Bauwelt

Geprägt durch Vielseitigkeit

Die Schau „Harald Deilmann – Lebendige Architektur“ ist noch bis zum 7. November im Baukunstarchiv NRW zu sehen.

Text: Maier-Solgk, Frank, Düsseldorf

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    Die Zentrale der WestLB in Düsseldorf in der Herzogstraße 15.
    Foto: Thomas Robbin

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    Zur Kirche St. Anna in Münster gehört außerdem eine Bücherei, die eigene Verwaltung, ein Jugendbereich sowie Büro- und Veranstaltungsräume.
    Foto: Stefan Rethfeld

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    Dem denkmalgeschützten Rathaus in Gronau steht eine Sanierung bevor.
    Fotos: Thomas Robbin

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    Dem denkmalgeschützten Rathaus in Gronau steht eine Sanierung bevor.

    Fotos: Thomas Robbin

Geprägt durch Vielseitigkeit

Die Schau „Harald Deilmann – Lebendige Architektur“ ist noch bis zum 7. November im Baukunstarchiv NRW zu sehen.

Text: Maier-Solgk, Frank, Düsseldorf

Kann Architektur lebendig sein? Und woran macht man eine solche Etikettierung fest? Zwar kommt die Beschreibung von Architektur fast nie ohne Metaphern aus; wenn man aber die Ausstellung „Harald Deilmann – Lebendige Architektur“ besucht, die im Dortmunder Baukunstarchiv anlässlich des 100. Geburtstags des Architekten (coronabedingt ein Jahr verspätet) zu sehen ist, dann kommt man um die Frage nicht herum. Deilmann, der im Vergleich zu Paul Schneider-Esleben, zu Bernhard Pfau, Sep Ruf, Egon Eiermann oder dem im gleichen Jahr 1920 geborenen Gottfried Böhm an Bekanntheit etwas zurücksteht, hat ein nicht weniger breites Werk wie diese Kollegen der deutschen Nachkriegsmoderne hinterlassen. Insgesamt 1700 Projekte zählt man im Baukunstarchiv NRW, das über den Nachlass des Architekten wacht. Deilmann hatte an der TU Dortmund die Fakultät Bauwesen gegründet, die in ihrer engen Verbindung von Architektur und Ingenieurbaukunst Modellcharakter erlangte und er hat prominente Projekte geschaffen, die überregional Aufmerksamkeit fanden: Das Stadttheater Münster, einer der ersten Theaterneubauten nach dem Krieg (1956), dessen leichte, stimmungsvolle Nachkriegsmoderne noch immer überzeugt. Das gilt ähnlich auch für das Opernhaus der Stadt Essen, das Deilmann nach einem Entwurf von Alvar Aalto in freier Interpretation in einem hellen Granit realisieren konnte. Und es gilt für den gegen Ende seiner beruflichen Karriere gebauten Düsseldorfer Fernsehturm (1982 fertiggestellt), der in seiner eleganten Kelchform als einer der schönsten Türme dieser Art in Deutschland gelten kann. Was ihm gegenüber den erwähnten Kollegen abging, das war die Zuordnung zu einem eindeutigen Stil, eine formale Einheitlichkeit, die die Wiedererkennbarkeit begünstigte.
Deilmanns in über drei Jahrzehnten geschaffenes Werk ist stattdessen geprägt durch Vielseitigkeit. Sie kommt zunächst in der Vielfalt an Bauaufgaben zum Ausdruck. Die Ausstellung (kuratiert von Stefan Rethfeld) greift dies auf, indem sie acht Projekte entlang einer Gliederung nach Funktionen bzw. Gebäudetypen vorstellt: Städtebau, Wohnungsbau, Schulbauten, worunter auch die John-F.-Kennedy-Schule in Berlin gehört, Kultur- und Klinikbauten, Unternehmenssitze, Bauten des Gemeinwesens, Innenarchitektur. Der Architekturhistoriker Wolfgang Pehnt schrieb einmal, Deilmann habe für die vielen profanen Aufträge, die er zu bearbeiten hatte, „Formeln gefunden, die seine Rathäuser, Verwaltungsbauten oder Kaufhäuser aus der Menge des kommunalen Einerleis hervorhoben“.
Das gilt in besonderer Weise auch für Deilmanns Unternehmensbauten. Für die ehemals größte deutsche Bank, die WestLB, entwarf er in Münster (1967), in Dortmund, Düsseldorf und schließlich in Luxemburg (1976) eine hochgradig markante Form von Corporate Architecture, die sich durch eine gestaffelt terrassenförmige Kubatur und einen horizontalen schwarz-weißen Fassadenaufbau auszeichnete, der sich im Wechsel von dunkel getönten Glasflächen und weißen, unten abgerundeten Brüstungsbändern aus Leichtbeton-Fertigteilen präsentiert. Das Schema, insbesondere die weißen Brüstungen, wurde vielfach kopiert und avancierte seinerzeit (ähnlich den Eiermann’schen Kaufhausrauten) fast zu einem zeittypischen Designdokument.
Was also heißt lebendige Architektur? Eine „Haltung statt Stil“, eine an der Funktion orientierte Herangehensweise bei den Bauaufgaben, so oder ähnlich würde wohl die meisten Büros ihre Arbeit charakterisieren. Die Antwort kann vermutlich erschöpfend nur eine Detailanalyse jedes einzelnen Gebäudes leisten. Darüber hinaus zeichnet sich gute Architektur dadurch aus, dass man im Verlauf der Jahre und Jahrzehnte an den Gebäuden zunehmend Gefallen findet. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass inzwischen mindestens sechs Gebäude Deilmanns unter Denkmalschutz stehen, darunter auch das von Eller und Eller 2017 denkmalgerecht sanierte WestLB-Gebäude in Dortmund; weitere Kandidaten gibt es, so Stefan Rethfeld. Allerdings wurden auch bereits mehrere Gebäude abgerissen. Die Architektur der 1960er und 1970er-Jahre steht hinsichtlich ihres Fortbestehens bekanntlich auf der Kippe. Bleibt daher zu hoffen, dass die Ausstellung einmal mehr die Qualitäten der Architektur dieser Jahre am Beispiel Deilmann ins Bewusstsein rückt.

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