Bauwelt

New Bauhaus

Das Bauhaus-Archiv in Berlin zeigt eine umfangreiche Ausstellung zu Fotografie und Film am New Bauhaus Chicago

Text: Notker, Hanns O., Berlin

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    Arthur Siegel, Rainy Day, aus der Serie State Street, 1952
    © bpk/The Art Institute of Chicago/Art Resource, New York/Arthur S. Siegel

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    Arthur Siegel, Rainy Day, aus der Serie State Street, 1952

    © bpk/The Art Institute of Chicago/Art Resource, New York/Arthur S. Siegel

New Bauhaus

Das Bauhaus-Archiv in Berlin zeigt eine umfangreiche Ausstellung zu Fotografie und Film am New Bauhaus Chicago

Text: Notker, Hanns O., Berlin

Das „Bauhausjahr“ 2019 mit umfangreichem Veranstaltungsprogramm wirft seine Schatten voraus: in Berlin mit der letzten Ausstellung vor der vorübergehenden Schließung des Bauhaus-Archivs, das ab Anfang März saniert und um einen Erweiterungsbau von Staab Architekten ergänzt werden wird. Die Schau richtet ihren Blick auf Fotografie und Film an einer Nachfolgeinstitution des 1933 geschlossenen Bauhauses, des 1937 gegründeten New Bauhaus Chicago, das sich allerdings schon ein Jahr später in School of Design (bis 1944) und schließlich in Institute of Design (ID) umbenannte und als solches auch heute noch besteht, als Teil des Illinois Institute of Technology. Gastkuratorin Kristina Lowis schöpft weitgehend aus der New-Bauhaus-Sammlung des Bauhaus-Archivs mit Materialien aus den späten 30er- bis 80er-Jahren.
Im Mittelpunkt der bisher umfassendsten Schau zur Fotografie am New Bauhaus Chicago/ID außerhalb der USA stehen rund 200 Fotogra­fien und 20 Filme. Zusätzlich gewähren eine Vielzahl von Dokumenten und Publikationen tiefe Einblicke in die wechselvolle Geschichte und in die Besonderheiten der Lehrpraxis einer der bedeutendsten Ausbildungsstätten für Fotografie in den USA. Diese war 1937 vom ehemaligen Bauhaus-Lehrer László Moholy-Nagy gegründet worden, dessen gemeinsam mit György Kepes und Arthur Siegel begründeter Fotografieunterricht zunächst Teil eines interdisziplinär angelegten Grundkurses am New Bauhaus Chicago war. Diese „Foundation“ stellte „in kreativer Hinsicht eine grundlegende Neuorientierung, eine Tabula rasa dar, die für alle Studierenden Pflicht war“, so Kuratorin Kristina Lowis. „Die unvoreingenommene Materialerfahrung und das systematische Experimentieren setzten individuelle Gestaltungsstrategien frei, welche die in den USA bis dahin vorherrschende klassische kunstakademische Ausbildung eher unterdrückte.“
László Moholy-Nagy hatte schon in Deutschland mit Foto und Film experimentiert, auch in den fast zehn Jahren seiner freiberuflichen Tätigkeit nach dem Ausscheiden aus dem Bauhaus 1928. Die Berliner Ausstellung belegt nun, wie einflussreich der 1937 auf Vermittlung von Walter Gropius nach Chicago übergesiedelte Gründungsdirektor des New Bauhaus Chicago war. Werke wie György Kepes’ Fotografie „Eggs and Strings“ (1942) oder Charles Swedlunds elf Jahre nach Moholy-Nagys Tod angefertigtes Fotogramm eines Babys („Ohne Titel“, 1957) wären ohne dessen Vorarbeiten sicher nicht entstanden. Mit seinem postum erschienenen Buch Vision in Motion (1947) legte Moholy-Nagy zudem den Grundstock für die Beispielsammlung des ID als Basisprogramm der Ausbildung bis in die 70er-Jahre hinein.
Experimente von Fotogrammen über vielfältige Spielformen der Fotografie bis zum bewegten Bild standen von Anfang an – und bis zur Einstellung eines eigenständigen Fotoprogramms am ID im Jahr 2001 – im Zentrum der Ausbildung. Diese brachte über 200 Fotografen hervor, von denen viele später selbst in Chicago oder andernorts lehrten. Mit Arbeiten von unter anderem Nathan Lerner, Arthur Siegel – dem ersten Leiter der 1946 neu gegründeten Fotografie-Abteilung –, Harry Callaghan und Aaron Siskind, die die Schule nach Moholy-Nagy besonders prägten, aber auch von zahlreichen bislang wenig bekannten Studenten zeigt das Bauhaus-Archiv eine große Bandbreite an Foto- und Filmarbeiten, die vom offenen Geist an dieser speziellen „Schule des Sehens“ künden.
Die Großstadt Chicago mit ihren Kontrasten – Mikro- und Makrostrukturen, Lichter und Schatten, Abriss und Neubau – bot den Fotokünstlern eine Fülle von Themen und Motiven für ihre Arbeiten. Mit Gemeinschaftsprojekten wie der Dokumentation der durch Abriss vom Verschwinden bedrohten Bauten des Architekturbüros Adler & Sullivan (1952) oder soziologischen Studien mischte sich das ID immer wieder auch in den gesellschaftlichen Diskurs ein – so wie es auch heutige Fotografen tun, wie die Ausstellung anhand einiger zeitgenössischer Beispiele aus Chicago belegt.

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