Bauwelt

Schocken Horten Ranken

H2M Architekten gewinnen Fassadenwettbewerb zum eben­falls von ihnen geplanten Schocken-Carré in Nürnberg – ein ‚Mixed-Use-Buildung‘, wo einmal ein Kaufhaus stand.

Text: Mijatović, Maja, Hamburg

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    1. Preis H2M Architekten schlugen eine Ziegelwand mit vorgemauerten Klinkersteinen vor. Die Jury hielt dies für überambitioniert, lobte jedoch die gestalterische Balance zwischen gründerzeitlicher und nachkriegsmodernener Umgebung.
    Abb.: Verfasser

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    1. Preis H2M Architekten schlugen eine Ziegelwand mit vorgemauerten Klinkersteinen vor. Die Jury hielt dies für überambitioniert, lobte jedoch die gestalterische Balance zwischen gründerzeitlicher und nachkriegsmodernener Umgebung.

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    Ein Bezug der neuen Fassade ...
    Abb.: Verfasser

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    ... zum ersten Kaufhaus an dieser Stelle, entworfen von Erich Mendelsohn, und jener aus den 50ern war für die Jury gegeben.
    Fotos: Stadtarchiv Nürnberg A 34 Nr. 1967 (oben), Stadtarchiv Nürnberg A 40 Nr. L-4704-24

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    ... zum ersten Kaufhaus an dieser Stelle, entworfen von Erich Mendelsohn, und jener aus den 50ern war für die Jury gegeben.

    Fotos: Stadtarchiv Nürnberg A 34 Nr. 1967 (oben), Stadtarchiv Nürnberg A 40 Nr. L-4704-24

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    2. Preis SLG setzten dem Aufseßplatz eine „positi­ve Autorität“ entgegen, befand die Jury. Das Groß­format verleihe dem öffent­lichen Raum eine klare Fassung. Im Inneren, privaten Raum, wird es klein­teilig. Die Redundanz weckte auch Skepsis.
    Abb.: Verfasser

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    2. Preis SLG setzten dem Aufseßplatz eine „positi­ve Autorität“ entgegen, befand die Jury. Das Groß­format verleihe dem öffent­lichen Raum eine klare Fassung. Im Inneren, privaten Raum, wird es klein­teilig. Die Redundanz weckte auch Skepsis.

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Schocken Horten Ranken

H2M Architekten gewinnen Fassadenwettbewerb zum eben­falls von ihnen geplanten Schocken-Carré in Nürnberg – ein ‚Mixed-Use-Buildung‘, wo einmal ein Kaufhaus stand.

