Das Geldverdienen kommt von ganz alleine!
Vom Hausbesetzer zum Investor – so ließe sich der Werdegang von Anselm Graubner zuspitzen. Bemerkenswert ist, dass auf dieser Strecke die alten Überzeugungen von der Möglichkeit, ein „richtiges Leben im falschen“ führen zu können, nicht verloren gegangen sind. Besuch in Weimar, wo versucht wird, den Immobilienmarkt mit dessen eigenen Gesetzen, Idealismus und Ideen auszutricksen – und mit Stil.
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Das Geldverdienen kommt von ganz alleine!
Vom Hausbesetzer zum Investor – so ließe sich der Werdegang von Anselm Graubner zuspitzen. Bemerkenswert ist, dass auf dieser Strecke die alten Überzeugungen von der Möglichkeit, ein „richtiges Leben im falschen“ führen zu können, nicht verloren gegangen sind. Besuch in Weimar, wo versucht wird, den Immobilienmarkt mit dessen eigenen Gesetzen, Idealismus und Ideen auszutricksen – und mit Stil.
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Der Satz könnte ein Motto sein. Er fällt, kaum dass Anselm Graubner mich am Bahnhof von Weimar abgeholt hat. Wir sind verabredet, um die Gebäude zu besuchen, an deren Sanierung er in den letzten dreißig Jahren beteiligt war, als Aktivist, als Eigentümer oder als „Investor“, auch wenn dies eine Bezeichnung ist, unter der man sich andere Gestalten vorstellt als den schlanken Mittfünfziger, dem man auch eine Berufsangabe wie Studienrat (Latein/Mathematik) oder Pfarrer (ev.-luth.) abnähme. Die Bandbreite der Häuser ist groß, reicht vom Bürgerhaus aus der Spätrenaissance, in dem schon Goethe genächtigt haben soll, bis zum historistischen Bankhaus aus den 1920er Jahren. Mit allen aber wollte Graubner auch Impulse für die Entwicklung von Weimar geben, Haus für Haus, denn eben: Das Geldverdienen kommt von ganz alleine. Ein weiterer Leitspruch: Alle Projekte sollen von Graubners Wohnung am Weimarer Herderplatz mit dem Fahrrad erreichbar sein; auch deshalb hat er Gelegenheiten anderenorts, etwa in Leipzig, in den Wind geschlagen. Mag bei Aussagen wie diesen auch ein klein wenig Koketterie mitschwingen – die von ihm renovierten Gebäude stehen mit ihrer Sanierungsgeschichte als gebaute Wirklichkeit für alle sichtbar in der Stadt: Stadtentwicklung à la „Città slow“ in Thüringen.
Zum Bauen und Investieren ist der Bauherr und Investor, Gastronom und Hotelier eher zufällig gekommen. Ein wesentlicher Antrieb dabei war, nicht länger unter der Willkür von Hauseigentümern in der Ferne leiden zu wollen, wobei „in der Ferne“ in Weimar heißt: in der alten Bundesrepublik. Graubner, der sich selbst politisch eher linken Überzeugungen verpflichtet fühlt, wollte selber Entscheidungen treffen können, dabei aber nie so werden, wie die Hauseigentümer, die er kennengelernt hatte: „Die Häuser denen, die drin wohnen“, wird er im Lauf unseres Rundgangs eine alte Hausbesetzer-Parole zitieren. Der Ausgangspunkt seines Werdegangs zum lokal agierenden „Baulöwen“ passt dazu ganz gut. Graubner lebt seit über dreißig Jahren in Weimar. Geboren in Wismar und aufgewachsen im Brandenburgischen, ist er schon lange heimisch in der Klassiker- und Bauhaus-Stadt. Als Jugendlicher 1981 mit seinen Eltern in die Bundesrepublik ausgereist, kehrte er Ende 1989 mit einer Arbeitserlaubnis als Fotograf zurück in den Osten, um sich in einer Initiative zu engagieren, wie sie damals in vielen Städten der untergehenden DDR ins Leben gerufen wurde: von Menschen, die dem Verfall der Altstädte nicht tatenlos zusehen, sondern Gebäude retten wollten, um alternative Wohnverhältnisse, Arbeitsmodelle und künstlerische Ausdrucksformen in Strukturen jenseits staatlicher Neubaupolitik zu erproben. Der Weimarer Gruppe um den Galeristen Frank Motz ging es um ein 1988 besetztes Haus am Burgplatz, gegenüber vom Schloss, das zum „ACC“ werden sollte: das „Autonome Cultur Centrum“.
