Vom Flüchtlingsdorf zum Stadtbaustein
Der soziale Wohnungsbau in der Ukraine existiert seit einer Generation nicht mehr. Doch zwingt der durch den Krieg verursachte Druck auf dem Immobilienmarkt die Städte zum Umdenken.
Text: Meuser, Philipp, Berlin; Mysak, Nataliia, Zürich
Vom Flüchtlingsdorf zum Stadtbaustein
Der soziale Wohnungsbau in der Ukraine existiert seit einer Generation nicht mehr. Doch zwingt der durch den Krieg verursachte Druck auf dem Immobilienmarkt die Städte zum Umdenken.
Text: Meuser, Philipp, Berlin; Mysak, Nataliia, Zürich
Statt temporäre Flüchtlingsdörfer am Stadtrand abzustellen, muss eine Debatte über deren Standort und anschließenden Weiterbau geführt werden. Eine Studie der Europäischen Kommission bietet eine Grundlage zur Diskussion.
Die bisherigen Kriegszerstörungen und der bevorstehende Wiederaufbau des Wohnungsbestands in der Ukraine offenbaren baupolitische Versäumnisse der vergangenen drei Jahrzehn-te. Die sieben Millionen Binnenflüchtlinge, die bis August 2022 aufgrund der Angriffe durch die russische Armee fliehen mussten, belasten einen Wohnungsmarkt, der ausschließlich privatwirtschaftlich organisiert ist und dem Staat keine Regulierung der Wohnraumverteilung erlaubt. Die wenigen Instrumente und Programme zur Schaffung von sozial verträglichen Wohnflächen erweisen sich auch unter Kriegsrecht als unbrauchbar.
Das Sofortprogramm für die langfristige Unterbringung von Vertriebenen, das 2014 für Flüchtlinge aus der Ostukraine und der Krim aufgelegt wurde, konnte die Bedürfnisse der Wohnungssuchenden bisher nicht angemessen erfüllen. Die meisten von ihnen waren bei der Suche nach einer neuen Unterkunft auf sich selbst angewiesen. Nach Angaben des Internationalen Büros fürMigration mieteten 45 Prozent eine Wohnung, 17 Prozent waren 2020 bei Verwandten untergebracht, nur zwei Prozent in temporären Sammelunterkünften und Lagern. Modulare Siedlungen, die in mehreren ukrainischen Städten errichtet wurden, werden bereits seit acht Jahren von Binnenvertriebenen bewohnt und sind somit zur Dauerlösung geworden.
Der Bedarf an Unterkünften für die vertriebene Bevölkerung aus den von der russischen Armee seit Februar 2022 besetzten und beschädigten Gebieten hat an Umfang und Dringlichkeit dramatisch zugenommen, was die Gemeinden und lokalen Behörden kaum bewältigen können. Der Staat als Gesetzgeber hat seine Fürsorgepflicht nicht erfüllt. Viele Muster der Unterbringung einer neuen Welle von Vertriebenen folgten den seit 2014 etablierten. Es ist erwähnenswert, dass zivilgesellschaftliche Initiativen am unmittelbarsten auf die Bereitstellung von Unterkünften und Notunterkünften reagierten und die Kapazitäten der lokalen Behörden erheblich erweiterten. Allerdings decken diese Ad-hoc-Lösungen nicht den Bedarf der Wohnungssuchenden und bieten in den meisten Fällen keine nachhaltige Unterbringung. Darüber hinaus umfasst die Gruppe der Menschen, die mit Wohnungsproblemen konfrontiert sind, neben den durch den Krieg Vertriebenen auch andere gefährdete Gruppen. Der russische Angriff macht dieses Versagen in der Wohnungspolitik auf besonders brutale Weise deutlich.
