk präsentieren, durch das die zahlreichen Wasserspiele des hügeligen Ensembles bedient wurden. Einiges davon ist nunmehr wiederhergestellt, weitere Teiche, Bächlein und Fontänen werden folgen. Das Geld stammt bislang aus dem Investitionsprogramm 1 des Bundes, das zweite wird die weiteren Maßnahmen bis zum geplanten Abschluss 2030 ermöglichen. Eine Gesamtbausumme vermochte Stiftungschef Hartmut Dorgerloh nicht zu beziffern, da die einzelnen Maßnahmen nacheinander geplant, kalkuliert und realisiert werden, und da kann bei denkmalpflegerischen Vorhaben bekanntlich manch Unerwartetes geschehen.
Das Schloss, für dessen sehr einheitliches Erscheinungsbild eben die Schinkel-Schule steht, zeigt sich so hell leuchtend wie wohl seit der Erbauungszeit nicht mehr. Mit Elementen wie dem Brunnen in rheinischer Hoch- oder auch Neu­gotik wird auch der politische Unterton deutlich, nämlich die als Heimstatt der Gotik gedachten Rheinlande, die seit 1815 zu Preußen gehörten, bauprogrammatisch einzubinden, was Wilhelm mit der Vollendung des Kölner Doms denn auch öffentlich bekundete.
Mit seinen großen, von keinerlei Gardinen und Vorhängen beeinträchtigten Fenstern wirkt das Schloss von außen nunmehr ein bisschen wie die Fantasy-Villa eines kalifornischen Magnaten. Überall Ein- und Ausblicke! Bauwerk und Park bilden eine wunderbare Einheit. Im Park, den Pückler nach seinem Prinzip der „Zonierung“ angelegt hat, mit starken gestalterischen Ein­griffen in unmittelbarer Nähe des Hauses – wie Zierbeete und Brunnen – und immer weniger Gestaltung in zunehmender Entfernung, bis sich endlich der Eindruck einer unberührten Landschaft einstellt. Was natürlich grundfalsch ist, denn Pückler pflanzte Bäume in genau kalkulierten Sichtbeziehungen, und für das Umsetzen selbst großer Exemplare ließ er eigens einen „Baumpflanzwagen“ konstruieren.
Nur von dem Dampfbagger, den Pückler gerne vom Berliner Maschinenbaugewerbe bezogen und im Park eingesetzt hätte, wollte Augusta partout nichts wissen.
Pückler. Babelsberg. Der grüne Fürst und seine Kaiserin
Schloss Babelsberg, Park Babelsberg 10, 14482 Potsdam
www.spsg.de
Bis 15. Oktober

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