Brighton College
Viel Glas, üppige Zwischenräume und ineinander übergehende Geschosse: OMA verschränken für das Brighton College die Fachgebiete Sport und Naturwissenschaft in einem Gebäude miteinander.
Text: Flagner, Beatrix, Berlin
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Unter der großen Vortreppe befinden sich einige Lehrerbüros.
Foto: Laurian Ghinitoiu
Unter der großen Vortreppe befinden sich einige Lehrerbüros.
Foto: Laurian Ghinitoiu
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Richtung Spielfeld ist das Gebäude vollständig transparent.
Foto: Laurian Ghinitoiu
Richtung Spielfeld ist das Gebäude vollständig transparent.
Foto: Laurian Ghinitoiu
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Die Westfassade in Richtung eines kleinen Gewerbegebiets ist transluzent und wirkt abweisend.
Foto: Davies Baron
Die Westfassade in Richtung eines kleinen Gewerbegebiets ist transluzent und wirkt abweisend.
Foto: Davies Baron
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Die Innenarchitekten wollten mit dem sterilen Image von Laboren brechen: Im Foyer stehen zu Theken umgebaute Retro-VW-Busse, die Möblierung ist bunt.
Foto: Laurian Ghinitoiu
Die Innenarchitekten wollten mit dem sterilen Image von Laboren brechen: Im Foyer stehen zu Theken umgebaute Retro-VW-Busse, die Möblierung ist bunt.
Foto: Laurian Ghinitoiu
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Die abgetreppten Laborräume sollen sich auf die umgebende Bebauung beziehen.
Foto: Laurian Ghinitoiu
Die abgetreppten Laborräume sollen sich auf die umgebende Bebauung beziehen.
Foto: Laurian Ghinitoiu
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Die typisch britischen Reihenhäuser. Sie wird in den vielen Glasscheiben und Spiegeln reflektiert.
Foto: Laurian Ghinitoiu
Die typisch britischen Reihenhäuser. Sie wird in den vielen Glasscheiben und Spiegeln reflektiert.
Foto: Laurian Ghinitoiu
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Aufzüge werden in Schulen nur selten benutzt. Der Weg durch das Gebäude war ein wichtiger Aspekt im Entwurf.
Foto: Laurian Ghinitoiu
Aufzüge werden in Schulen nur selten benutzt. Der Weg durch das Gebäude war ein wichtiger Aspekt im Entwurf.
Foto: Laurian Ghinitoiu
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Von den Fluren ist immer den Blick in die Hallen und Unterrichtsräume möglich.
Foto: Laurian Ghinitoiu
Von den Fluren ist immer den Blick in die Hallen und Unterrichtsräume möglich.
Foto: Laurian Ghinitoiu
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Eine 25 Meter lange Laufstrecke verbindet das Foyer mit der Sporthalle.
Foto: Laurian Ghinitoiu
Eine 25 Meter lange Laufstrecke verbindet das Foyer mit der Sporthalle.
Foto: Laurian Ghinitoiu
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Das Dach ist der einzige Ort auf dem Campus, von dem man das Meer sehen kann.
Foto: Laurian Ghinitoiu
Das Dach ist der einzige Ort auf dem Campus, von dem man das Meer sehen kann.
Foto: Laurian Ghinitoiu
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Neugotische Türme, Spitzbögen und Fensterrosen – am eisernen Eingangstor des Brighton Colleges empfängt mich eine Gruppe von Jugendlichen, alle in schwarze Roben gehüllt. Die Schülerin Heather bringt mich zu dem Neubau. Sie macht in diesem Jahr ihren Abschluss und hat einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt gewählt, sie freut sich auf den Unterricht in den Laborräumen des neuen Hauses. Am besten gefallen ihr jedoch die „fliegenden Lichter“ − die Leuchten in der Eingangshalle, die tief hängen und deren Schirme aus goldenem Tüll bestehen. Sie erinnern sie an die schwebenden Kerzen im Speisesaal von Hogwarts. Die besondere Umgebung, schwarze Umhänge und fliegende Lichter? Nicht nur Heather erwähnt Hogwarts, die Schule für Hexerei und Zauberei aus den Harry-Potter-Büchern, sondern auch Ellen van Loon, Partnerin bei OMA, spricht bei der Eröffnung von einer „Harry-Potter-Welt“. Sie ist verantwortlich für die jüngste Erweiterung auf dem Campus der Schule, das Gebäude für Sport und Naturwissenschaft, welches im Januar in Betrieb genommen wurde.
