Bauwelt

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Text: Crone, Benedikt, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Text: Crone, Benedikt, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Wo treffen wir Sie gerade an? Zuhause in Jogginghose? Auf Teneriffa in „Workation“? Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Sie in einem handelsüblichen Architekturbüro sitzen. Im letzten Jahr ermöglichten zwar 66 Prozent der deutschen Unternehmen ihren Angestellten ein „Remote-Arbeiten“. Allerdings schwenkt das Pendel wieder in die andere Richtung. Große Arbeitgeber wie SAP, Deutsche Bank oder Volkswagen beordern ihre Angestellten oder Führungskräfte an bis zu vier Wochentagen zurück an den Firmensitz. Laut einer Umfrage der Beratungsfirma KPMG wünschen sich 68 Prozent der Unternehmen, dass ihre Belegschaft innerhalb der nächsten zwei Jahre ausschließlich im Büro arbeitet. Die mit dem Rückruf verbundene Hoffnung: mehr Kontrolle, mehr Teamgeist, mehr Kreativität. Das Ansinnen der Firmen trifft jedoch auf den Anspruch vieler Menschen, denen ein Recht auf Homeoffice unverhandelbarer Bestandteil ihres Alltags geworden ist. In dem Tauziehen fällt der Büroarchitektur die Aufgabe zu, dass sich das Pendeln zur Arbeit lohnt. Auch für Arbeitgeber machen die hohen Büromieten schließlich erst Sinn, wenn die Räume auch die Stimmung heben und die Produktivität steigern. Nicht immer muss der alte Gewerbebau der neuen schönen Arbeitswelt weichen: Wir zeigen drei Versuche, Bestandsgebäude durch (Höhen-)Erweiterungen auf den Stand der Gegenwart zu bringen. Für ein deutsches Großprojekt, das durch die Signa-Pleite ins Straucheln geraten ist, ruht die Hoffnung offenbar dagegen bereits auf Nutzern außerhalb der Dienstleistungs-Branche. Arbeiten sollten Menschen dort dennoch gerne.

Entwicklung mit Kultur

Und nach der Arbeit? „Kannst dich volllaufen lassen, kannst ins Kino gehen, und du kannst dein Geld im Puff ausgeben“, skizzierten Ton Steine Scherben den deutschen „Feierabend“ 1972 auf ihrem Album „Keine Macht für Niemand“. Ein Theaterbesuch war dem proletarisch-anarchischen Habitus des jungen Rio Reiser wohl ein viel zu gutbürgerliches Programm. Die Theater, die wir im zweiten Thementeil vorstellen, leisten allerdings viel mehr, als ein elitäres Publikum zu unterhalten: Die Gebäude in Brescia, Eisenach und Hertford fungieren alle drei auch als Dreh- und Angelpunkte der Stadtentwicklung, in Städten, die Entwicklung gebrauchen können und die begriffen haben, dass sich diese nicht mit neuen Umgehungsstraßen, Gewerbegebieten und Einfamilienhauswüsteneien einstellt. Für Entwicklung braucht es Ideen, und Ideen liefert noch immer der Kulturbetrieb – gerade auch in Umgebungen, die mit ihrer Identität ringen oder mit ökonomischen Schwierigkeiten kämpfen.

0 Kommentare


loading
x
loading

4.2025

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.