Bauwelt

Industry baby!

In der Völklinger Hütte nahe Saarbrücken wird das Genre des Musikvideos ausgestellt

Text: Drewes, Frank F., Berlin

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    „Du hast ‘n Pulsschlag aus Stahl, man hört ihn laut in der Nacht“ – die Verbindung von Musik und Schwerindustrie kann man bei Grönemeyer nachhören. In der Völklinger Hütte wird sie syn­ästhetisch erfahrbar.
    Foto: Frank F. Drewes

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    „Du hast ‘n Pulsschlag aus Stahl, man hört ihn laut in der Nacht“ – die Verbindung von Musik und Schwerindustrie kann man bei Grönemeyer nachhören. In der Völklinger Hütte wird sie syn­ästhetisch erfahrbar.

    Foto: Frank F. Drewes

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    Foto: Frank F. Drewes

Industry baby!

In der Völklinger Hütte nahe Saarbrücken wird das Genre des Musikvideos ausgestellt

Text: Drewes, Frank F., Berlin

Die Völklinger Hütte ist ein Musterbeispiel dafür, wie zeitgebunden Fortschrittlichkeit und Funk­tion eines Gebäudes sind. 1873 gegründet und um 1900 eines der modernsten und größten Eisen- und Stahlwerke weltweit, wurde sie 1986 stillgelegt und bereits 1994 als erstes Industriedenkmal in die Welterbeliste der Unesco aufgenommen. Seitdem steht die komplett erhaltene Anlage wie eine technoide Burg am Stadtrand von Saarbrücken und fungiert als Industriemuseum und Veranstaltungsort. Die Dramaturgie der riesigen Hallen, der Gänge und Tunnel ist so eindrücklich, dass sie nicht zwingend einer Ergänzung bedarf.
Die derzeitige Ausstellung „The World of Music Video“ scheint erst mal keinen direkten Bezug zu einem Hüttenwerk zu haben – gleichwohl die Geschichte des Filmgeschäfts ihren Anfang fast parallel zur Blüte der Völklinger Hütte nahm, die wiederum auch Bühnenbild für Filmklassiker wie Fritz Langs Metropolis oder Charlie Chaplins Moderne Zeiten hätte sein können. In der originalgetreu restaurierten Gebläsehalle samt Verdichterhalle werden auf über sechzig Großleinwänden gut achtzig Musikvideos gezeigt.
Der englische Kurzfilm „Rainbow Dance“ aus dem Jahr 1936 ist der älteste Clip und ist noch weitestgehend in Handarbeit entstanden. Videos von Andy Warhol, Joseph Beuys, David Bowie, Falco und Grace Jones stehen quasi für das Mittelalter dieses Genres wie auch für die enorme Bandbreite der Inhalte. Die Gegenwart wird unter anderem von Stromae, Deichkind und Billie Eilish verkörpert. Dabei geht es nicht nur um die musikalische und künstlerische Qualität, sondern auch um brennende Inhalte wie KI, Klimawandel, politische und physische Gewalt sowie Genderfragen. Speziell die ebenfalls vertretene russische Punkrock-Band Pussy Riot erinnert an die politische Dimension von Songs und Videos.
Die gigantische Gebläsehalle ist mit ihrer düsteren Anmutung und den riesigen Maschinen der ideale Backdrop für die Großleinwände, die in freiem Arrangement die Fläche bevölkern und somit in ein komplexes Bühnenbild transformieren. Kopfhörer, die automatisch und mit dem Bild synchronisiert die Soundtracks abspielen, sobaldman sich der Leinwand nähert, ermöglichen dieses direkte Nebeneinander unterschiedlichster Videos. Ist man gewöhnlich für die Betrachtung von (Kunst-)Videos in kleine und muffige Räume verbannt, so kann man hier die kathedralen­ar­tige Größe genießen und dennoch in der gewünschten akustischen Nische abtauchen.

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