Doch dazu später. Das erste Objekt, zu dem Graubner mich führt, ist jenes, um das er sich gerade kümmert; es steht nicht weit vom Weimarer Bahnhof an der Schopenhauer-/Ecke Brehmestraße. Genau genommen handelt sich um zwei gründerzeitliche Wohngebäude, eines mit Ziegelsichtfassade, das andere ein Putzbau: Allerweltshäuser, die kaum Aufmerksamkeit erwecken, zumindest nicht mit ihrer Architektur, und um die sich die Kaufwilligen auch nicht gerissen haben, als sie 2018 angeboten wurden, obwohl der Wohnungsmarkt in der sanft vor sich hin wachsenden 64.000-Einwohner-Universitätsstadt eigentlich stabil ist. Aufmerksamkeit zieht die Adresse dennoch auf sich: Die sich überwiegend zur LGBTQIA*-Szene rechnende studentische Bewohnerschaft aus rund 30 Personen steht im Fokus von Mitbürgern, die sich von Lebensentwürfen jenseits ihres eigenen Horizonts provoziert fühlen und leider auch zu Aggressionen neigen. „Weimar, der rote Fleck im blauen Meer“, charakterisiert Graubner seine Wahlheimat. „Die Haustür werden wir auswechseln, gegen eine sichere“, stellt er in Aussicht. Doch das ist nur ein kleiner Eingriff. Mag sich zur Straße noch nicht viel Neues zeigen, die pünktlich nach Ablauf der nach einem Eigentümerwechsel greifenden 15-Prozent-Regel angelaufene Sanierung scheut nicht vor Veränderungen zurück. Auf der Hofseite ist eine sichtbare Erweiterung des Wohnkomforts in Gestalt der angebauten Balkone schon erkennbar, die Solarpaneele, die als Brüstungselemente auch Sichtschutz bieten, fehlen allerdings noch bei meinem Besuch im Oktober. Denkmalschutz besteht nicht, die Gebäude gehören lediglich zum Schutzbereich des Sanierungsgebiets Nördliche Innenstadt. So kritisch Graubner etliche Steuererleichterungen für Immobilienbesitzer sieht – der besagten 15- Prozent-Regel kann er auch etwas Gutes abgewinnen. Üblicherweise verhindert sie Baumaßnahmen, die teurer sind als 15 Prozent des Kaufpreises, da nur günstigere Arbeiten steuerlich geltend gemacht werden können; größere Eingriffe dagegen müssten über vierzig Jahre abgeschrieben werden, was Steuersparen für den Käufer nicht möglich macht. Die Folge: Drei Jahre nach dem Kauf nimmt der neue Eigentümer in der Regel nur „Pinselsanierungen“ vor, auch wenn eine Grundsanierung nötig wäre. Der Vorteil aber ist, dass sich Käufer und Mieter kennenlernen können und genug Zeit ist für die Planung. Bei diesem Objekt etwa und seiner besonderen Bewohnerschaft weiß Graubner nun, wer im Falle einer Neuvermietung passen könnte, um das gewünschte Miteinanderklarkommen der Hausgemeinschaft zu befördern.
