Bauwelt

Ich bin der Zürichsee

Die Ausstellung „Wasser. Gestaltung für die Zukunft“ des Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg in Zusammenarbeit mit Jane Withers Studio London wird aktuell im Museum für Gestaltung Zürich gezeigt. Sie versammelt fragmentarisches Wissen zum Element Wasser und Ansätze zum Umgang mit Wasser in Architektur, Städtebau und Design – aktuelle Versuche und Historisches, wissenschaftliche Erkenntnisse sowie politische und gesellschaftliche Kampagnen, mit dem Ziel, die Notwendigkeit einer bewussten und verantwortungsvollen Wassernutzung sichtbar zu machen.

Text: Wittmann, Franziska, Zürich

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    In Marokko am Berg Boutmezguida nahe der Küstenstadt Sidi Ifni wird atmosphärischer Wasserdampf aus Wolken und Nebel gesammelt. Dort steht der größte Nebelkollektorpark der Welt.
    Peter Trautwein (Aqualonis GmbH), WasserStiftung, CloudFisher, 2016-ongoing. © Peter Trautwein

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    In Marokko am Berg Boutmezguida nahe der Küstenstadt Sidi Ifni wird atmosphärischer Wasserdampf aus Wolken und Nebel gesammelt. Dort steht der größte Nebelkollektorpark der Welt.

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    Almeria in Spanien ist eigentlich eher trocken und wenig fruchtbar. Hier befindet sich die weltweit größte bewässerte Anbaufläche unter Plastikplanen für Paprika, Tomaten, Auberginen, Bohnen, Gurken, Zucchini, Melonen und Zierpflanzen.
    Tom Hegen, The Greenhouse Series II_N°°TGSII10, 2021. © Tom Hegen

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    Almeria in Spanien ist eigentlich eher trocken und wenig fruchtbar. Hier befindet sich die weltweit größte bewässerte Anbaufläche unter Plastikplanen für Paprika, Tomaten, Auberginen, Bohnen, Gurken, Zucchini, Melonen und Zierpflanzen.

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    Rose-Lynn Fisher, „The brevity of time (out of order) losing you“, 2011, aus Topography of Tears series.
    © Rose-Lynn Fisher

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    Rose-Lynn Fisher, „The brevity of time (out of order) losing you“, 2011, aus Topography of Tears series.

    © Rose-Lynn Fisher

Ich bin der Zürichsee

Die Ausstellung „Wasser. Gestaltung für die Zukunft“ des Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg in Zusammenarbeit mit Jane Withers Studio London wird aktuell im Museum für Gestaltung Zürich gezeigt. Sie versammelt fragmentarisches Wissen zum Element Wasser und Ansätze zum Umgang mit Wasser in Architektur, Städtebau und Design – aktuelle Versuche und Historisches, wissenschaftliche Erkenntnisse sowie politische und gesellschaftliche Kampagnen, mit dem Ziel, die Notwendigkeit einer bewussten und verantwortungsvollen Wassernutzung sichtbar zu machen.

