Bauwelt

Wiederverwendbar

Dass die Thesen von Victor Papanek über die Verantwortung des Designers in puncto Ökologie, Nachhaltigkeit und Suffizienz aktu­eller sind denn je, beweist das Vitra Museum in einer Ausstellung.

Text: Paul, Jochen, München

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    Victor Papanek moderierte in den USA die Sendereihe „Design Dimensions. Die Medieninstallation in der Ausstellung zeigt unteranderem Auschnitte daraus.
    Foto: WNED-TV/ Victor Papanek Foundation

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    Victor Papanek moderierte in den USA die Sendereihe „Design Dimensions. Die Medieninstallation in der Ausstellung zeigt unteranderem Auschnitte daraus.

    Foto: WNED-TV/ Victor Papanek Foundation

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    Den „Work Cube“ entwarf Papanek gemeinsam mit James Hennessey.

    Foto: James Hennessy/Universität für angewandte Kunst Wien

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    Den „Work Cube“ entwarf Papanek gemeinsam mit James Hennessey.

    Foto: James Hennessy/Universität für angewandte Kunst Wien

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    Foto: Vitra Design Museum/Norbert Miguletz

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    Foto: Vitra Design Museum/Norbert Miguletz

Wiederverwendbar

Dass die Thesen von Victor Papanek über die Verantwortung des Designers in puncto Ökologie, Nachhaltigkeit und Suffizienz aktu­eller sind denn je, beweist das Vitra Museum in einer Ausstellung.

Text: Paul, Jochen, München

„Es gibt Berufe, die mehr Schaden anrichten als der des Designers. Aber viele sind es nicht“, so der erste Satz seines 1970 erschienenen Buchs „Design for the Real World: Human Ecology and Social Change“, in 23 Sprachen übersetzt und bis heute eines der meistgelesenen Bücher zum Thema Design. Es brachte Victor Papanek den zeitweisen Ausschluss aus der Industrial Designers’ Society of America ein (Jahre später dann die Ehrenmitgliedschaft) und machte ihn mit seiner kultur- und konsumkritischen Haltung gegenüber der Wegwerfgesellschaft zu einem der Vordenker der bürgerbewegten 70er und 80er Jahre.
Mit Victor Papanek (1923–1998) entdeckten die Kuratorinnen der aktuellen Ausstellung „Victor Papanek: The Politics of Design“, Amelie Klein und Alison J. Clarke, im Vitra Design Museum einen Designer wieder, dessen provokante Thesen zur Verantwortung des Designs und der Designer in puncto Ökologie, Nachhaltigkeit und Suffizienz in Zeiten von Globalisierung und Klimawandel aktueller sind denn je.
Sein Weg zum Designphilosoph war kein geradliniger: Als 16-jähriger floh er 1939 zusammen mit seiner Mutter vor den Nationalsozialisten von Wien nach New York, studierte Design und Architektur an der Cooper Union und am MIT und arbeitete kurzzeitig im Büro von Frank Lloyd Wright, bevor er sich selbstständig machte. Mit seinem Büro „Design Clinic“, entwarf er kostengünstige Möbel, arbeitete aber auch für die Elektro- und Pharmaindustrie sowie das US-Militär.
Prägender Eindruck seiner Jugend war die „Futurama“-Weltausstellung von 1939, ganz im Zeichen des Streamline Design. Ihr Hauptvertreter Raymond Loewy, in dessen Büro Papanek ebenfalls kurzzeitig arbeitete, wurde zu seinem Feindbild, nachdem dieser sich abfällig über „Design für Minderheiten“ – er empfand es als wirtschaftlich uninteressant – geäußert hatte. Starken Einfluss auf Victor Papaneks Wandel vom Auftragsdesigner zum sendungsbewussten Kritiker hatte Richard Buckminster Fuller mit seinem Verständnis der Erde als „Raumschiff“, in dem alles mit allem zusammenhängt, außerdem die Biologin Rachel Carson, Ralph Naders Abrechnung mit der Automobilindustrie „Unsafe at any Speed“ und der kanadische Medientheoretiker Marshall McLuhan.
Dies alles arbeitet der biografische Teil der Ausstellung in Form einer Timeline und mit einer Fülle von Briefen, Fotografien, Dias seiner Vorträge, Skizzen und Gegenständen aus seiner Sammlung ethnologischer Objekte – die meisten davon aus seinem Nachlass und erstmals öffentlich ausgestellt – in einer beeindruckenden Fülle von Details und Querverbindungen auf.
Ergänzt wird die Ausstellung um eine Auswahl von Papaneks eigenen Entwürfen wie dem „Lean-to-Chair“ (1974), dem „Work Cube“ (1973) und dem berühmten „Tin Can Radio“ (1966) – einem Rundfunkempfänger für Entwicklungsländer, das ihm seitens der HfG Ulm den Vorwurf einbrachte, es sei „durchtränkt von der Ideologie vom einfachen Wilden, der mit der eigens für ihn in der Metropole entwickelten Simpeltechnologie abgespeist wird“. Sie verdeutlichen zweierlei: Dass die Fragen, mit denen er und sein Team – er verstand Design immer als Gemeinschaftsproduktion – sich beschäftigen, oft gültiger waren als die von ihnen dafür gefundenen Antworten.
Am beeindruckendsten aber ist die von den Arbeiten der „Film-Makers’ Cooperative“ inspirierte Medieninstallation aus Filmen, Zeichnungen und Interviews, die seine Thesen im Kontext ihrer Zeit präsentiert: Wenn man Victor Papanek über eine Fast Food-Kette sagen hört, dass es gar nicht in erster Linie das ungesunde, zu fett- und salzhaltige Essen ist, das ihm Sorge bereitet, sondern die Milliarden weggeworfener Plastikbecher und Styroporverpackungen, dann fragt man sich unwillkürlich, wie wenig weit wir in den letzten 60 Jahren eigentlich gekommen sind.

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