Bauwelt

Irdene Geschöpfe

Skulpturengleich werden Vasen, Schalen und Töpfe im Mies van der Rohe Haus präsentiert und schlagen damit den Bogen zum Architekten, der den universellen Raum für Kunstobjekte schuf.

Text: Kasiske, Michael, Berlin

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    Schlüsselerlebnis der Moderne: Werke von Michael Wesely, ...
    Foto: Michal Kosakowski

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    ... Machiko Ogawa ...
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    ... und Young-Lae Leeim Mies van der Rohe Haus in Berlin.
    Foto: Michal Kosakowski

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    ... und Young-Lae Leeim Mies van der Rohe Haus in Berlin.

    Foto: Michal Kosakowski

Irdene Geschöpfe

Skulpturengleich werden Vasen, Schalen und Töpfe im Mies van der Rohe Haus präsentiert und schlagen damit den Bogen zum Architekten, der den universellen Raum für Kunstobjekte schuf.

Text: Kasiske, Michael, Berlin

Das Initial der Ausstellung „Elementare Gefäße“ war ein Bild, auf dem der Künstler Michael Wesely das historische Foto der einige Zweige haltenden Bodenvase von Otto Douglas-Hill im einstigen Haus Lemke mit einem Pendant der Gegenwart überblendet hat. Die schrundige, nur als Bild überlieferte Tonware bildet nun den Ausgangspunkt für die Objekte ausgewählter Keramikerinnen und Keramiker der Gegenwart.
Im Wohnraum fallen die grob geformten Gefäße von Kurt Spurey ins Auge. Der Österreicher ist wahrlich ein Bildhauer, denn er subtrahiert aus dem Tonklumpen die innere Hohlform mit einem Spachtel, wohingegen sich die äußere Gestalt durch bloßes Abschlagen ergibt. Uli Aigner hingegen dreht ihre Becher klassisch auf der Scheibe, wobei sie Porzellan gebraucht, das gewöhnlich gegossen wird. Für die Ausstellung hat die
in Berlin lebende Künstlerin die Serie M.V.D.R. aufgelegt, deren Teile nummeriert sind und als Teil ihres Projekts „one-million“ auf einer Weltkarte verortet werden.
Am Baum auf der Terrasse steht die doppelwandige Schale von Thomas Bohle, deren schwarze, spiegelnde Glasur die Umgebung in die Tiefe des Fußes einsaugt. Wie bei allen anderen Exponaten handelt es sich bei der Arbeit des Österreichers um eine „Form ohne Ornament“, was Titel einer Ausstellung des mit Ludwig Mies van der Rohe verbundenen Werkbunds 1924 war als auch Losung von Douglas-Hill, der zeitlebens
mit Glasuren experimentierte.
Die Oberflächen der vier Gefäße im Arbeitsraum bekräftigen denn auch die Ästhetik des in der japanischen Keramik verblüffend perfektionierten Unvollkommenen. Ichiro Hori etwa treibt die Hitze seines Brennofens auf rund 1400 Grad Celsius, so dass die Asche des Holzes schmilzt und sich als Glasfilm auf das Gefäß legt, in unterschiedlichen Farben je nach Ofenstandort. Bei seiner Kollegin Machiko Ogawa hingegen hat der langjährige Aufenthalt in Burkina Faso Spuren hinterlassen, ihre Schale erscheint roh und unvollendet.
Ähnlich wirken die Postamente für die Inszenierung. Der dem Upcycling verpflichtete Berliner Tischler Michele Cavaliere verwandte bereits zuvor benutzte Bretter, die er abschließend bis auf eine imaginäre Fußleiste weißte. Dennoch zeugen die Gebrauchsspuren von einem vorherigen Leben, das im ehemaligen Schlafraum kontrapunktisch wirkt. Eine Gruppe von schlanken Spindelvasen balanciert auf ihren Standflächen, so dass der Raum nur einzeln betreten werden soll. Die Koreanerin Young-Jae Lee, langjährige Leiterin der Keramischen Werkstatt Margaretenhöhe in Essen, erreicht den Effekt durch das Zusammenfügen zweier Trichterformen, so dass sich die Mitte der Vase stark wölbt.
Den Bezug zu Mies van der Rohe zeigt zum einen der im Booklet abgebildete „Glasraum“ der Stuttgarter Werkbundausstellung 1927 mit der Wechselwirkung zwischen Architektur und Skulptur, hier von Wilhelm Lehmbruck wie beim berühmten Barcelona-Pavillon. Zum anderen waren dem Architekten die Oberflächen der Materialien stets Schmuck genug, was einige, die sich heute eifrig auf ihn beziehen, vergessen haben.
Dem Mies van der Rohe Haus ist erneut gelungen, ganz beiläufig seinem Namensgeber zu huldigen. Im Streben dieser Institution nach ausreichenden Veranstaltungs- und Arbeitsräumen bahnt sich aktuell eine überraschende Lösung an, nämlich das Kaufangebot eines Hauses in unmittelbarer Nachbarschaft. Damit wäre die nicht unumstrittene Erweiterung auf dem eigenen Grundstück hinfällig. Ob Land und Bezirk diese Chance erkennen?

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