Bauwelt

Schönheitschirurgie am Bau

Das Collegium medico-chirurgicum Josephinum in Wien erstrahlt in neuem Glanz

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

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    Bautypologisch ein Schloss: Außenansicht der Akademie und Innenaufnahme des Hörsaals
    Foto: Reiner Riedler

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    Im Dornröschenschlaf. Die Wachsmodelle menschlicher Körper stammen aus der Gründungszeit des Josephinums.
    Foto: Bene Croy

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    Im Dornröschenschlaf. Die Wachsmodelle menschlicher Körper stammen aus der Gründungszeit des Josephinums.

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    Sammeln Sie Treueherzen? Vom wichtigsten Organ gibt es eine große Auswahl an Wachsmodellen.
    Foto: Bene Croy

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    Sammeln Sie Treueherzen? Vom wichtigsten Organ gibt es eine große Auswahl an Wachsmodellen.

    Foto: Bene Croy

Schönheitschirurgie am Bau

Das Collegium medico-chirurgicum Josephinum in Wien erstrahlt in neuem Glanz

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

Es ist heute kaum noch zu verstehen, dass die Chirurgie lange nicht der Medizin zugeordnet war. Bis in die frühe Neuzeit rangierte sie irgendwo zwischen Handwerk und Kurpfuscherei, war im Krieg allerdings das Mittel der Wahl, um verletzte Soldaten durch Amputation eines Glieds vor Wundbrand oder tödlichen Infektionen zu schützen und somit ihr Leben zu retten. Wenig überraschend also, dass Impulse für eine bes­sere Ausbildung der Chirurgen aus dem Militär kamen. In Österreich-Ungarn war es Joseph II., Sohn und Thronfolger von Maria Theresia, der gegen den Widerstand der universitären Medizin eine eigene Akademie initiierte, die dem Militär unterstellt blieb. Sie erhielt ein repräsentatives, klassizistisches Stadtpalais, das später so bezeichnete Josephinum. Es wurde ab 1785 nach Plänen des Hofarchitekten Isidore Canevale im heutigen 9. Wiener Gemeindebezirk erbaut und ist nahe dem ebenfalls vom Regenten gegrün­deten Allgemeinen Krankenhaus gelegen.
Zu Ausbildungszwecken orderte Joseph II. ­zudem insgesamt 1192 anatomische, teils ­lebensgroße Wachsmodelle aus Oberitalien, die nicht nur die damals aktuellen Erkenntnisse der medizinischen Forschung widerspiegelten. Sie zeichnen sich besonders durch eine hohe künstlerische Qualität aus, bedienen sich Motiven Michelangelos oder bekannter Darstellungen des Barocks. Zusammen mit medizinischen Gerätschaften, Archivalien, Bilddokumenten und Fachliteratur bildet diese Wiener medizinhistorische Sammlung aus dem Geiste der Aufklärung ein weltweit einzigartiges Kulturgut – fristete aber lange ein Schattendasein im verstaubten Ambiente des vernachlässigten Palais.
Damit ist seit Ende September Schluss. Ab 2019 ließ die Bundesimmobiliengesellschaft das denkmalgeschützte Gebäude für rund elf Millionen Euro sanieren und in ein modernes Museum mit 1000 Quadratmetern Ausstellungsfläche umbauen. Verantwortlich zeichneten Gerhard Eder, Christian Egger und Bernd Priesching von eep Architekten aus Graz in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt. Die Sanierung der Fassade und die bauphysikalische Ertüchtigung der Bestandsfenster war als eigene Baumaßnahme ab 2015 vorgezogen worden. Dabei wurde etwa der originale Feinputz vom „Überrieb“ einer Nachkriegssanierung befreit und restauriert sowie mit einem Kalkanstrich versehen: Der Bau erstrahlt seither in vielleicht etwas zu gleißender Helligkeit.
Auch der Vorplatz wurde aufgeräumt und in Anlehnung an den Originalzustand neugestaltet, der Haupteingang des Hauses und die anschließende „Sala Terrena“ als großzügiges Entrée ­reaktiviert. Das Herzstück des Hauses ist der neun Meter hohe, halbrunde Hörsaal im Ober­geschoss. Hier wurde eine weitere Bausünde in Gestalt einer Zwischendecke entfernt, wurden historische Wandmalerei und Bauplastik gesichert. Eine festinstallierte umlaufende Sitzbank erinnert an das ursprüngliche ansteigende ­Gestühl.
Im Erd- sowie im ersten Obergeschoss sind nun die Exponate neu aufgestellt. Die Ausstellung zeigt in sieben Sälen des Obergeschosses die Dauerpräsentation der Wachsmodelle in ihren originalen Vitrinen aus Rosenholz und mundgeblasenem venezianischem Glas. Das Erdgeschoss beherbergt ein öffentliches Sammlungsdepot, das thematisch variabel genutzt werden kann, derzeit etwa zu Lehre und Forschung oder dem personifizierten Gedächtnis der Wiener ­Medizin. Der freie Kurator Niko Wahl und das Team des Josephinums haben dafür ein dezentes und klares System aus lichtgrauen Sammlungsschränken und frei arrangierten Tischen konzipiert, das vollkommen ohne die heute leider so oft bemühte gestalterische und didaktische Überfrachtung musealer Präsentation auskommt.

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