Bauwelt

Deutsche Diskretion

Neubau der Deutschen Botschaft in Kairo

Text: Crone, Benedikt, Berlin

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1. Preis: vielmo architekten, Kohlbecker Architekten, Kienleplan

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1. Preis: vielmo architekten, Kohlbecker Architekten, Kienleplan


Deutsche Diskretion

Neubau der Deutschen Botschaft in Kairo

Text: Crone, Benedikt, Berlin

Nein, es wird kein Aufsehen erregender Repräsen­tationsbau, kein deutsches Überlegenheitsgehabe – trotz eines offenen Wettbewerbs mit 106 Teilnehmern. Gerade deswegen aber verdienen die Entwürfe für die neue Botschaft in Kairo einen zweiten Blick.
Vier Ansichten und vier Modelle, mehr ist von den drei Preisträgern und der Anerkennung im Netz nicht zu finden. Auch der Grundriss rechts durfte nur ohne Raumbezeichnungen veröffentlicht werden. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, das den Wettbewerb für den Neubau der Botschaft in Kairo ausgelobt hatte (siehe Interview), hält sich mit der Herausgabe von Plandaten zurück, obwohl die gesamten Entwürfe bereits in einer Ausstellung öffentlich zu sehen waren. Aus Sicherheitsgründen: Grundrisse könnten in die falsche Hände geraten. Und die neue Botschaft soll, im Vergleich zum be­stehenden 80er-Jahre-Bau, der bis an die Grundstücksgrenze reicht und abgerissen wird, gerade die neusten Sicherheitsstandards erfüllen. Zuletzt warf 2012 ein Mann vier als Bomben gedachte Bündel mit Nägeln und Schrauben auf das Botschaftsgelände und hämmerte erfolglos gegen das Sicherheitsglas an der Pforte.
Bei der Planung des neuen Botschaftsgebäudes galt es nun, auf mehr Sicherheit zu achten: Wach­posten, Personen- und KFZ-Schleusen, zehn Meter Abstandsfläche wichtiger Funktionen zum Straßenrand, eine Trennung von gesichertem Kanzleibereich und ungeschütztem Wartebereich für die Besucher der Visa-Stelle, die derzeit am Straßenrand in der Schlange und in der Sonne stehen müssen. Hinzu kam eine maximale Bauhöhe von 20 Metern – trotz bereits 35-geschossiger Wohnhochhäuser in der Nachbarschaft. Den 106 Teilnehmern der ersten Phase blieb ein kleines Baufenster, in das sie ein verwobenes Raumprogramm pressen mussten. Bess Architekten, die von der Jury (Vorsitz: Jórunn Ragnarsdóttir) den 2. Preis erhielten, wählten den wohl einfach­sten Weg und trennten Residenz und Kanzlei, in dem sie zwei separate Baukörper vorschlugen. Dagegen setzte das Team um vielmo architekten (1. Preis) vier Bereiche über Höfe und Gänge hinweg zu einem Baukörper zusammen. Die Residenz, der geschützte Teil der Kanzlei und Räume für Mitarbeiter teilen sich einen Hof; der ungesicherte Besucherbereich der Visa-Stelle hat einen separaten Zugang.
Die anderen der 13 Teilnehmer, die es in die zweite Phase schafften und nach Kairo fliegen durften, um die Abläufe in der Botschaft zu studieren, lieferten ähnlich kubisch-kantige Entwürfe mit einfach gerasterten Fassaden – was bei den Vorgaben nicht nur zu erwarten war, sondern auch eine für das Selbstverständnis der deutschen Politik durchaus repräsentative Form ist. Nach Außen klar und pragmatisch. Im Innern ein aufwendiges Büro- und Sicherheitssystem.
 
„Die Anforderungen waren nicht einfach“.
Interview mit Beate Hückelheim-Kaune, Leiterin des Wettbewerbsreferats im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Die prämierten Entwürfe sind eher zurückhaltend, im Netz wurde auch über die „typisch deutsche Langeweile“ gelästert. Verstehen Sie diese Enttäuschung?
Der Siegerentwurf ist zwar sehr kubisch, aber wenn man ihn genauer betrachtet, hat er durchaus viele schöne Innenräume und die Grundrisse funktionieren hervorragend! Außerdem ist am Baukörper noch eine Ablesbarkeit von Residenz und Kanzlei möglich.

Hat sich der Aufwand eines offenen, zwei-phasigen Wettbewerbs mit Blick auf die Ergebnisse gelohnt?
Ja, absolut. Das Verfahren war auch für uns vom BBR interessant, weil wir für ein Projekt im Ausland bisher selten offene Wettbewerbe durchgeführt haben.

Gewagtere Entwürfe, die auffällig oft von südeuro­päischen Architekten stammten, haben es kaum in die zweite Phase geschafft. Warum?
Die Anforderungen der ersten Phase waren nicht einfach. Passt das Gebäude in den Stadtraum? Funk­tioniert die Raumordnung? Sind die Sicherheitsabstände eingehalten? Wer, um diese Kriterien zu erfüllen, seinen Entwurf nicht überarbeiten konnte, ohne sein Grundkonzept aufgeben zu müssen, kam nicht in die zweite Phase. Wir haben übrigens durchaus auch mal ausländische Büros unter den Preis-trägern, zuletzt bei dem Wettbewerb für einen Büroneubau in der Berliner Innenstadt. Grundsätzlich ist die Zahl aus­ländischer Teilnehmer im Vergleich zu deutschen Teilnehmern natürlich auch geringer.

Dem Wettbewerb in Kairo folgt nun ein zweiter für eine neue Botschaft in Tiflis. Gibt es Parallelen?

Nein. Das Areal in Kairo liegt zentral, das in Tiflis am Stadtrand. Auch ist es dort kein offener Wettbewerb. Allerdings sollten Kanzlei und Residenz ebenfalls auf einem Grundstück geplant werden.
Offener zweiphasiger Wettbewerb nach RPW 2013
1. Preis
vielmo architekten, Berlin; Kohlbecker Architekten, Gaggenau; Kienleplan, Stuttgart | 2. Preis Bess Architekten, Berlin; Coqui Malachowska Coqui, Berlin | 3. Preis Bez+Kock, Stuttgart; ST raum a, Berlin | Anerkennung Friedrich Keuthen; Lill + Sparla; Köln
Fakten
Architekten vielmo architekten, Berlin; Kohlbecker Architekten, Gaggenau; Kienleplan, Stuttgart; Bess Architekten, Berlin; Coqui Malachowska Coqui, Berlin; Bez+Kock, Stuttgart; ST raum a, Berlin; Friedrich Keuthen; Lill + Sparla; Köln
aus Bauwelt 35.2014

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