Wandelwerkzeug
MVRDV stellen sich in einer Ausstellung der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ihrer eigenen Architekturpraxis
Text: Kammerbauer, Mark, München
Wandelwerkzeug
MVRDV stellen sich in einer Ausstellung der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ihrer eigenen Architekturpraxis
Text: Kammerbauer, Mark, München
In der Ausstellung „Carbon Confession“ werfen MVRDV in der Architekturgalerie München einen kritischen Blick auf Jahrzehnte des eigenen Architekturschaffens. Angesichts des damit verbundenen CO2-Verbrauchs stellen sie ganz grundsätzliche Fragen, analytisch bis humorvoll: Was ist Nachhaltigkeit? Können wir als Bauende überhaupt nachhaltig sein? Die Ausstellung beantwortet diese Fragen mit räumlich angeordneten Postern und Bannern, Materialsamples und Prototypen, Modellen und Videos. Meilensteine wie Problemfälle werden auf drei Etagen präsentiert. Die „Carbon Confessions“ umfassen gleichermaßen ein Bekenntnis als auch eine Beichte über die eigene Arbeit.
Architektur kann als Werkzeug des Wandels dienen, wie die chronologisch geordneten Projekte zeigen. Die Markthal in Rotterdam dient als Beispiel für die Folgen von nicht eingehaltenen Klimazielen und steigendem Meeresspiegel. Es wurde untersucht, welche Maßnahmen notwendig sind, um zu verhindern, dass das Gebäude eines Tages unter Wasser steht. Das Projekt durchzieht gleich mehrere der nach Kategorien wie „Transformationen“ oder „Strategien“ benannten Bildergruppen, die sich an den Wänden des Eingangsgeschosses entlangziehen. Damit wird auch ein Maßstab für das eigene Handeln bildhaft bestimmt.
Denn es gibt Hoffnung, was die Verminderung des CO2-Verbrauchs betrifft. So experimentiert das Büro mit Recyclingmaterialien. Ein Beispiel sind die Fassadenschindeln aus wiederverwertetem Kunststoff für das Projekt „Monaco“, das geplante sechsgeschossige Bürogebäude im Münchener Werksviertel. Ein anderes sind die Fassadenpaneele für die Luxusmarke Bulgari aus recyceltem Glas, das an den Schmuckstein Jade erinnert. Digitale Technologien sollen ebenfalls ermöglichen, dass Projekte „Paris-proof“ sind und den Forderungen des Klima-Übereinkommens entsprechen. MVRDV entwickelte zu diesem Zweck die Software CarbonSpace. Das Tool soll bereits in der Planungsphase den CO2-Fußabdruck minimieren und Ressourcen schonen.
Ressourcenschutz spielte auch bei der Ausstellungsgestaltung eine Rolle: Es wurde versucht, möglichst viele Materialien weiterzuverwenden. Schrauben, Vorhangschienen, Vorhänge, Ausstellungsmöbel und Displays wurden recycelt, was den CO2-Ausstoß der Ausstellung auf 44 Kilogramm begrenzte. Zur Ausstellungseröffnung sprachen u.a. die Münchener Stadtbaurätin Elisabeth Merk sowie Jan Knikker und Jacob van Rijs von MVRDV vor einem vollen Haus und regten damit eine öffentliche Diskussion nicht nur über die Nachhaltigkeit der Architektur an.
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