Raum 3 auf N2
Mannheim soll eine neue Bibliothek auf Planquadrat N1 bekommen, am Dalbergplatz im Stadtzentrum. Bruno Fioretti Marquez gingen als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Sie möchten in der Mitte der Stadt Bäume pflanzen.
Text: Kraft, Caroline, Mannheim
Raum 3 auf N2
Mannheim soll eine neue Bibliothek auf Planquadrat N1 bekommen, am Dalbergplatz im Stadtzentrum. Bruno Fioretti Marquez gingen als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Sie möchten in der Mitte der Stadt Bäume pflanzen.
Text: Kraft, Caroline, Mannheim
Barockschloss, Schulhaus, Jugendstilbad – so unterschiedlich diese Bauten, eines haben sie gemeinsam: Alle haben auf kurz oder lang einmal den Bestand der Mannheimer Stadtbibliothek beherbergt. Aktuell ist er auf zwei Häuser verteilt: Die Kinder- und Jugendbibliothek im Dalberghaus und die Zentralbibliothek im 450 Meter entfernten Stadthaus N1. Dieses postmoderne Stadthaus war bereits vor Baubeginn umstritten. Inzwischen ist es in schlechtem Zustand und viel zu klein, ein Abriss wahrscheinlich. Weder die Kinder- noch die Zentralbibliothek sind barrierefrei, doch sie zählen zu den meistbesuchten Bildungseinrichtungen der Stadt.
Mannheim ist bekannt für seine Kreativszene, ist UNESCO City of Music. Die Stadt bietet ein umfangreiches Kulturangebot. 2023 wird die BUGA hier stattfinden, und bis 2050 möchte die Stadt klimaneutral sein. In diesem Rahmen ist eine Reihe von Maßnahmen geplant: Städtische Gebäude sollen vorbildhaft für nachhaltiges Bauen neu entstehen oder umgerüstet werden – eine ideale Gemengelage also, dem Neubau einer Bibliothek Vorschub zu leisten. So lobte die Stadt im Februar 2020 einen nichtoffenen Wettbewerb aus, an dem 23 Architektur- und Landschaftsarchitekturbüros teilnahmen.
Für die Bibliothek veranschlagte die Ausloberin eine Nutzfläche von circa 7100 Quadratmetern. Die Aufgabenstellung umfasste auch eine Bearbeitung des 2000 Quadratmeter großen Dalbergplatz mit Außengastronomie und seine Einbindung ins innerstädtische Straßennetz. Der Neubau wird ein Parkhaus ersetzen, dessen Fassade teilbegrünt ist. Ihre ökologische Wirksamkeit fürs Stadtklima und die städtische Fauna muss er also mindestens aufwiegen. Zudem war das Integrieren von Wasser auf dem Bibliotheksvorplatz in der Auslobung ausdrücklich gewünscht. Programmatisch war die Zielsetzung ein transparenter, demokratischer Treffpunkt, der die „alten“ Aufgaben einer Bibliothek erfüllt, aber auch zukünftig als „dritter Ort“ bestand haben kann, als Pufferzone zwischen Öffentlichkeit und Privatheit: ein Ort für Rückzug und Austausch.
Sehr wörtlich mit der Transparenz nahmen es Lamott.Lamott Architekten mit realgruen Landschaftsarchitekten. Der von ihnen vorgeschlagene Stahlbeton-Skelettbau ist von einer zweischichtigen Fassade aus teils verschiebbaren Glaswänden umhüllt, in deren Zwischenraum Vorhangbahnen, Lamellen und Membranen für den Sonnenschutz bewegt werden können. Die Jury bezweifelte die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit dieser Konstruktion. Auch sei die Gestaltung des Platzes zu rudimentär, es fehle etwa an Sitzgelegenheiten. Die gelungene Grundrissorganisation brachte dem Entwurfs dennoch eine Anerkennung ein.
Eine weitere Anerkennung erhielt die ARGE Studio Corso mit Kofink Schels und bauchplan Landschaftsarchitekten für ihre lockere, offene Raumstruktur. Neben einer emporsteigenden Geschoss-Spirale dienen Aufzüge und eine großzügige Wendeltreppe der inneren Erschließung. Die klare Kubatur, die Platzierung des Baukörpers und der daraus resultierende große Platz wurden gelobt. Bezüglich der Nachhaltigkeit und des Raumprogramms sei der Vorschlag jedoch nicht genug ausgearbeitet.