Um die Integration der Ukraine in die Europäische Union zu ermöglichen, muss sich auch der Wohnungsbau reformieren. Dazu zählen ordnungspolitische Themenfelder wie das Bodenrecht, darüber hinaus eine Förderung neuer Akteure im Wohnungsbau in Konkurrenz zu den marktbestimmenden Oligarchen und eine neue Wohnkultur, die nicht nur die Monostruktur des Eigentums im vielgeschossigen Investorenprojekt bedient. Traditionell verfügen die Wohnungseigentümer in der Ukraine nicht über einen Grundstücksanteil, der für einen Bankkredit beliehen werden könnte. Dieses System beschränkt den Zugang zu Wohneigentum, wobei es an Alternativen auf dem Mietwohnungsmarkt fehlt. Die Förderung von Genossenschaftsmodellen und die Schaffung eines kommunalen Wohnungsbaus – das wesentliche Element einer sozialen Marktwirtschaft – wird sich in den kommenden Jahren zu einer wichtigen Säule der Sozial- und Baupolitik entwickeln. Die gegenwärtige Krise bietet deshalb die einmalige Chan-ce, den Wohnungsmarkt nach dem Krieg zu diversifizieren und sich von postkolonialen Strukturen aus der Sowjetzeit zu emanzipieren. Dies setzt aber auch ein Verständnis voraus, das den Staat von der Erwartungshaltung seiner Bürger entbindet, kostenlosen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Diese Mentalität geht auf die Massenprivatisierung der frühen Neunzigerjahre zurück, als die Ukraine ihren staatlichen Wohnungsbesitz ohne finanzielle Gegenleistung privatisierte.
Kurze Schockstarre der Bauwirtschaft
In der Sowjetunion genossen Architekten und Bauingenieure neben Menschen, die in den Bereichen Militärtechnik und Raumfahrt tätig waren, die höchste Anerkennung. Weltweit betrachtet war kein staatliches Bauprogramm in den vergangenen 100 Jahren hinsichtlich seiner Quantitäten bedeutender als der serielle Wohnungsbau zwischen Ostsee und Pazifik – Ende der Fünfzigerjahre vom damaligen sowjetischen Parteichef Nikita Chruschtschow ins Leben gerufen. Bis zum heutigen Tag suchen die Länder, die einst Teil der Sowjetunion waren, nach einer Möglichkeit, dieses komplizierte Erbe angemessen zu bewerten. Die physische Zerstörung des sowjetischen Erbes – einzelner Gebäude ebenso wie ganzer Stadtteile – in der Ukraine durch russische Waffengewalt markiert auch auf symbolischer Ebene einen deutlichen Bruch zwischen der sowjetischen und der postsowjetischen Gesellschaft. Mehr noch, diese beschädigten Objekte und Gebiete werden nun Teil dekolonialisierter Narrative der neuen Stadtsanierungsprojekte.
Paradoxerweise haben 70 Jahre als Teil der UdSSR eine Mentalität ausgeprägt, von der die Ukrainer gerade jetzt profitieren. Denn die sowjetische Bauwirtschaft war aufgrund zunehmender Materialknappheit, von Finanzproblemen sowie Katastrophen im usbekischen Taschkent (1966), im ukrainischen Tschornobyl (1986) oder im armenischen Spitak (1988) krisenerprobt. Und so konnte die Baubranche die Schockstarre des 24. Februar 2022 in einigen Landesteilen bereits nach kurzer Zeit überwinden und sich auf die Notfallsituation einstellen.
In den ersten Wochen des russischen Angriffs war der Bausektor in weiten Teilen des Landes zunächst zum Erliegen gekommen. Auch weiterhin ist eine flächendeckende Rückkehr zum Normalbetrieb nicht denkbar. Die aktuellen Kriegshandlungen beeinflussen die seit einigen Jahren ohnehin bestehenden Lieferengpässe und Preissteigerungen, auch Ressourcenverknappung ist ein verschärftes Problem. Vor allem bei Baustahl, Bauholz und erdölbasierten Baustoffen wie Bitumen und Asphalt sind die Veränderungen spürbar. Nach Recherchen des Immobilienmagazins InVenture erholte sich die Bauwirtschaft in westlichen Oblasten drei Monate nach dem Krieg teilweise wieder. Während die Bautätigkeiten in der Region Odesa um 40 Prozent gegenüber Anfang 2022 zurückgegangen waren, brachen die Aktivitäten in den Regionen Dnipropetrowsk (16 Prozent) und Kyjiw (zwölf Prozent) im Vergleich geringer ein.
