Bauwelt

Flexible Mehrwegschalung

Ein Netz aufspannen, ein Textil darüberlegen und darauf eine ­doppelt gekrümmte Betonschale gießen. Forscher der ETH Zürich experimentieren mit leichten, wiederverwertbaren Schalungen.

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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    Das Kabelnetz wird in einer Konstruktion aus einem herkömmlichen Gerüstsystem und einem indivuell gefertigten Randträger aufgespannt.
    Foto: Naida Iljazovic

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    Das Kabelnetz wird in einer Konstruktion aus einem herkömmlichen Gerüstsystem und einem indivuell gefertigten Randträger aufgespannt.

    Foto: Naida Iljazovic

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    Die Knotenpunkte sind zugleich Messpunkte, deren Position im Raum mittels GPS überprüft und gegebenenfalls nachjustiert werden kann.
    Foto: Naida Iljazovic

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    Die Knotenpunkte sind zugleich Messpunkte, deren Position im Raum mittels GPS überprüft und gegebenenfalls nachjustiert werden kann.

    Foto: Naida Iljazovic

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    Die eigentliche Betonschalung ist ein Textil aus Polymer.
    Foto: Naida Iljazovic

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    Die eigentliche Betonschalung ist ein Textil aus Polymer.

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    Forschung zur digitalen Fertigung ist immer auch Materialforschung.
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    Forschung zur digitalen Fertigung ist immer auch Materialforschung.

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    So musste eine Betonmischung ent­wickelt werden, die flüssig genug ist, um durch die Maschen der Carbon-Bewehrung zu laufen, ...
    Foto: Naida Iljazovic

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    So musste eine Betonmischung ent­wickelt werden, die flüssig genug ist, um durch die Maschen der Carbon-Bewehrung zu laufen, ...

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    ... und zäh genug, um an den steilen Stellen nicht abzurutschen.
    Foto: Michael Lyrenmann

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    ... und zäh genug, um an den steilen Stellen nicht abzurutschen.

    Foto: Michael Lyrenmann

Flexible Mehrwegschalung

Ein Netz aufspannen, ein Textil darüberlegen und darauf eine ­doppelt gekrümmte Betonschale gießen. Forscher der ETH Zürich experimentieren mit leichten, wiederverwertbaren Schalungen.

Text: Friedrich, Jan, Berlin

Betonschalen – so elegant und materialsparend sie sind, der Aufwand, eine doppelt gekrümmte Schale herzustellen, ist enorm. Im Grunde baut man ein Schalen-Bauwerk zweimal. Zuerst als Schalung (aus Holz oder Hartschaum), auf die im zweiten Schritt die eigentliche Betonschale gegossen wird. Die Schalung herzustellen, das ist aufwendige Handwerksarbeit, was die Bauweise in Regionen, in denen Arbeitskraft teuer ist, unwirtschaftlich macht. Vor allem aber: Die Schalung ist normalerweise nur ein einziges Mal zu verwenden. So entsteht, obwohl die Betonschale selbst aus extrem wenig Material gefertigt ist, über die Maßen viel Abfall.
Um diesen Widerspruch aufzulösen, muss man folglich das Schalungsproblem in den Griff kriegen. Eben das ist einer der Forschungsschwerpunkte der von Philippe Block und Tom Van Mele geleiteten Block Research Group an der ETH Zürich. Gemeinsam mit Partnern aus der Industrie haben die Forscher ein neuartiges, mehrfach verwendbares Schalungssystem entwickelt. Dabei wird ein Netz aus Stahlseilen in eine Gerüstkonstruktion gespannt; ein auf diesem Netz ausgebreitetes Textil aus Polymer dient dem Beton als Schalung.
Umfassend erprobt wurde das System an einem Prototyp für das Dach von „HiLo“, einer Wohneinheit auf dem NEST-Forschungsgebäude, das die Eidgenossische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf bei Zürich errichtet (Bauwelt 14.2018). HiLo ist ein zweigeschossiges Penthouse unter einer doppelt gekrümmten, siebeneinhalb Meter hohen Dachschale, die eine Fläche von 162 Quadratmetern überspannt. Das Dach soll zweischalig mit dazwischenliegender Dämmschicht ausgeführt werden. Als Prototyp wurde im Robotic Fabrication Lab der ETH Zürich die untere Schale dieses Daches im Maßstab 1:1 gebaut.
Das Seilnetz wiegt nur 500 Kilo, das Textil 300 Kilo, zusammen trugen sie 20 Tonnen nassen Beton. Die Herausforderung dabei: Bringt man eine solche Menge Beton auf ein flexibles Gebilde aus Kabeln und Textil auf, wird die Konstruktion irgendeine Form annehmen – nur nicht die zuvor berechnete. Die aber ist für das Tragverhalten der fertigen Schale unabdingbar. Deshalb musste es gelingen, das Kabelnetz so vorzuspannen, dass es sich unter dem Gewicht des nassen Betons exakt in die vorbestimmte Form verformt. Erreichen ließ sich das durch eine ungleichmäßige Verteilung der Kräfte in den Stahlkabeln, die mittels einer von der Block Research Group entwickelten Berechnungsmethode bestimmt wurde.
Trotz aller digitaler Berechnungs- und Fertigungsmethoden, die in einzelnen Schritten bei der Herstellung der Seilnetz-Textil-Schalung Anwendung fanden, steckt im Aufbau der Schalung und im Betonieren der Schale eine Menge Handwerk. Das ist durchaus im Sinn der Forscher: Schließlich sollen digitale Fertigungsmethoden vor allem die Qualität des Bauens verbessern und das Spektrum an Möglichkeiten erweitern – und nicht zwangsläufig alle menschliche Arbeit am Bau durch Roboter ersetzen. Die Präzision, die hier nötig war, würde sich jedoch etwa ohne digitale Messmethoden nie erreichen lassen. Ein Beispiel: Um nach Aufbau des Seilnetzes überprüfen zu können, ob es tatsächlich exakt die berechnete Form hat, sind alle Knotenpunkte des Netzes Messpunkte. So kann über GPS die Position jedes Knotens kontrolliert werden, Abweichungen lassen sich nachjustieren.
Mit den Erkenntnissen, die aus dem Prototyp gewonnen wurden, soll 2019 das HiLo-Dach auf dem NEST-Forschungsbau realisiert werden.
Fakten
Architekten Block Research Group, ETH Zürich; supermanoeuvre, Sydney; Bollinger + Grohmann, Frankfurt am Main
aus Bauwelt 23.2018
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