Den dritten Platz konnten Cobe für sich entscheiden. Sie stapelten drei Volumen, wobei das Erd- und Obergeschoss zurückspringen und eine umlaufend begrünte Terrasse entsteht. Das Tragwerk ist als Hybrid aus Holz und Stahlbeton geplant. Nicht angemessen sei die Adressbildung im Erdgeschoss. Wo Cobe den Vorzug eines „Gebäude ohne Rückseite“ sieht, bemängelt die Jury eine unklare Erschließungssituation. Der Dalbergplatz werde zum Binnenraum, dem es an Bezug zum Stadtraum fehle. Auch sei das Gebäude zwar durch kompakte Grundrisse wirtschaftlich, seine Nachhaltigkeit entspräche jedoch lediglich den Standards.
Als Zweitplatzierte gingen HPP Architekten mit ukw Innenarchitekten und LAND Landschaftsarchitekten mit einem Entwurf hervor, der sich ebenfalls spiralförmig in die Höhe schraubt. Zwei entgegengesetzte Wegführungen gipfeln im gemeinsamen Dachgarten. Die Verschmelzung von Arbeitsplätzen, Bücherregalen und Medienstandorten mit dem breiten Treppenband sei lobenswert, müsse jedoch in Betracht auf Barrierefreiheit und Praktikabilität hinterfragt werden, so die Jury. Die offene, abwechslungsreiche Struktur ist durch Pflanzungen aufgelockert. Der offene Innenraum vermittle den Eindruck, ohne Berührungsangst für die Bevölkerung nutzbar zu sein, könne jedoch durch die Offenheit des Innenraums nicht unbedingt die gegenseitige Rücksichtnahme gewährleisten. Die Gestaltung des Platzes sei hervorragend, laut Jury verglichen mit den Projektdimensionen jedoch überambitioniert.
Am überzeugendsten transportierte die Idee einer modernen Bibliothek der Entwurf von Bruno Fioretti Marquez und capattistaubach. Gelobt werden die minimierte Kubatur und die damit einhergehende hohe Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung einer ausdrucksstarken, nachhaltige Konstruktionsweise. Die Begrünung in ihrer starken Ausprägung begrüßt die Jury ausdrücklich. Auf dem Dalbergplatz ist ein dichter Baumhain mit viel Platz für das Wurzelwerk der Bäume geplant. Ein Nebelfeld sorgt für ausreichend Luftfeuchtigkeit auf dem Platz. Das Foyer mit Sitzstufenanlage sei einladend und von ho-her räumlicher Qualität. Eine hohe Flexibilität des Grundrisses lässt die Jury kleinere Unstimmigkeiten bei Raumorganisation und Ausstattung als handhabbar erscheinen. Sollte der Bau wie geplant umgesetzt werden, wird er die Stadt um einen bitter nötigen, lesenswerten Ort bereichern.
Einstufiger, nichtoffener Realisierungswettbewerb
1. Preis (46.000 Euro) Bruno Fioretti Marquez
mit capattistaubach urbane Landschaften, beide Berlin
2. Preis (29.000 Euro) HPP Architekten mit LAND Germany, beide Düsseldorf, und ukw innenarchitekten, Krefeld
3. Preis (17.000 Euro) Cobe, Kopenhagen
Anerkennungen (je 11.500 Euro) Lamott.Lamott Architekten, Stuttgart, mit realgrün Landschaftsarchitekten
und Stadtplaner, München; ARGE Studio Corso mit Kofink Schels, beide München, mit bauchplan, München
1. Preis (46.000 Euro) Bruno Fioretti Marquez
mit capattistaubach urbane Landschaften, beide Berlin
2. Preis (29.000 Euro) HPP Architekten mit LAND Germany, beide Düsseldorf, und ukw innenarchitekten, Krefeld
3. Preis (17.000 Euro) Cobe, Kopenhagen
Anerkennungen (je 11.500 Euro) Lamott.Lamott Architekten, Stuttgart, mit realgrün Landschaftsarchitekten
und Stadtplaner, München; ARGE Studio Corso mit Kofink Schels, beide München, mit bauchplan, München
Fachpreisrichter
Michael Braum, Rebecca Chestnutt, Klaus Elliger, Heiner Farwick, Andrea Georgi-Tomas, Axel Lohrer, Wolfgang Riehle (Vorsitz), Volker Staab, Michel Weijers
Michael Braum, Rebecca Chestnutt, Klaus Elliger, Heiner Farwick, Andrea Georgi-Tomas, Axel Lohrer, Wolfgang Riehle (Vorsitz), Volker Staab, Michel Weijers
Ausloberin
Stadt Mannheim
Wettbewerbsbetreuung
Assman, Dortmund
Stadt Mannheim
Wettbewerbsbetreuung
Assman, Dortmund
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