Während Baubataillone der russischen Armee in den besetzten Gebieten – etwa in Mariupol – medienwirksam mit dem Wiederaufbau begonnen haben und den Wohnungsneubau zur psychologischen Kriegsführung einsetzen, beschränken sich die Aktivitäten von Projektentwicklern und Baufirmen in nicht besetzten Gebieten ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn auf die Fertigstellung laufender Projekte und die Reparatur der beschädigten Objekte. In den von der Frontlinie entfernten Gebieten in der Westukraine sind temporäre Unterkünfte für Flüchtlinge entstanden, die nicht im bestehenden Wohnungsbestand untergebracht werden konnten.
In Ortschaften, die die russische Armee nach der gescheiterten Blitzeinnahme der Hauptstadt Kyjiw Ende März verließen, wurden im Rahmen der Nothilfe teils selbstorganisierte oder durch Nichtregierungsorganisationen initiierte Wohncontainer aufgestellt. Diese Moduldörfer, die inzwischen auch in anderen Oblasten entstanden sind, erscheinen wie Baustellenunterkünfte und erfüllen lediglich funktionale Anforderungen. Die Einraum-Häuser in Butscha, Irpin oder Borodjanka haben eine Fläche von 20 Quadratmetern, verfügen über eine Basismöblierung, Sanitäreinrichtungen und Internetanschluss.
In Ortschaften, die die russische Armee nach der gescheiterten Blitzeinnahme der Hauptstadt Kyjiw Ende März verließen, wurden im Rahmen der Nothilfe teils selbstorganisierte oder durch Nichtregierungsorganisationen initiierte Wohncontainer aufgestellt. Diese Moduldörfer, die inzwischen auch in anderen Oblasten entstanden sind, erscheinen wie Baustellenunterkünfte und erfüllen lediglich funktionale Anforderungen. Die Einraum-Häuser in Butscha, Irpin oder Borodjanka haben eine Fläche von 20 Quadratmetern, verfügen über eine Basismöblierung, Sanitäreinrichtungen und Internetanschluss.
Den Geflüchteten stellt der Staat diese Notunterkünfte zwei Jahre lang gratis zur Verfügung. Der derzeitige Plan sieht vor, dass die Bewohner nach Ablauf der Frist ihr Wohnmodul kaufen. Soll dieses Konzept aufgehen, müssen die Planer aber schon beim Aufstellen eine solche Nachnutzung mitdenken. Denn mit zunehmender Dauer des militärischen Konflikts rückt die Frage nach einem nachhaltigen Wohnungsbau für die inzwischen über sieben Millionen Binnenflüchtlinge in den Fokus. Dazu zählen Strategien, temporären Wohnungsbau so zu planen, dass die entstehenden Flächen nach dem Krieg zu vollwertigem Wohnraum entwickelt werden können. Das schließt eben auch eine Übertragung an und den Weiterbau durch Bewoh-ner selbst ein, die nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren möchten oder können. Lokale Akteure im Bauwesen sehen in der gegenwärtigen Situation beziehungsweise dem zukünftigen Wiederaufbau Potenziale, sofern ihre Unternehmen bis Kriegsende Marktteilnehmer bleiben. Teilweise sind Baufirmen dazu übergegangen, ihre Produktion auf den Bedarf des ukrainischen Militärs umzustellen. Hersteller von Betonfertigelementen produzierten in den ersten Kriegswochen mobile Straßensperren oder modulare Schutzelemente, die von der territorialen Verteidigung an verkehrswichtigen Orten aufgestellt wurden und zu einem unübersehbaren Zeichen des Krieges geworden sind.