Das Brighton College wurde 1845 als erste unabhängige, durch Schulgebühren finanzierte weiterführende Schule in Sussex gegründet und nach den Plänen von Sir Gilbert Scott und Sir Thomas Jackson im neugotischen Stil gebaut. Die Schule ist stolz auf ihre Geschichte: Hier förderte man von Anfang an das Lernen in kleinen Gruppen, unterrichtete moderne Sprachen, realisierte einen eigens für die naturwissenschaftlichen Fächer gebauten Labortrakt, und 1973 wurden Mädchen zugelassen. Das eigentliche Brighton College besteht aus der „Senior School“ für 11- bis 18-Jährige, zusätzlich gibt es eine Grundschule, die „Brighton College Preparatory School“, sowie einen Kindergarten, die „Pre-Prep School“. 1100 Schüler besuchen die Schule, ein Großteil der höheren Jahrgänge kommt aus anderen Städten und Ländern und nutzt deswegen das Internatsangebot − für rund 36.000 Pfund pro Schuljahr. Nach der elitären Jungenschule „Eton“, gehört das Brighton College zu den fünf führenden Privatschulen des Landes.
Der Realisierung des Projekts ging ein Wettbewerb voran, den OMA 2013 für sich entschied. Die Aufgabe bestand zunächst darin, die Science School des Brighton College um weitere Labore zu erweitern. Eine neue Sportanlage wurde als separates Projekt angekündigt. OMA schlugen von Anfang an eine Verbindung beider Fachgebiete vor, nach einer Überarbeitung und einer zweiten Wettbewerbsphase 2014 konnte die Genehmigung für eine gemeinsame Planung ein-geholt werden. Der Schulleiter Richard Cairns erklärt die Entscheidung so: Beide Fachgebiete gehören irgendwie zusammen, Sport kann eine Wissenschaft sein, die Wissenschaft ist sportlich. Die Schule will ein fächerübergreifendes Denken fördern. Übersetzt in die Architektur: In welchem Trakt befinde ich mich? Oder in welchem Geschoss?
Für den Neubau wurden am nordwestlichen Rand des Schulgeländes die alten Sporthallen abgerissen. Im Gegensatz zum kleinteiligen Campus ist das Grundstück verhältnismäßig groß, OMA bebauten es komplett und brechen mit der intimen und magischen Atmosphäre auf dem Campus − ihre Reaktion auf Harry Potter. Die zwei Fachgebiete sollten zunächst auf zwei Seiten eines Atriums angeordnet werden − viel zu konventionell für das niederländische Büro, deswegen sind sie in der Realisierung übereinandergesetzt: In den unteren Geschossen befinden sich die Sporträume, in den oberen die Laborräume.
Der Bau wird von typisch britischen Rei-henhäusern umgeben, welche Ellen van Loon zur Herleitung ihres Entwurfs dienten. Sie beschreibt ihn als eine „moderne Interpretation“ des regelmäßigen Rhythmus der Reihenhausfassaden. Nicht ganz nachvollziehbar, bedenkt man die Dimension des Neubaus. Den stren-gen Fassadenrhythmus übersetzen OMA auch in die Struktur ihres Gebäudes: Die Klassenzimmer, Labore und das Gewächshaus erstrecken sich wie eine Skelettbrücke über die Sportstätten.
