Bauwelt

Die Zivilisierten

Militärkonversionen in München, Münster und Schweinfurt

Text: Crone, Benedikt, Berlin

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1.Preis: Max Dudler, Berlin; Hilmer & Sattler und Albrecht, München, mit R. Ahlers, J. Soydan; A. Schönborn, Muhr am See

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1.Preis: Max Dudler, Berlin; Hilmer & Sattler und Albrecht, München, mit R. Ahlers, J. Soydan; A. Schönborn, Muhr am See


Die Zivilisierten

Militärkonversionen in München, Münster und Schweinfurt

Text: Crone, Benedikt, Berlin

Baracken, Paradeplatz, Wiesengestrüpp und vor allem: Weite. Militärstandorte sind eine Welt für sich. Auch bei der Umwandlung in eine zivile Nutzung lassen sich wiederkehrende Muster erkennen.
In Deutschland herrscht Wettabrüsten. Die Bundeswehr reduziert die Zahl ihrer Soldaten auf 185.000. 1990 waren es noch 500.000. Auch die Gaststreitkräfte USA und Großbritannien schließen dutzende Standorte. Was bleibt, ist Fläche. Insgesamt 37.000 Hektar mit Kasernen, Flugplätzen, Waffendepots und Panzerwerkstätten sollen bis 2020 in Deutschland frei werden. Während es armen und dünn besiedelten Regionen an Finanzen oder Ideen mangelt, wie sich die Areale mit Leben füllen lassen, freuen sich wachsende Städte wie München über mehr Raum für Wohnen und Gewerbe. Die BImA, der die militärischen Liegenschaften in der Regel gehören, vergibt das Land oft durch ein Vorverkaufsrecht an die Kommunen. Bevor diese die Areale veräußern, greifen sie – gerade auch mit Wettbewerben – auf die städtebauliche Expertise von Planern und Architekten zurück.
Militärstandorte stellen Wettbewerbsteilnehmer vor die immer gleiche Frage: Wie lässt sich eine bisher durch Stacheldraht und Sicherheitskontrollen abgeschottete Welt so in die Umgebung integrieren, dass die Geschichte des Areals spürbar bleibt? In Münster forderte die Stadt bei zwei Kasernen-Anlagen der 30er-Jahre, die Grundstücksmauern nur zu durchbrechen, wo nötig. Im Münchner Norden soll eine Tramlinie die einstige Bayernkaserne durchschneiden, um das von Max Dudler mit Hilmer & Sattler und Albrecht konträr zum aufgelockerten Städtebau der Umgebung getaktete Quartier ans Stadtnetz anzuschließen. Und in Mannheim überzeugte Kéré Architecture den Auslober mit der Idee, die vielspurige B38 entlang der Taylor Barracks mit einer begrünten Plattform zu überbrücken.
Der meist zeilen- oder winkelförmigen Bestand der Kasernenanlagen dient Wettbewerbsteilnehmern als dankbare Vorlage. Ihr Neubau kopiert entweder die Geradlinigkeit der Militärgebäude oder ergänzt sie im Hufeisenformat, um Wohnhöfe zu bilden. Andere versuchen mit der soldatischen Strenge zu brechen, weiten Achsen schwungvoll aus oder ziehen einen Park quer durchs Areal. Aus einem Exzerzier- wird ein Quartiersplatz – oder ein von Wohnbau ummauerter „Secret Garden“, wie ihn Lorenzen Architekten für die Münsteraner York-Kaserne entwarfen. Sportplätze, Schulen und Mannschaftsbauten haben gute Chancen auf eine Weiternutzung. Lagerhallen und Garagen droht dagegen oft der Abriss. Nur sel-ten versuchen Kommunen, was zwei französische Europan-12-Preisträger für den Standort Donauwörth vorschlagen: Kein weiterer Quadratmeter des Kasernengeländes solle bebaut oder versiegelt, stattdessen möglichst viele Gebäude umgenutzt werden (Heft 5). Ein mühsamer Weg. Doch die gegenteilige und gern gewählte Variante, den Bestand abzureißen und durch konventionelle Stadtrandhäuschen zu ersetzen, vergibt die Chance, aus der Eigenheit der Areale Kapital zu schlagen. Allerdings verfehlen die gut gemeinten Forderungen mancher Auslober, an peri­pheren Standorten auch Raum für „experimentellen Wohnungsbau“ wie Genossenschaften, Baugruppen oder Car-Sharing einzuplanen, nicht selten den tatsächlichen Bedarf. Dem Siegerentwurf für die Mannheimer Hammonds Barracks (ackermann+raff) zum Beispiel, wurden nach Debatten im Stadtrat noch rasch Einfamilienhäuser einverleibt.
Wenn in einer Stadt wie Mannheim durch den Abzug der Amerikaner satte 520 Hektar frei werden, bringt das eine Verwaltung an ihre Grenzen. Die Stadt gründete daher eine Gesellschaft, die sich um die Nachnutzung der Areale kümmert, beratend durch Winy Maas von MVRDV. In Mannheim läuft bereits ein neuer Wettbewerb, diesmal für einen Grünzug über die Spinelli-Kaserne als Teil der Bundesgartenschau 2023. Aber auch andernorts erwartet das BBSR noch Planungsarbeit: Die meisten Standorte schließen zwischen 2014 und 2016.

