Bauwelt

Construction and References

Caruso St John in der Architektur Galerie Berlin

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

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Referenzen, abstrahierte Modelle und Detailbilder werden in der Ausstellung von einer Fototapete eines grünen Vorhangs gerahmt.
Foto: Jan Bitter

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Referenzen, abstrahierte Modelle und Detailbilder werden in der Ausstellung von einer Fototapete eines grünen Vorhangs gerahmt.

Foto: Jan Bitter


Construction and References

Caruso St John in der Architektur Galerie Berlin

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

Der Neubau für die Bremer Landesbank rüttelte jüngst die Architekturszene auf (Bauwelt 5.2017): Backstein-Expressionismus am Bremer Domshof, inmitten jenes fein austarierten Gefüges von Alt und Neu, wie es der Wiederaufbau der fünfziger Jahre herausgebildet hat. Ein Rückgriff auf die bremische Tradition des Ziegelbaus, für die die Böttcherstraße in ihrer Vielfalt steht.
Caruso St John haben mit der Landesbank ein Ausrufezeichen gesetzt; sie werden nun auch in Deutschland wahrgenommen. Die Architektur Galerie Berlin zeigt hierzulande die erste Ausstellung des bereits 1990 gegründeten Londoner Büros. Wie stets in der Galerie ist es keine reine Ausstellung des gebauten Werkes, sondern eine Arbeit sui generis – eine Inszenierung der Architekten, die Eigenes und Anderes zusammenfügt.
Der Länge des Raums nach zieht sich ein Podest, auf dem Modelle stehen. Es sind einfache Volumina mit aufgemalten Fassaden. An der Längs- wie einer Schmalwand sind großformatige Fotografien von Hélène Binet aufgehängt, die von Beginn an die Bauten von Caruso St John dokumentiert. Fotos von Referenzbauten und -kunstwerken zieren die zweite Schmalwand, vom Parthenon und den Tempeln in Paestum bis zu Interieurs von Adolf Loos, dazwischen Mehrerlei von Leon Batista Alberti. Den Hintergrund bildet allseitig eine Fototapete von Thomas Demand, der seine scheinrealistischen Aufnahmen bekanntlich von Papiermodellen nimmt, hier einem wallenden grünen Vorhang.
Nur eins der Modelle ist von einem ausgeführten Gebäude nachgebildet, der Newport Street Gallery für die Privatsammlung von Damien Hirst. Das mit dem Stirling Prize 2016 ausgezeichnete Gebäude – „eine poetische Gegenüberstellung von Alt und Neu“, wie die Jury befand – steht gegenüber einer mehrgleisigen Hochbahnstrecke im alten Industrieviertel Vauxhall im Südwesten Londons. Ebenfalls in London haben Caruso St John mit der Renovierung der Tate Britain, dem Stammhaus des Museums in Millbank, ihr Feingefühl im Umgang mit historischer Substanz und edlem Material unter Beweis gestellt. Das Geländer des Treppenaufgangs in der Rotunde behauptet sich in seiner ornamentalen, im Muster des Natursteinbodens aufgenommenen Gestaltung gegenüber dem Neoklassizismus des Gebäudes. Im Sir John Soane‘s Museum haben sie neue Vitrinen, neues Mobiliar und einen Shop in das Gefüge der vergleichsweise kleinen, verschachtelten Räume hineingezaubert; schade, dass diese raumgestalterischen Projekte in der Ausstellung fehlen. Unter den Fotos von Hélène Binet ist hingegen eins, das den Altarraum der Kathedrale (eigentlich Stiftskirche) von St. Gallen zeigt, ein Projekt zum Hinschauen: Caruso St John haben unter der gewaltigen Kuppel einen Altarraum geschaffen, der den Gottesdienst an die Gemeinde rückt. Den konzentrisch zum Altar ansteigenden Stufen ist ein florales Muster eingelegt, das die barocken Kurven der Kirche dezent aufnimmt.
Es finden sich auch „moderne“, nicht an historischen Bestand angefügte Bauten im Portfolio. Beispielhaft wird das Zürcher Projekt „Baufeld“ an der Europaallee vorgestellt. Ein Mixed-use-Komplex bestehend aus Einzelhandel, Büros und gehobenen Stadtwohnungen. Der Eingang ist, ähnlich der Bremer Lösung, in die Tiefe gestaffelt, rechteckig und aus Betonfertigteilen gefügt.
Die Vielfalt der von Caruso St John bewältigten Aufgaben, ihr sicherer Umgang mit verschiedenenartigen Stilanmutungen sowie ihr ausgeprägter Sinn für Materialität bringen es mit sich, dass die Berliner Ausstellung nicht mehr als ein Appetitanreger sein kann. Dass die beiden Architekten sich womöglich in der Blütezeit des Art Déco am wohlsten gefühlt haben könnten, ist nur eine Vermutung, die aber durch die exquisite Gestaltung der Berliner Ausstellung Nahrung erhält.
Fakten
Architekten Caruso St John, London/Zürich
aus Bauwelt 11.2017

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