In den neunziger Jahren waren die beiden Häuser von Privatanlegern aus Koblenz gekauft und mit sparsamen Mitteln aufgehübscht worden. Damals übliche Bauteile und Ausstattungselemente haben sich allerdings als wenig haltbar erwiesen: vom PVC-Rohr, das brüchig wird, weil sich die enthaltenen Weichmacher ausgewaschen haben, bis zum Laminatboden in Bädern. Graubner dagegen will so bauen, dass es mindestens zwei Generation hält, gesund ist, reparaturfähig und dem entspricht, was er sich selbst in seiner Wohnung wünscht. Gipskarton-Wände etwa kommen nur in Feuchträumen in Frage, stattdessen Baustoffe wie HWL- und Holzweichfaserplatten zum Einsatz, die zudem CO2 binden und mehr Schallschutz bieten. Im Dachstuhl des Mittelhauses, der zur Wohnung ausgebaut wird, lässt sich der Ansatz des „Bauens mit natürlichen Materialien“ bei meinem Besuch in voller Schönheit betrachten. Die Wohnung, die hier entsteht, ist WG-geeignet, um mit der Bewohnerschaft in den unteren Geschossen zu harmonieren, könnte aber auch von einem aufgeschlossenen Einzelbewohner oder einer Familie bezogen werden. Die auch für eine in fernerer Zukunft liegende Nachfrage günstige Flexibilität stellen Graubner und sein Architekt Jörg Weber mit einem Kunstgriff her, der auch die nach Norden ausgerichteten Bereiche mit Sonnenstrahlen versorgt: Indem der Spitzboden diesen Räumen als eine Art Hochebene zugeschlagen wird, sorgen auf der Gartenseite angebrachte Dachfenster für Südlicht.
Mit Weber arbeitet Graubner seit 2006 zusammen, als die beiden sich bei der Sanierung des von Graubner erworbenen Gebäudes am Herderplatz kennenlernten. Es war sein erstes Haus, er kaufte es zum Preis von 320.000 Euro von einer alten Dame aus Hamburg, der die Immobilie – ihr Elternhaus – nach 1990 rückübertragen worden war, der es aber zunehmend schwer fiel, sich um die Immobilie zu kümmern. 20.000 Euro gaben ihm Eltern und Schwiegereltern als Eigenkapital, der Rest kam als Kredit von der Bank: Das regelmäßige Einkommen seiner im öffentlichen Dienst beschäftigten Ehefrau reichte dem Geldinstitut damals, um die Kreditwürdigkeit festzustellen. „Man muss eine Tür halt aufstoßen, wenn sie sich schon einen Spalt breit öffnet“, kommentiert Graubner heute seinen damaligen Sprung ins eisige Wasser des Immobilienmarktes. Neben den vier Wohnungen, von denen er eine mit seiner Familie selbst bezog, richtete er auch hier eine Ferienwohnung und ein Gästezimmer ein. Mehr Kopfzerbrechen bereitete ihm die Nutzung der Gewerbefläche im Erdgeschoss. „Was braucht der Platz?“, fragte er sich, und gab das Ladenlokal zunächst für eine Zwischennutzung frei, um Interesse für die Fläche zu wecken. Ein erfolgreicher Ansatz, denn dadurch wurde ein nahegelegener Bio-Laden, der sich vergrößern wollte, auf das Angebot aufmerksam – ein idealer Interessent, der eine hohe Frequenz sicherte und Graubner die Möglichkeit einer gastronomischen Ergänzung in Form einer Suppenküche bot. Architekt Weber wirkte damals im Vorstand des Bio-Ladens.
Die beiden Männer wirken wie ein eingespieltes Team, Probleme, mit denen der Investor mit seinen Handwerkern nicht gleich selbst zurande kommt, löst der Planer auch schon mal kurzfristig, selbst wenn er eigentlich mit dem Projekt gar nichts zu tun hat. Auch die Handwerker – Klempner, Tischler, Maler –, mit denen Graubner seine Projekte realisiert, arbeiten schon lange mit ihm zusammen bzw. sind gleich von ihm angestellt worden: Der Wunsch nach Unabhängigkeit wirkt sich auch in diese Richtung aus. Dass auch über Fünfzigjährige bei ihm eine Chance bekommen, die sich zu alt fühlen für ein berufliches Pendeln in die alten Bundesländer, ist auch, aber nicht nur sozial gedacht: Die Älteren mögen zwar langsamer arbeiten, sind aber effizienter und erfahrener als junge Leute und können diesen ihre Erfahrung weitergeben. Das eigene Bauunternehmen ist zudem ein gutes Gegengewicht zu seiner Haupttätigkeit als Gastronom, Hotelier und Betreiber von Ferienwohnungen, die er in einigen seiner Häuser untergebracht hat – in den allermeisten Fällen in zuvor leer liegenden Bereichen wie nicht ausgebauten Dachgeschossen oder unbewohnten Souterrains. In den beiden unternehmerischen Zweigen sind rund 25 Mitarbeiter beschäftigt, mit denen Graubner vor der Corona-Pandemie rund 2 Millionen Euro Umsatz im Jahr erwirtschaftete. Was sich über Jahre gut ergänzte, sollte sich in den beiden Lockdown-Jahren 2020 und ’21, als die Einnahmen im Übernachtungsbereich und in der Gastronomie einbrachen, als Glücksfall erweisen.
