Bauwelt

Hand in Hand: analog und digital

Der Ursprung der pseudoanalogen Zeichnung liegt in Japan. Die Intention damals: die Realität fik­tiv wirken lassen und Spontanität in der Pla­-nung suggerieren Tatsächlich verbirgt sich hinter den Zeichnun­gen der raffinierte Einsatz digitaler Werkzeuge.

Text: Meystre, Olivier

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    Die Collage für den Entwurf Row House kombiniert verschiedene Darstellungsweisen und ist digital hergestellt worden.
    Abbildung: Junya Ishigami

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    Die Collage für den Entwurf Row House kombiniert verschiedene Darstellungsweisen und ist digital hergestellt worden.

    Abbildung: Junya Ishigami

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    Die kindliche Zeichnung übermittelt den Charakter des Entwurfs. Das Haus in Chayagasaka wurde für eine kleine Familie ent­worfen.
    Schnitt: Tetsuo Kondō

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    Die kindliche Zeichnung übermittelt den Charakter des Entwurfs. Das Haus in Chayagasaka wurde für eine kleine Familie ent­worfen.

    Schnitt: Tetsuo Kondō

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    Mit nur wenigen Strichen ensteht eine räumliche Zeichnung.
    Abbildung: Hideyuki Na­kayama

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    Mit nur wenigen Strichen ensteht eine räumliche Zeichnung.

    Abbildung: Hideyuki Na­kayama

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    Geschnittene Wände, Nasszellen, Treppen
    Abbildung: Ryūe Nishizawa und Taeko Nakatsubo

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    Geschnittene Wände, Nasszellen, Treppen

    Abbildung: Ryūe Nishizawa und Taeko Nakatsubo

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    Die Grundrisse des Projekts House and Garden lassen Interpretationsspielräume zu.
    Abbildung: Ryūe Nishizawa und Taeko Nakatsubo

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    Die Grundrisse des Projekts House and Garden lassen Interpretationsspielräume zu.

    Abbildung: Ryūe Nishizawa und Taeko Nakatsubo

Hand in Hand: analog und digital

Der Ursprung der pseudoanalogen Zeichnung liegt in Japan. Die Intention damals: die Realität fik­tiv wirken lassen und Spontanität in der Pla­-nung suggerieren Tatsächlich verbirgt sich hinter den Zeichnun­gen der raffinierte Einsatz digitaler Werkzeuge.

Text: Meystre, Olivier

Viele japanische Architekten warten bei der Präsentation ihrer Entwürfe mit Plänen auf, deren weitaus größter Teil nach Handarbeit in alter Manier aussieht: Allenthalben finden sich filigrane und delikat kolorierte Handzeichnungen, mit Bleistift aufs Papier geworfene Skizzen oder Abbildungen von bis ins Detail ausgearbeiteten, manuell gefertigten Architekturmodellen. Statt an Entwurfszeichnungen im herkömmlichen Sinne lässt die Anmutung der verwendeten Bilder und Zeichnungen dabei eher an Illustrationen denken.
Um die eigentliche Darstellung von Architek­-tur geht es dabei erst in zweiter Linie, im Vordergrund steht das assoziative Beschreiben von Nutzungsoptionen durch die grafische Abstraktion sublimierter Bild-Erzählungen von verträumt-puppenstubenkleinen Miniaturwelten und von der Poesie des Alltäglichen. Solche Zeichnungen werden nicht – jedenfalls nicht ausschließlich – für die spätere Veröffentlichung gemacht. Sie entstehen im Zuge des Entwurfsprozesses, als Stationen und Werkzeuge der konzeptuellen Ausarbeitung. Gerade der Aspekt einer rasch aufs Papier geworfenen Zeichnung vermittelt den Charakter absichtsloser Offenheit. „Bei einer frei aus der Hand gezeichneten Bleistiftskizze bleibt alles offen für Änderungen“, beschreibt Hideyuki Nakayama 2012 die Strategie. „Die Botschaft lautet: Wir sind immer noch an einem Punkt, wo alles ausradiert und neu gezeichnet werden kann, noch ist nichts fix.“
Der Eindruck täuscht. Hinter dem vorgeblichen Bann digitaler Bildverfahren verbirgt sich in Wahrheit der raffinierte Einsatz von Rechner, Digitalkamera und Scanner. Der von Tetsuo Kondō präsentierte Schnitt durch seinen Entwurf für ein Haus in Chayagasaka spielt mit dem Charme einer mit Buntstift kolorierten Handzeichnung. Man bekommt den Eindruck einer fast schon manischen Akribie. Doch die kaum wahrnehmbare Wiederholung von Schraffuren verrät das Copy-Paste. Das Blattwerk der Sträucher wurde mehrfach geklont, die Bäume am Bildrand sind identisch. Die Architekturskizze, die auf den ersten Blick alle Eigenheiten einer Handzeichnung aufweist, entpuppt sich als subtile Collage aus Einzelelementen, die zwar zunächst von Hand auf Papier gezeichnet, doch im Anschluss eingescannt, dupliziert und am Bildschirm neu arrangiert worden sind. Derselbe hybride Duktus findet sich auch in der Zeichnung von Junya Ishi­gami (Seite 58). Die Linienführung, die ohne weiteres als das Ergebnis von Stift auf Papier durchgeht, wurde in Wirklichkeit direkt am Rechner erstellt. Der genaue Blick auf die kleinen, bunt zusammengesetzten Welten macht in strenger Gleichförmigkeit wiederholte Elemente aus: simples kopieren. Digitale Software wird zum Kata­lysator für den Einsatz analoger Arbeitsweisen.
Als Ergebnis dieser hybriden Verfahren bildet sich eine Praxis heraus, die die Verschmelzung vonanalog und digital immer noch weiter auf die Spitze treibt; der Punkt, dass Bilder wie von Hand gezeichnet wirken, jedoch „in echt“ ausschließlich am Rechner erstellt wurden, ist längst erreicht. Ein weiteres Beispiel dafür sind etwa die Detailzeichnungen von Ryūe Nishizawa aus dem Jahr 2010. All die grafischen Hinweise, die auf eine manuelle, fast schon taktile Wirkung abzielen, sind per digitaler Collage nachträglich eingefügt. Das Zeitalter des Pseudoanalogen ist angebrochen.
Wenn der Output dieser Architekten auch den Anschein einer gewissen Einfachheit der Mittel erweckt, erbringt die genaue Analyse den Nachweis einer perfekten Beherrschung des verwendeten Handwerkszeugs, das mit komplex-methodischer Vielschichtigkeit eingesetzt wird. Deutlich lassen sich damit auch die ganz unterschied­lichen Zielsetzungen aufzeigen: Entwurfswerkzeug für gemeinschaftliches Arbeiten, für den offenen Dialog mit Kunden oder für den Einsatz bei neuen konzeptuellen Strategien mit der gesamten Palette an verfügbaren Techniken – von der modernsten digitalen Software bis hin zum althergebrachten Zeichenstift.
Aus dem Französischen von Agnes Kloocke

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