Heather bringt mich bis zum Absatz der Treppenanlage, welche zum Eingang der Sports- & Science-Schule führt. Im Foyer stehen zwei alte VW-Busse, die zu Bars umgebaut wurden, die anfangs erwähnten Leuchten fallen direkt auf, genauso wie die blau-grün-gestreiften Möbel und ein Neonlichtschriftzug des Wortes „Kino“ − kein klassisches Entrée für einen Sport- und Labortrakt, mit dem man eher sterile und kalte Räume assoziiert.
Eine 25 Meter lange Laufstrecke verbindet die Eingangshalle mit der großen Sporthalle. Wie im gesamten Gebäude ist die Westfassade Richtung Wohn- und Gewerbegebiet transluzent, die Ostfassade ist transparent und bietet einen weiten Blick über das Spielfeld hinaus auf die Reihenhäuser. Die Sporthalle ist zu dieser Seite komplett öffenbar. Eine Tiefgarage darunter soll den Campus zur autofreien Zone machen. Als Reminiszenz an die alten Sporträume − und um die Halle auch für förmliche Veranstaltungen nutzen zu können − wurde Parkettboden verlegt.
Der Halle vorgeschaltet sind ein Kraftraum und eine Turnhalle. Alle drei sind visuell miteinander verbunden, eine tiefe Fensterscheibe im Kraftraum ermöglicht sogar den Blick hinunter zum Schwimmbad im Untergeschoss. Dort befinden sich auch die Umkleidekabinen der Feldsportler, wie auch einige Büros. Im Schmutzbereich hat sich Ellen van Loon eine kleine Spie-lerei erlaubt in Form eines Regals, welches dem Schnitt des Gebäudes nachempfunden ist und auf dem die Pokale und Trophäen stehen.
Transparenter Lernprozess
Dass die Kommunikation zwischen den Schülern wichtig für das Konzept war, wird in den oberen Geschossen deutlich: Großzügige und offene Korridore schaffen Raum für Pausen und für das Lernen außerhalb der Unterrichtsräume. Ellen van Loon nennt sie „informelle Ausbruchräume“. Sie kompensieren die starre Möblierung in den Laborräumen, die schlecht für freien Unterricht oder zurückgezogene Gruppenarbeiten geeignet ist. Die Zwischenräume machen auch die Ebenenverschiebungen besonders erfahrbar, die einzelnen Gebäudeteile sind einander ausgesetzt: Die Indoor-Laufbahn im Erdgeschoss ist von den oberen Ebenen aus sichtbar, Klassenzimmer haben raumhohe Fenster zum Spielfeld, zum Korridor hin Glaswände, sogar die Abzugshauben in den Chemieräumen sind transparent. Lernen im Vorbeilaufen: Wie in einer Fußgängerzone sind die einzelnen Labore an einer Treppenstraße angeordnet. Diese hinauflaufend, gelangt man in das zweite Obergeschoss, wo sich die Biologieräume und ein Gewächshaus befinden. Der Weg durch den Hybrid endet auf dem Dach. Von hier hat man nicht nur einen fantastischen Blick auf das Spielfeld und über den verwunschenen Campus, sondern auch bis zur Nordsee, deren Küste sich nur dreihundert Meter Luftlinie entfernt befindet.
In den letzten zehn Jahren wurde auf dem Gelände eine Reihe von Gebäuden errichtet, die Schulleiter Cairns als „schöne, aber höfliche Gebäude“ bezeichnete. Heather erzählt mir, dass es an der Schule einen Wettbewerb geben wird, um über den offiziellen Spitznamen für den (unhöflichen?) Neubau zu entscheiden. Hoch im Kurs steht „Enterprise“, nach dem Raumschiff aus Star Trek. Wie ein solches wirkt OMAs Gebäude auf dem Campus des Brighton College − von einem anderen Stern. Vielleicht passt es doch ganz gut ins Bild der verzauberten Harry-Potter-Welt.
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