Unterbringung von Binnenflüchtlingen
Die Bereitstellung von Wohnraum während des gegenwärtigen Kriegs nimmt längst auch strategische Bedeutung ein. Denn Menschen, die in den Gebieten unter dem möglichen Einmarsch oder in der Nähe der Frontlinie wohnten, entschieden sich gegen eine Evakuierung, weil sie in vergleichsweise sicheren Gebieten der Ukraine unbezahlbare Mieten befürchteten. Im Juli veröffentlichte der Nationale Rat für den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg den Entwurf eines Plans für den Wiederaufbau von Wohnraum in den nächsten zehn Jahren. Er legt die Phasen des Wiederaufbaus fest, wobei der Bereitstellung von Wohnraum Vorrang vor einer finanziellen Kompensation eingeräumt wird. Der Vorschlag schließt auch die Frage der Entwicklung von Sozialwohnungen ein, die später kostenlos privatisiert werden könnten. Um die Möglichkeit eines solchen Szenarios zu verhindern, ist es wichtig, die entstehenden gemeinnützigen Modelle des öffentlichen Wohnungsbaus zu festigen und den Wohnungssektor als ein System zu überdenken. In der Ukraine sind 95 Prozent des Wohnungsbestands in privater und nur fünf Prozent in öffentlicher Hand.
Ausgehend von der derzeitigen Situation in der Ukraine hat die Europäische Kommission im Rahmen des New European Bauhaus-Programms eine Studie zum Wohnungsbau in der Ukraine erstellen lassen. Das Konzept sieht die kommunalen Verwaltungen in der Pflicht, den Bau und die Verwaltung von Wohnungen nicht mehr nur der Privatwirtschaft zu überlassen. Darüber hinaus werden die derzeit erforderlichen Maßnahmen zur Unterbringung der Binnenflüchtlinge in ein System des Zivilschutzes eingebettet. Die Kategorien umfassen Sofortmaßnahmen (Kategorie 1), Notunterkünfte (Kategorie 2) und kostengünstiger Wohnungsbau (Kategorie 3). Ergänzt werden die Kategorien durch den frei finanzierter Wohnungsbau und eine langfristige Wohnstrategie Ukraine 2050. Diese Kategorien beruhen auf der flexiblen Priorisierung von Kosten, Zeit und Qualität, ergänzt um soziale und ökologische Aspekte. Ein wichtiger Parameter stellt aber auch die Umnutzung von Bestandsbauten und die Revitalisierung leerstehender Gebäude dar.
Eine der wichtigsten Fragen in Bezug auf die Wohnverhältnisse ist derzeit die Vorbereitung auf den Winter. Umgewandelte Eisenbahnwaggons in Irpin, die als Notunterkünfte für Rückkehrer dienten, konnten den Bedürfnissen in der kalten Jahreszeit nicht mehr gerecht werden. Daher werden die derzeitigen Bewohner in eine Containersiedlung umziehen, die nach der Klassifizierung als Notunterkunft betrachtet werden kann. In Anbetracht der Erfahrungen mit den noch bewohnten Containersiedlungen, die 2015 in der Ukraine entwickelt wurden, ist zu betonen, dass alle temporären Projekte mit einem klaren Verständnis für ihren Lebenszyklus entwickelt werden müssen. Die Erfahrung mit anderen Flüchtlingskrisen hat gezeigt, dass sich kurzfristig aufgestellte Module oft zu dauerhaften Wohnlösungen entwickeln. Ein Weiterbauen dieser Unterkünfte in Verantwortung ihrer Nutzer muss also von Anfang an mitgedacht werden.
So arbeitet das Kyjiwer Büro Balbek an einem temporären Wohnsystem für Binnenvertriebene, das als komfortable modulare Unterkunft konzipiert ist. Eine solche Siedlung könnte innerhalb von drei Monaten aufgebaut werden und für maximal 18 Monate ein Zuhause sein. Balbek schlägt vor, dass die Module nach diesem Zeitraum in das Eigentum der lokalen Gemeinschaft übergehen. Auf der Grundlage dieses Prinzips soll in der Nähe von Butscha ein Pilotprojekt mit zwei Wohnabschnitten für 15 Familien errichtet werden. Die Architekten wollen die Lösung testen und bei Bedarf verbessern. Dabei ist zu betonen, dass die Größe der Siedlung, ihr Kontext und die infrastrukturelle Anbindung sogar wichtiger sein können als die Funktionalität der einzelnen Abschnitte und daher sehrsorgfältig berücksichtigt werden sollten, da sie für die Erfahrungen der temporären Bewohner entscheidend sind. Die zunächst angedachte Größe der Anlage mit bis zu 8000 Menschen hat die Stadtverwaltung inzwischen deutlich reduziert.
