Bauwelt

playing by heart

Glückserfahrungen im Kolumba

Text: Winterhager, Uta, Bonn

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    Serpentinata von Bernhard Leitner Foto: Lothar Schnepf © KOLUMBA, Köln
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Glückserfahrungen im Kolumba

Text: Winterhager, Uta, Bonn

Kolumba bezeichnet sich als einen Ort der Langsamkeit. Zurecht, denn die Jahre des Wartens auf Konzeption, Plan und Bau waren lang, aber sie haben sich gelohnt und diesen Ort zu einem ganz besonderen gemacht (Bauwelt 39.2007). Doch es ist nicht nur die Architektur des Museums, das Spiel mit Licht und Schatten, mit Öffnungen und Flächen, Raumfolgen und Perspektiven, sondern auch die außergewöhnliche Sorgfalt, mit der es bespielt wird. Jedes Jahr Mitte September präsentieren Stefan Kraus und seine Mitarbeiter eine neue Ausstellung, die jedoch, so zeigt es sich grade wieder, so intensiv gedacht und so dicht angelegt ist, dass ein Jahr angemessen scheint, um sich Thematik und Inhalten langsam anzunähern.
1965 ging das Zweite Vatikanische Konzil zu Ende, das für die katholische Kirche den Beginn eines bedeutenden Reformprozesses darstellte. „Gaudium es Spes“, Freude und Hoffnung, war das abschließende Dokument überschrieben, mit dem die Kirche sich neu orientierte, sich vorsichtig öffnete. Kolumba, das Kunstmuseum des Erzbistums Köln, feiert das 50-jährige Jubiläum mit der aktuellen Ausstellung „playing by heart“. Gezeigt werden Bilder der Freude und Hoffnung, wie Kunst und Kultur sie sichtbar machen. Alle Gegenbilder des Schmerzes, der christlichen Passion, wurden zugelassen, um diesen Aufbruch heute noch einmal zu zelebrieren. Es geht um Gefühle wie Glück, um gänzlich Unerwarte-tes wie Spiel und Kreativität oder gar Witz und Humor. Es ist eine der herausragenden Qualitäten von Kolumba, dass religiöse Inhalte so transportiert werden, dass sie einen Platz im Heute finden. Nicht verborgen, sondern ganz offen und bereit, das Nebeneinander verschiedener Standpunkte zuzulassen.
Im Foyer empfängt die Muttergottes mit Kind (Jeremias Geisselbrunn, um 1650), eine aus den Kriegstrümmern von St. Kolumba geborgene Alabasterfigur, die Besucher. Das Kind hält eine Weltkugel wie einen Ball in der Hand, verträumt beginnt es seine Herrschaft mit zweckfreiem Spiel. Doch in den Sockel rammte Stefan Wewerka einen Stuhl. Kühn ist diese Stuhlskulptur. Sie ist sogar noch ein Jahr älter als das Konzil, und steht zugleich für die Haltung, die diese Ausstellung, die keine Berührungsängste kennt, ausmacht.
In der mittleren Halle des zweiten Obergeschosses breitet sich ein Konstrukt aus Schläuchen und Lautsprechern aus. Zu hören sind Texte von Novalis, Fragmente über Raum, Ton und Zeit. „Serpentinata“ von Bernhard Leitner ist nicht nur Objekt, sondern auch Rahmen für die sie umgebenden Werke. Akustisch natürlich, aber auch visuell. Auch für das kleine Elfenbein-Kruzifix (2. Hälfte 12. Jh.), das alleine auf einer Wand hängt, nicht als Zeichen für den menschlichen Tod Christi, sondern für den darin liegenden Beginn seines neuen, anderen Lebens. Ein krasser Bruch? Nein, denn auch ästhetisch fügt sich in diesem Raum alles zu einer wunderbaren Harmonie aus Grau und Weiß, die auch ein kleines Ölgemälde von Norbert Schwontkowski einschießt. „Flaute“ heißt sein Bild, das dem Kruzifix gegenüberhängt. Hier der entschlafene Christus, da wartende Segel, die zu Kreuzzeichen am Himmel werden.
Werke von 59 Künstlern zeigt die Ausstellung. Sie ist so reich an Bildern und Ideen, Farben und Glanz, dass man der intellektuellen Fülle mit einem Besuch kaum Herr werden kann. Man nehme sich also Zeit „playing by heart“ mit allen seinen Facetten zu genießen, die Spiritualität genauso wie das Spielerisch-Komische, das Kuriose wie auch das Ästhetische. Es geht um ein ganzheit-
liches, kreatives und fürsorgliches Verhältnis zur Welt, um eine Glückserfahrung, vergleichbar mit dem Empfinden eines Musikers, der sich sein Stück so angeeignet hat, dass er es auswendig spielen kann, playing by heart, der sich, vom Blatt gelöst, auf sein Herz verlässt.

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