Bauwelt

In der Tradition der Landschaftsmalerei

Grafische Mappenwerke aus der DDR im BLMK in Frankfurt (Oder) ausgestellt

Text: Hamm, Oliver G., Berlin

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Peter Sylvester: Awarische Spur I, 1979, Farbaquatinta
Copyright: VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Künstler. Foto: Marlies Kross

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Peter Sylvester: Awarische Spur I, 1979, Farbaquatinta

Copyright: VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Künstler. Foto: Marlies Kross


In der Tradition der Landschaftsmalerei

Grafische Mappenwerke aus der DDR im BLMK in Frankfurt (Oder) ausgestellt

Text: Hamm, Oliver G., Berlin

Druckgrafiken aus einem Zeitraum von rund hundert Jahren sind ein wesentlicher Bestandteil der Sammlung des Brandenburgischen Landesmuseums für moderne Kunst (BLMK) in Frankfurt (Oder) und Cottbus. Der Großteil der Werke stammt aus den 40 DDR-Jahren und sind thematisch wie stilistisch vielfältig. In einer dreiteiligen Ausstellung „Grafische Mappenwerke aus der DDR“ – an der sich auch das Museum Utopie und Alltag in Eisenhüttenstadt beteiligt – bietet das BLMK einen Überblick über den eigenen Fundus in den Bereichen Literatur (in Cottbus) und Landschaft (in Frankfurt).
Der Begriff „Landschaft“ wird in Frankfurt bewusst weit gefasst, was sich auch im Titel der Teilausstellung ausdrückt: „Zwischen Arkadien und Wohngebiet“. 260 Blätter aus 22 Mappen, von 70 Künstlerinnen und Künstlern in den Jahren 1947 bis 1993 geschaffen, hat Kustode Armin Hauer für die Rathaushalle ausgewählt. Zu thematischen Gruppen zusammengestellt, die sich sowohl an traditionellen Landschaftskategorien wie Gebirgs- und Seenlandschaften, aber auch an den Sujets Stadt-, Dorf-, Industrie- sowie Sehnsuchts- und Denklandschaften orientieren, vermitteln die Einzelblätter und auch die Originalmappen ein Spektrum von Bildmotiven, künstlerischen Handschriften und druckgrafischen Techniken.
Den Auftakt machen drei Holzschnitte von Wilhelm Rudolph aus dem Jahr 1947, die Dresd­-ner Ruinenlandschaften zeigen. Ihm folgt Dieter Goltzsche mit seinen „Märkischen Blättern“ (Zinkgravuren, 1965/66), deren locker skizzierte Impressionen von diversen Städten und Landschaften im Berliner Umland selbst die Müllabfuhr Spindlersfeld einschließt. Die im Rahmen eines Pleinair des Verbandes Bildender Künstler der DDR (1969) in ländlicher Idylle Sachsen-Anhalts entstandene Mappe „Kamern“ enthält Lithografien, Holzschnitte und Radierungen von gleich 15 Künstlerinnen und Künstlern. Eine elfköpfige Künstlergruppe widmete sich 1975 der Sehnsuchtslandschaft Ahrenshoop; die gleichnamige Mappe bietet eine große Fülle individueller Sichtweisen, wobei Núria Quevedos Ostseelandschaft-Aquatinta mit ihren Grau- und Schwarztönen einen besonderen Akzent setzt. Von seiner Reise in eine andere Sehnsuchtslandschaft – das sozialistisch-südliche Arkadien an der damals jugoslawischen Adriaküste – brachte Peter Sylvester 1979 die Mappe „Dalmatinischer Aufenthalt“ mit zwölf Farbradierungen mit, in denen er romantische Landschaftsbilder mit antiken Architekturfragmenten überblendete.
Eine Sonderstellung in der DDR-Kunstwelt nimmt Gerhard Altenbourg ein, dem im hinteren Raum der Rathaushalle gleichsam ein Altar errichtet wurde: „Wunddenkmale“ heißt sein Seelenlandschaftswerk von 1982 mit 29 Holzschnitten, einer Zeichnung und Gedichten, die die Gewalt in der Mitte des 20. Jahrhunderts, die Altenbourg als Soldat im Zweiten Weltkrieg selbst miterlebte, manifestieren. Wunddenkmale ganz anderer Art dokumentierte Mario Dagobert Prokop mit seinen „Mauerstrukturen“ (1991/93): 14 Fotosiebdrucke von der zerlöcherten Berliner Mauer, deren Reststrukturen der Künstler mit sparsam eingesetzter Farbe zu surrealen Körperformen verfremdete.
Bauliche Strukturen als Landschaftsmotiv prägen gleich mehrere Werkgruppen. Grafisch beeindruckend im Stil des Sozialistischen Realismus, jedoch mit einem pathetischen Unterton erscheinen Erich Frankes Lithografien aus der Mappe „Autobahnbau Leipzig–Dresden“ (1971/73) mit ungewöhnlichen Brückenperspektiven in einer gewaltsam überformten Landschaft. Martin Hoffmann und Reinhard Zabka setzten 1981 zehn Offsetlithografien von Treppenhäusern in Ber­liner Gründerzeit- und Plattenbauten zu einem gewaltigen fotorealistischen Leporello zusammen, bei dem die Trennlinien zwischen Alt- und DDR-Bau manchmal erst auf den zweiten Blick erkennbar ist. Und Joseph W. Huber stellte ab den frühen 1980er- bis in die frühen 1990er-Jahre eine Fotopostkartenserie mit Bildmotiven von 16 Künstlerinnen und Künstlern zusammen, die vor allem Warn- und Verbotsschilder vor verfallenden Häusern und verschmutzten Seen und Wäldern ablichteten und somit die dahinsiechende DDR persiflierten.
Die beiden anderen Teilausstellungen sind im Dieselkraftwerk Cottbus („Prometheus & Co“, bis 20. August) und im Museum Utopie und Alltag Eisenhüttenstadt („Revolutionen“, bis 8. Oktober) zu sehen. Ein Katalog ist bislang nicht erschienen, sollte aber unbedingt noch produziert werden.

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