Text: Wittmann, Franziska, Zürich

Damit sich Leben entwickeln kann, gilt Wasser als Voraussetzung. Wo, in welcher Menge und in welchem Zustand Wasser auf den Planeten in unserem und in anderen Sonnensystemen vorkommt, ist von großem Interesse in der Forschung. Auf der Erde zirkuliert Wasser – es verdunstet, wandert in Wolken weiter und kommt als Regen oder Schnee wieder zurück auf die Erdoberfläche. Wir befinden uns in diesem Kreislauf – atmen ein und aus, trinken, schwitzen, vergießen Tränen. Unsere Beziehung zum Wasser ist sowohl physisch – unsere Körper bestehen zu einem großen Teil aus Wasser und wir sind auf sauberes Wasser angewiesen – als auch Sehnsucht: Die Schönheit, auch die Gefahr von Meeren und Ozeanen wie von schnee- und eisbedeckten Gebirgen berühren uns zutiefst.
„Ich bin der Zürichsee“, hörte ich meinen 11-Jährigen letzten Sommer sagen, als er durch einen der vielen heftigen Regenfälle – wie vielerorts in Europa im Juli 2024 – nach Hause kam. Der Satz blieb mir als Bild dafür im Gedächtnis, wie sehr unsere Existenz mit unserer Umwelt, Klima und Wetter, dem Spiel der Phänomene verwoben ist.
Informationen, Vermittlung und Diskurs um Nachhaltigkeit, Klimakrise und den Umgang mit den Ressourcen sind seit Jahren und breit vertreten. Aber wie könnte es gelingen, damit wir Zusammenhänge begreifen, entsprechend handeln und Verantwortung übernehmen? Die Ausstellung „Wasser. Gestaltung für die Zukunft“ zeigt 70 Projekte und Konzepte in verschiedenen Maßstäben, globale wie lokale Initiativen zum Umgang mit Wasser.
Am Beginn der Ausstellung steht das Wasser in der Geschichte: die Entstehung der Ozeane und des Lebens, Brunnen, erste Wasserinfrastrukturen, frühe Wasserkonflikte, Fluten und Dürren, heilige Wasser, Wasserstudien. Die Texte und Exponate – Bilder, Krüge, Weihwasser, ein hölzerner und reich verzierter Kahn – sind gewählte Fragmente und machen doch Wasser als kostbares Element spürbar und lassen Zeiten erahnen, in denen Wasser nicht nur Ressource war, sondern Teil eines Ganzen und etwas, zu dem wir physiologisch, kulturell wie spirituell in Verbindung standen.
Mit der Industrialisierung, Kolonialisierung und Kommerzialisierung wurden viele dieser sinnlichen wie sinnstiftenden Zusammenhänge verdrängt. Inzwischen ist sauberes Wasser als Menschenrecht anerkannt, aber doch zur Ware geworden. In den Vordergrund gerieten die Pro­bleme: um die Trinkwasserversorgung, die Suche nach Abwasserlösungen, den enormen Wasserbedarf der Industrie und Landwirtschaft – mit erheblichen Auswirkungen durch Verschmutzung mit chemischen Substanzen bis hin zur Übernutzung von Wasserressourcen. Der Anstieg des Meeresspiegels, der Rückgang der Gletscher, häufiger gewordene Dürren und Überschwemmungen zeigen den veränderten Wasserkreislauf im Klimawandel.
In der Ausstellung sammeln sich Nebelfänger, Tonkrüge mit collodialem Silber als Wasserfilter, Kompost- oder Trockentoiletten, schwimmende Gewächshäuser, der Soundtrack aus einem Re­wilding-Projekt, ein Surfanzug aus umweltschonenderen Materialien, alternative Rohrleitungen, eine Regenwasseraufbereitung, eine Sauna im Industriehafen, Retentionsflächen oder innere Gärten in Städten. Es geht dabei um unsere Körper, um Ökosysteme, um Infrastrukturen, Technologien und Städte. Man bekommt eine Ahnung von vielen Projekten, ohne tiefer einzutauchen. Die Texte, Darstellungen, Fotografien, Objekte und zahlreichen Bildschirme zeigen leise und lautere Ideen, Notwendigkeiten oder Alternativen. Dabei ist der Grat zwischen der Forderung nach Achtsamkeit und dem Ruf nach Aufmerksamkeit manchmal schmal.
Die Projekte haben beste Absichten und erhoffen sich eine Wirkung, einen Wandel in der Gesellschaft. Dass die Ausstellung von Hamburg nach Zürich gekommen ist, erstaunt nicht – Wasser ist in Zürich mit dem See, mit Sihl und Limmat und mehr als 1200 Trinkwasserbrunnen, die Zürich zur brunnenreichsten Stadt der Welt, machen von großer Präsenz. In der Ausstellung bleibt der Ort – abgesehen von der Erwähnung der vielen Brunnen und wenigen lokalen Beispielen – aber außen vor. So wird in der Tiefe des Toni-Areals, umgeben von sehr viel Beton innen und Teer außen wieder die Frage laut, wo der Schlüssel liegen könnte?
Etwa zeitgleich zur Ausstellung „Wasser. Gestaltung für die Zukunft“ läuft in den Schweizer Kinos der Film „Greina“ von Patrick Thurston. Sein Vater, der Architekt und Künstler Bryan Thurston, setzte sich jahrelang mit seinen Zeichnungen gegen den geplanten Stausee in der Hochebene ein. Der Erhalt der Greina spricht für die bewirkende Kraft von Kunst und Poesie, von Sorgetragen und der Sehnsucht nach Schönheit. Natur ist nicht nur Ressource, sondern ein lebendiges Geflecht, in dem wir uns befinden.

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