Ein weiteres Beispiel für die Bereitstellung von Notunterkünften ist ein Ansatz, der von der Initiative Co-Haty entwickelt wurde, die auf der Grundlage der gemeinnützigen Stiftung Metalab und gemeinsam mit einer Gruppe engagierter Bürger gegründet wurde. Ihr erstes Projekt war die Renovierung eines Wohnheims in Iwano-Frankiwsk, das seit Jahren leer stand. Zwei weitere Projekte sind derzeit in der Fertigstellung: die Herrichtung eines weiteren leerstehenden Wohnheims sowie die Umnutzung eines ehemaligen Kindergartens. Neben der Bereitstellung von Wohnraum für Binnenvertriebene werfen solche Projekte die Frage nach alternativen Modellen für die Überlassung, den Besitz und die Verwaltung der Immobilien auf. Solche wiederverwendeten und umgestalteten Gebäude könnten möglicherweise Teil des kommunalen Wohnungsbestands werden. Die Agentur für Raumentwicklung in Winnyzja – der Ort befindet sich in der Region mit den meisten Binnenvertriebenen in der Ukraine – geht die akute Wohnungsnot strategischer an. Dort geht es um den Bau von Sozialwohnungen in kommunaler Verantwortung. Das Modell Winnyzja hat das Potenzial, Pilotprojekt für das gesamte Land dazu werden – initiiert unter dem Druck, kurzfristig bezahlbaren Wohnraum zu produzieren. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Flüchtlingsunterbringungen nicht vermietet, sondern an die Bewohner verkauft werden sollen. Der Gedanke, dass sich über einen kommunalen Wohnungsbestand eine nachhaltige Sozialpolitik gestalten ließe, hat sich in der Ukraine noch nicht durchgesetzt. Zu hoch ist die Angst, durch die Schaffung von günstigen Mietwohnungen soziale Brennpunkte entstehen zu lassen. Der Wissenstransfer aus EU-Ländern wird sich daher auf Verwaltungsfragen und eine ausgewogene Belegungspolitik konzentrieren müssen. Im technischen Bereich stehen Themen wie Energiebilanz und zirkuläres Bauen auf der Agenda.
Die Beispiele in Butscha, Iwano-Frankiwsk und Winnyzja stehen bereits für eine beginnende Diversifizierung des Wohnungssektors. Im Schnellverfahren sammeln die Stadtverwaltungen dabei Erfahrungen in einem Bereich, den sie jahrzehntelang vernachlässigt haben. Die Invasion hat die Wohnungskrise drastisch verschärft, aber gleichzeitig die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Wohnungsfrage in den Diskurs einzubringen. Die Wohnraumsuche von insgesamt 30 Prozent der ukrainischen Bevölkerung, die entweder als Binnenflüchtlinge oder als Geflüchtete im Ausland registriert sind, erzwingt eine neue Wohnungspolitik sowie alternative Modelle für ihre Entwicklung und Verwaltung. Es bleibt wichtig, die Wohnungsfrage strategisch zu betrachten und dabei zu vermeiden, unbedachte Ad-hoc-Entscheidungen zu treffen oder untätig den vordefinierten Mustern der kommerziellen Wohnungsentwicklung zu folgen. Ein diversifiziertes System der Wohnraumversorgung – entsprechend den fünf Kategorien der Europäischen Kommission – könnte zu einem Instrument werden, das dazu beiträgt, die Bedürfnisse der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen unter den sich rasch verändernden Bedingungen zu erfüllen. Nicht nur in der Ukraine.
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