München | Bayernkaserne
Um 4000 Wohnungen plus Gewerbe und öffentliche Einrichtungen auf 48 Hektar platzsparend zu verstauen, ziehen Max Dudler und Hilmer & Sattler ein orthogonales Raster aus siebengeschossigen Wohnblöcken über das Gelände der Münchner Bayernkaserne. Dadurch bleiben im Norden und Süden zwei Grünstreifen frei und viel Baum-bestand erhalten. Die Eingänge zum Quartier, dessen Strenge nichts mit den locker bebauten Nachbargebieten zu tun hat, markieren zwei 68 Meter-Türme an den Enden der Tramtrasse. BeC
1. Preis Max Dudler, Berlin; Hilmer & Sattler und Albrecht, München, mit R. Ahlers, J. Soydan; A. Schönborn, Muhr am See | 2. Preis Ammann Albers; Studio Vulkan, Zürich | 4. Preis Laux; terra nova, München | 4. Preis Schellenberg + Bäumler, Dresden; Adler & Olesch, Nürnberg | 6. Preis COBE; Man Made Land, Berlin | 6. Preis Sauerbruch Hutton, Berlin, mahl gebhard, München


Münster | Oxford-Kaserne
Einige Gebäude der 1936 am Stadtrand errichteten Flak-Kaserne haben gute Aussichten, unter Denkmalschutz gestellt zu werden. Die Teilnehmer ei-nes „Gutachterverfahrens“ versuchten, vor allem die vier Mannschafts­bara-cken mit Natursteinsockel und Satteldach in die neue Wohnbebauung zu retten. Kéré Architecture schließt an die Seitenflügel der Putzbauten mit dreigeschossigen Reihenhäusern an, wodurch recht lückenhaft umgrenzte Höfe entstehen. Von Norden führt ein Park trichterförmig auf eine Achse, die von einem Grünstreifen begleitet wird. Der Exerzierplatz wird zur Hälfte von winkelförmigen Bauten besetzt, deren vier Meter hohes Erdgeschoss Platz für Läden und Gewerbe bieten soll. BeC
1. Preis Kéré Architecture; bbz Landschaftsarch.; Schultz-Granberg, Berlin | fünf 3. Preise Ammann Albers StadtWerke, Zürich | 03 Architekten; realgrün, München | Fritzen + Müller-Giebeler, Ahlen; KuiperCompagnons und Office Ban, Rotterdam | rha, Aachen; Club L94, Köln | Thomas Schüler Arch., Düsseldorf; faktorgrün, Freiburg

Münster | York-Kaserne
Zwei Wachposten, zwei Kopfbauten, zehn Baracken in perfekter Symmetrie und mitten drin: der Exerzierplatz.
Auf dem 50 Hektar großen Gelände der York-Kaserne herrscht eine klare Ordnung. Sie findet im Entwurf von Lorenzen Architekten bei der Staffelung der nördlichen Reihenhäuser ihre Fortführung. Nur der Exerzierplatz, der von Wohnbauten ummauert wird, darf „kontrolliert verwildern“. Anwohner würden hier durch die Eckhäuser in eine „verwunschene Gartenwelt“ gelangen. Der Bestand der Mitte bleibt erhalten, die Freiräume offen. Die Hallen und Werkstätten im Norden und eine lange Garage im Süden müssten dagegen Neubauten weichen. BeC
1. Preis Lorenzen Architekten; Atelier Loidl, Berlin | ein 3. Preis farwick + grote, Ahaus; club L94, Köln | ein 3. Preis Ortner & Ortner, Wien; Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten, Köln | 4. Preis Astoc, Köln; DTP, Essen 

Schweinfurt | Askren Manor
Die dreigeschossigen Wohnbauten der Siedlung Askren Manor, in denen seit 1953 Familien der US-Streitkräfte lebten, wurden erst 2008 saniert. Ob sie nun dennoch durch Neubau ersetzt werden, ist noch offen. Die Büros BS+ und el:ch Landschaftsarchitekten, Preisträger eines Ideenwettbewerbs, wollen die fünf Zeilen am östlichen Rand erhalten. Westlich davon ergänzen Reihenhäuser acht weitere Zeilen zu Höfen und unterbrechen so die bisher lineare Ausrichtung der Anlage. Auch eine Schule, eine Sporthalle und ein Jugendzentrum im Norden und Offiziershäuser im Süden bleiben bestehen. Von einem Platz mit Gastronomie und Dienstleistungen im Südosten vernetzen Parkachsen das Areal. AS
1. Preis BS+, Frankfurt a.M.; el:ch Landschaftsarch., München | 2. Preis Beer, München; Wamsler Rohloff Wirzmüller, Regensburg | 3. Preis freiraumpioniere, Weimar | Ankauf Schirmer, Würz- burg; Ver.de, Freising | Ankauf Arenas Basabe Palacios, Madrid

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