Text: Mijatović, Maja, Hamburg

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Und zugegeben: Betonfassaden scheinen in der Bevölkerung nicht populär zu sein, was sicherlich manch einer Abrissdebatte zugutekommt. So erging es auch dem ehemaligen Kaufhaus am Nürnberger Aufseßplatz, das als grau­-er, brutaler Betonklotz über ein halbes Jahrhundert das Stadtbild der Südstadt prägte und zuletzt als Mahnmal für den schleichenden Niedergang der Kaufhauskultur stand. Die Älteren kannten es unter dem Namen ‚Schocken‘, Jüngeren bleibt das Bauwerk als ‚Horten‘ und ‚Kaufhof‘ in Erinnerung. Nun wird es nach acht Jahren Leerstand abgerissen. Proteste gab es keine. Der Bau soll Platz für einen neuen Stadtbaustein machen – das ‚Schocken-Carré‘ – ein Gebäude mit Wohn-, Gewerbe- und Parkplatzflächen sowie einer Kita. Die Planung des Neubaus übernimmt das Architekturbüro H2M Architekten + Stadtplaner aus dem fränkischen Kulmbach.
Das Grundstück befindet sich in der Nürnberger Südstadt, im multikulturellen ehemaligen Arbeiterstadtteil Galgenhof, zwischen Kopernikus- und Aufseßplatz, direkt an der Landgrabenstraße, die eine wichtige Verkehrsachse darstellt. Nur wenige Gehminuten entfernt liegt die Nürnberger Innenstadt. Eine optimale Anbindung durch den ÖPNV gibt es noch dazu: zwei Tram­linien und eine U-Bahn halten hier. Zwischen Aufseßplatz und angrenzender Wölckernstraße reiht sich ein Gemenge aus Arztpraxen, Dienstleistern und Einzelhändlern, die den Standort zum Quartierszentrum machen. Die Fassadengestaltung dieser zahlreichen Nachkriegsgebäude bezieht sich, mit verputzten Lochfassaden, jedoch äußerst rudimentär auf den Kontext der Gründerzeitbebauung.
Das ehemalige Kaufhaus ist mit seiner Fassa­-de aus Betonformsteinen – ein abstrahierter ‚Horten-Stein‘, wie ihn Egon Eiermann ersann, jedoch nachweislich nicht von ihm – eine Landmarke. Nähert man sich dem Bau von Osten, entlang der Wölckernstraße, drängt er sich geradezu in die Straßenflucht hinein.
Wohnen statt Kaufen
1926 wurde die Nürnberger Filiale Schocken eröffnet. Sie war Teil einer Warenhauskette, die die beiden jüdischen Brüdern Simon und Salman Schocken 1901 in Zwickau gegründet hatten. Der Entwurf stammte von Erich Mendelsohn, der das Gebäude im Stil des Neuen Bauens konzipierte: Mit seinem Flachdach, der Klinkerfassade sowie den horizontalen Fensterbändern stand das Kaufhaus in einem deutlichen Kontrast zu den verzierten Gründerzeitbauten mit ihren Sandstein- und Klinkerfassaden. 1938 wurde die Familie Schocken im Zuge der ‚Arisierung‘ enteignet, das Gebäude bei Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört. Nach Kriegsende erhielt die Familie ihre Anteile zurück, die sie dann 1953 an Helmut Horten verkaufte. 1958 folgte ein Wiederaufbau mit anschließendem Umbau. Fünf Jahre darauf wurden die charakteristischen Horten-Fliesen an der Fassade angebracht. Genutzt haben das Kaufhaus Merkur, Horten und zuletzt Kaufhof. 2012 wurde das Gebäude geschlossen und stand bis zum vergangenen Herbst leer.
Die Neuplanung sieht eine gestapelte Verteilung unterschiedlicher Funktionen vor: Im Unter- und Erdgeschoss soll Raum für Einzelhandel und einen Supermarkt geschaffen werden. Trotz der guten Lage entschied man sich dafür, das erste Obergeschoss als Parkgeschoss für Anwohner und Besucher zu nutzen und die Wohnungen damit weiter von der Fußgängerzone abzuheben. Die Dachfläche dient den Bewohnernkünftig als halböffentlicher Freiraum. Ab dem zweiten Obergeschoss sind insgesamt rund 230 Wohnungen und eine Kita geplant. Wie viele der Wohnungen verkauft bzw. vermietet werden, ist bisher noch nicht geklärt.
Begrünte Neuinterpretation
Da sich der künftige Neubau an prominenter Stelle befindet, wurde auf Wunsch der Stadt Nürnberg ein Fassadenwettbewerb ausgelobt. Laut Auslober galt es eine Gestaltung zu ent­wickeln, die das städtebauliche Umfeld in seiner Kleinteiligkeit aufgreift und sich zur Nachbarschaft hin öffnet. Insgesamt sechs Büros waren zum Wettbewerb eingeladen, aus dem die bereits die Objektplanung verantwortenden H2M Architekten + Stadtplaner als Gewinner hervorgingen. Statt Beton soll künftig eine Klinkerfassade den Standort prägen.
Als Vorlage für Materialwahl und Gliederung habe das Kaufhaus von Erich Mendelsohn gedient, erläutern die Architekten, sie spielten aber auch mit der Überlagerung verschiedener Zeit-Schichten. Während die öffentliche Erdgeschosszone recycelte Betonfertigteilen enthält, sind in den darüber liegenden Etagen unterschiedlich gefärbte Ziegel vorgesehen. Mit einer Lochfassade aus beige und rötlich getönten Klinkersteinen orientieren sich die Architekten an den Sandsteinfassaden der Umgebung. Farbwechsel sollen nach außen Kleinteiligkeit vermitteln. Doch auch die charakteristischen Horten-Kacheln finden ihre Wiederverwendung als begrünte Neuinterpretation: Sie dienen als Hin-tergrund für die Beschriftung der Geschäfte und erstrecken sich über das gesamte Parkgeschoss. In den Wohnbereichen werden sie in den Balkonbrüstungen fortgeführt, wo sie als Rankhilfe für die Fassadenbegrünung dienen sollen.
Der Neubau soll sich künftig in ein ‚anspruchsvolles und heterogenes‘ Umfeld einfügen. Nur noch durch sein großes Volumen und die Fassadenelemente erinnert er an seine Vorgängerbauten und somit die Kaufhauskultur. Prinzipiell drängt sich die Frage auf, weshalb in Zeiten von Rohstoffknappheit und Klimakrise die Entscheidung für einen Abriss des Bestands fiel. Sicherlich wäre die Bauaufgabe deutlich teurer gewesen, hätte man eine Lösung finden wollen, etwa den Gebäudekern zu revitalisieren, doch es hätte Überraschenderes entstehen können.
Fassadenwettbewerb
1. Preis (15.000 Euro) H2M Architekten + Stadtplaner, Kulmbach
2. Preis
(9000 Euro) SLG Architekten, Nürnberg
Fachpreisgericht
Peter Cheret, Barbara Engel, Tim Heide, Rudolf Hierl, Hans Jakel, Johannes Kappler (Vorsitz), Karin Schmid, Thomas Schmidt, Daniel F. Ulrich
Ausloberin
TBB-Imetaal Wohnungbau, Bocholt
Wettbewerbsorganisation
Schirmer Architekten + Stadtplaner, Würzburg

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