Und damit wären wir wieder beim ACC. Die Nutzungskombination hat nämlich auch dieses Projekt lebensfähig gehalten. Kultur und Gastronomie – das war seit Mai 1990, als die Gruppe um Frank Motz das Haus aufgrund der klaren Eigentumsverhältnisse kaufen konnte (für gerade mal 8700 DDR-Mark!), das Nutzungskonzept für das Haus am Burgplatz. Ab dem Frühling 1992 kümmerte Graubner sich um die Organisation der Bewirtung. Doch die Einkünfte aus dem Restaurant waren wechselhaft und schwer voraussagbar. 2002 – die DDR-Rechtsform „Initiativgruppe“ war längst in eine GbR überführt worden, und der Fotograf und Gastronom Anselm Graubner hatte zwischenzeitlich BWL studiert – wurde daher das Dachgeschoss saniert und zu Ferienwohnungen umprogrammiert. Ein Erfolg von Anfang an. Weimar war damals zwar schon ein Reiseziel, Touristenströme allerdings ergossen sich vor zwanzig Jahren noch nicht durch die Gassen der Altstadt. Das Angebot an Ferienwohnungen aber war noch spärlich und die Lage am Burgplatz ideal für Besucher. Folgerichtig entstehen nun auch Ferienwohnungen im Nachbarhaus, das Graubner 2020 von dem Vorbesitzer aus Düsseldorf kaufen konnten. Die Galerie des ACC hatte sich eh schon ins erste Obergeschoss des Gebäudes ausgedehnt, sodass der Erwerb auch mit Blick auf eine langfristige Nutzung durch das Kulturzentrum angezeigt schien. Die zwei Ferienwohnungen allerdings, gibt Graubner zu, sind ein Sündenfall, weil für sie eine existierende Wohnung geteilt worden und dem Weimarer Wohnungsmarkt entzogen worden ist – der Bestand des ACC wog schwerer. Konsequenterweise wird Graubner das Gebäude auch nicht etwa seinen Töchtern vererben, sondern einer Stiftung zuführen, um das Kulturzentrum auf Dauer zu sichern.
Apropos auf Dauer: Eine Frage, die Graubner umtreibt, ist die, wie sich Eigentümergemeinschaften stabil halten lassen, nicht sofort zerfallen, wenn sich im Lauf der Jahre die üblichen privaten Dynamiken ergeben. Teilungsversteigerungen, wie sie dann häufig praktiziert werden, führen dann eben doch wieder dazu, dass sich die Eigentumsverhältnisse zugunsten der etablierten Strukturen entwickeln. Eine Lösung scheint ihm der „Wächter-Eigentümer“, ein externer Partner, der nicht der eigentlichen Bewohnerkommune angehört. Während diese als GmbH agiert und 51 Prozent der Eigentumsanteile hält, gehören dem Wächter die anderen 49 Prozent und ein daraus erwachsenes Veto-Recht – ein Modell, das das Freiburger Mietshaussyndikat erfolgreich praktiziert und das Graubner auch in Weimar etablieren will. Langfristig will er eine Art „Weimarer Boden-Stiftung“ aufbauen, mittels derer sich Wohnhäuser vom Markt holen und in die Verantwortung ihrer Bewohner bringen lassen. Ein Projekt, das Graubner als „Wächter“ mit einer Bewohnergruppe auf den Weg bringen will, zerschlägt sich allerdings just am Ende meines Besuchs: Der betagte Eigentümer eines Wohngebäudes am Donndorfbrunnen sagt seine Verkaufsbereitschaft an die Gruppe per SMS ab.
