Bauwelt

Le Corbusier im Visier

Sieben zeitgenössische Fotografinnen und Fotografen wollten sieben ikonische Bauwerke von Le Corbusier neu sehen. Die Zürcher Ausstellung ihrer Arbeiten wirft Fragen auf.

Text: Stock, Wolfgang Jean, München

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Ein schöner, aber nicht sehr origineller Blick: Arbeitstisch Le Corbusiers mit Blick auf die Bucht, Le Cabanon, Roquebrune-Cap-Martin, Frankreich, 2021.
Foto: Seraina Wirz

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Ein schöner, aber nicht sehr origineller Blick: Arbeitstisch Le Corbusiers mit Blick auf die Bucht, Le Cabanon, Roquebrune-Cap-Martin, Frankreich, 2021.

Foto: Seraina Wirz


Le Corbusier im Visier

Sieben zeitgenössische Fotografinnen und Fotografen wollten sieben ikonische Bauwerke von Le Corbusier neu sehen. Die Zürcher Ausstellung ihrer Arbeiten wirft Fragen auf.

Text: Stock, Wolfgang Jean, München

Kein anderes architektonisches Werk der Moderne wurde wohl häufiger fotografiert als das von Le Corbusier. Gerade an seinem Beispiel offenbaren sich aber auch manche Probleme der Architekturfotografie. Auf der einen Seite brachten große Fotografen großartige Bilder hervor, in denen der Impuls und das Wesen von Le Corbusiers Leistungen sichtbar wurden. Andererseits jedoch gibt es bis heute Menschen, die jedes Gespür für die Entwurfsideen des Architekten vermissen lassen – bis hin zu Fachautoren, die ihre Texte mit Knips-Bildern illustrieren, wobei schlechtes Licht, willkürliche Ausschnitte und stürzende Linien die Regel sind. Architekturfotografie kann auch eine künstlerische Sicht auf ein Gebäude sein, ihre eigentliche Aufgabe aber ist die respektvolle Dokumentation, welche die Haltung und Gestaltung eines Bauwerks möglichst unverzerrt zum Ausdruck bringt.
Da Bilder von Le Corbusiers Bauten fast inflationär verbreitet sind, braucht es ein gutes Argument, um sie nochmals ins Visier zu nehmen. Das Zürcher Museum für Gestaltung ist sich da sicher: „Architekturikonen neu gesehen“ heißt seine aktuelle Ausstellung in dem von ihm betreuten Pavillon Le Corbusier, der vor zwei Jahren nach grundlegender Sanierung neu eröffnet wurde (Bauwelt 22.2020). Für diese Schau haben sieben – überwiegend jüngere – Fotografinnen und Fotografen jeweils ein Hauptwerk von „Corbu“ in den Blick genommen: von seinem winzigen Ferienhaus „Le Cabanon“ bis zur monumentalen Unité d’habitation in Marseille. Entstanden ist ein Kaleidoskop von Sichtweisen, die im Ganzen nicht überzeugen, aber immerhin zur Diskussion anregen.
Die Ausstellung behauptet, dass man die Architekturikonen so noch nicht gesehen habe. Das ist richtig, doch mit welchen Ergebnissen? Wer die Gebäude kennt, kann sich meistens nur wundern. Macht es etwa einen Sinn, wenn Lea Meienberg die Kapelle von Ronchamp im Nebel zeigt und zusätzlich banale Innenaufnahmen? Trägt es zur Vermittlung der Villa Savoye bei, Arthur Zalewskis Schnappschüsse vom Äußeren und Inneren zu zeigen? Und ist es erhellend, durch die Aufnahmen von Katharina Bayer nun die maschinellen Eingeweide der Unité zu kennen? Manches versteht man besser, wenn man sich die Zeit nimmt, die filmischen Kurzporträts der Fotografinnen und Fotografen anzuschauen. Da hört man hauptsächlich zeitgeistige Phrasen und fotokünstlerisches Geschwurbel – wie leider auch im Katalogessay von Danaé Panchand, die seit 2022 das Centre de la photographie in Genf leitet.
Doch gibt es zwei Ausnahmen. Eine ist der Beitrag von Jürg Gasser, der die kleine Villa „Le Lac“ am Genfersee subjektiv interpretiert hat. Gasser war enger Mitarbeiter von Heidi Weber, die 1967 als Bauherrin den Pavillon am Zürichsee eröffnet hatte – und nun ist es eine besondere Freude, von ihm so nebenbei Schwarzweiß-Aufnahmen zu sehen, die er 1968 in Chandigarh gemacht hatte. Der beste Beitrag stammt von der Schweizerin Seraina Wirz, die sich mit dem „Cabanon“ das schwierigste, weil kleinste Gebäude ausgesucht hat. In ihren Bildern wird deutlich, dass sie dieses „Tiny House“ wirklich verstanden hat. Was Le Corbusier und die Fotografie angeht, sind freilich die Klassiker bis heute unübertroffen: René Burri mit seinen lebensnahen Reportagen, Lucien Hervé mit seinen heroisch gesteigerten Aufnahmen und Klaus Kinold mit seinen sachlich-klaren Bildern aus der Sicht eines diplomierten Architekten.

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