Ein Rückschlag aber ist für Graubner nichts Neues mehr. Sein größtes Vorhaben – das Gebäude der Notenbank an der Steubenstraße zu einem Ort der Kreativwirtschaft zu entwickeln – endete mit einem Scheitern: Die US-amerikanische Eigentümerin, die das Gebäude von einem Immobilienfonds erworben hatte, an den die Dresdener Bank das ihr nach 1990 zugefallene Gebäude veräußert hatte, hat es nun an einen österreichischen Immobilienfonds verkauft, obwohl die Übertragung an eine Stiftung bereits sicher schien. Dabei war die Konstellation zunächst vielversprechend: Die alte Dame, kinderlos, aber als Musikerin zeitlebens in der musikalischen Erziehung der Jugend tätig, fühlte sich Weimar verbunden und war Graubner zugetan, wie er erzählt. So war es nicht schwer, sie für seine Idee zu gewinnen, die alte Notenbank vor allem für musikalische Zwecke umzunutzen – für Aufnahmestudios und Proberäume, etwa für den Weimarer Kinder- und Jugendchor, aber auch für Aufführungs- und Ausstellungszwecke und für die Studios und Ateliers weiterer Kreativwirtschaftler. Auch Wohnraum sollte entstehen, aufgrund der für das alltägliche Ruhebedürfnis unpassenden Nutzungen wiederum für Besucher der Stadt. Vier Millionen Euro flossen in die Sanierung, rund 750.000 davon in die komplette Dacherneuerung. Dort hat Graubner die Ferienwohnungen untergebracht, liebevoll eingerichtet im Stil der „Roaring Twenties“, sogar mit Schallplattenspieler und LPs mit thematisch passender Musik.
Das Ende der „Notenbank“ ist für Graubner umso schmerzlicher, als die alte Dame ihm schon bei der Realisierung eines anderen Projekts geholfen hatte: beim Bau des Familienhotels, das 2012 in der Seifengasse eröffnete. Ein Hotel, das sich mit ausreichend Platz explizit an Familien richtet, war damals ein neues Angebot, passte aber gut, da Weimar nicht nur für Rentnerpaare ein beliebtes Reiseziel ist. Das Hotel ist die letzte Station meines Besuchs. Das elf Unterkünfte bietende Haus in einer Baulücke zeigt das Bauen mit natürlichen Materialien noch mal im Maßstab eines kompletten Neubaus: Das Gebäude wurde aus Massivholzwänden errichtet; eine weitere Wärmedämmung war nicht nötig. Nach außen allerdings zeigt es sich verputzt – natürlich mit Lehm.
Graubner erwarb das Grundstück 2009 für 100.000 Euro im Rahmen der Versteigerung durch eine zerstrittene Erbengemeinschaft aus 16 Parteien. Beifang dieser Transaktion war ein zwar verfallenes, aber noch bewohntes und dadurch vor dem endgültigen Niedergang bewahrtes Wohnhaus in der Jenaer Straße, an dem der neue Eigentümer zunächst nur geringe Reparaturen vornahm. Erst nach Kündigung der beiden darin hausenden studentischen Wohngemeinschaften konnte das Gebäude saniert werden (nach der Sanierung wurde eine Wohnung wieder an eine WG vermietet). Der Denkmalschutz schlug Graubner vor, das Objekt in die Liste aufnehmen zu lassen – so könne er die Sanierung über zwölf Jahre abschreiben lassen. Die Reparatur der Gebäudehülle ließ sich auf diesem Weg leisten: 180.000 der insgesamt 1,4 Millionen Euro teuren Sanierung flossen in die aufwendige Kunststeinfassade. Statt einer außenliegenden Wärmedämmung wurde auf der Innenseite mit Holzfaserplatten gedämmt – das kostete zwar etwas Wohnfläche, verbesserte aber das Raumklima und den Schallschutz an der stark befahrenen Straße. Ungewöhnlich der Umgang mit dem Hof: Anders als in der Nachbarschaft üblich, legte Graubner hinter dem Haus keine Parkplätze an, sondern einen Garten, der die Balkone, über die die Wohnungen eh verfügen, als weiterer Freiraum ergänzt. Wie bei allen seinen Projekten pflanzte er auch hier einen Apfelbaum, und zwar der alten Sorte Goldparmäne. Im Souterrain entstanden zwei Ferienwohnungen: „Die sind der Renditeturbo“, zeigt sich der Eigentümer mit der Auslastung trotz Corona-Einbruch zufrieden.
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