Bauwelt

Pflegeheim 'De Korenbloem' in Kortrijk, Flandern


2012 lancierte der Baumeister von Flandern den Wettbewerb „Onzichtbare Zorg“ für neue Modelle in der Pflege. In Kortrijk ist mittlerweile ein Pflegeheim als erstes Pilotprojekt fertig. Sergison Bates und Jan Vermeulen in Kooperation mit Tom Thys haben sich die Aufgabe geteilt.


Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin


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    Der Neubau, der an die Villa „Landhuis“ anschließt, ...
    Foto: Stijn Bollaert

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    Der Neubau, der an die Villa „Landhuis“ anschließt, ...

    Foto: Stijn Bollaert

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    ... vermittelt zwischen Park und Straße.
    Foto: Stijn Bollaert

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    ... vermittelt zwischen Park und Straße.

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    Bindeglied zwischen Villa und Neubau ...
    Foto: Stijn Bollaert

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    Bindeglied zwischen Villa und Neubau ...

    Foto: Stijn Bollaert

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    ... ist der Gartenpavillon mit seinen großen Fenstern.
    Foto: Stijn Bollaert

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    ... ist der Gartenpavillon mit seinen großen Fenstern.

    Foto: Stijn Bollaert

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    Die Pergolenfassade auf der Westseite wird noch begrünt ...
    Foto: Stijn Bollaert

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    Die Pergolenfassade auf der Westseite wird noch begrünt ...

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    ... und schafft einen schattigen Schwellenraum.
    Foto: Stijn Bollaert

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    ... und schafft einen schattigen Schwellenraum.

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    Vom Sint-Jansplein ist eine kleine Terrasse zwischen erhaltener Villa und Neubau mit Blick in den Park zugänglich.
    Foto: Danko Stjepanovic

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    Vom Sint-Jansplein ist eine kleine Terrasse zwischen erhaltener Villa und Neubau mit Blick in den Park zugänglich.

    Foto: Danko Stjepanovic

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    Die Bewohner sollen auf dem Campus eine Bandbreite von Orten für sich ent­decken, ihr „Zuhausesein“ über die Grenzen ihrer privaten Räume hinaus begreifen.
    Foto: Stefan Müller

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    Die Bewohner sollen auf dem Campus eine Bandbreite von Orten für sich ent­decken, ihr „Zuhausesein“ über die Grenzen ihrer privaten Räume hinaus begreifen.

    Foto: Stefan Müller

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    Die in der Villa aus den 1930er Jahren flurlos miteinander verbundenen Räume ...
    Foto: Stefan Müller

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    Die in der Villa aus den 1930er Jahren flurlos miteinander verbundenen Räume ...

    Foto: Stefan Müller

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    ... haben Sergison Bates auf den Neubau übertragen.
    Foto: Danko Stjepanovic

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    ... haben Sergison Bates auf den Neubau übertragen.

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    Dem betreuten Wohnen ganz oben ...
    Foto: Stefan Müller

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    Dem betreuten Wohnen ganz oben ...

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    ... sind große Dachterrassen zugeordnet.
    Foto: Stefan Müller

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    ... sind große Dachterrassen zugeordnet.

    Foto: Stefan Müller

Östlich des Stadtkerns von Kortrijk schließt ein ruhiges Wohnviertel an. Zwei- und dreigeschossige Häuser reihen sich entlang der Straßen, ihre Backsteinfassaden und das Grün der kleinen Vorgärten prägen die Räume. Der Sint-Jansplein ist mit seiner neugotischen Kirche ein Zentrum dieses Viertels, und hier durchbrechen auch einzelne höhere Gebäude aus der Nachkriegszeit die Homogenität der Seitenstraßen. Das Altenheim „De Korenbloem“ sprengt auf seine Weise ebenfalls den Maßstab, indem es sich von der Platznordseite die Pieter de Conincklaan hinauf fast bis zur nächsten Querstraße erstreckt. So wenig durchlässig, wie diese backsteinerne Straßenwand ist, verbirgt sie den großen Garten mit altem Baumbestand im Blockinneren, der den Bewohnern der Anlage eine geschützte Umgebung bietet. Der konventionelle Grundriss des Gebäudes aus den achtziger Jahren mit Mittelflur und beidseitig orientierten Apartments erlaubt in den privaten Räumen freilich nur, entweder die Straße oder den Park wahrzunehmen.
Aufgrund seiner zentrumsnahen Lage in einnem gewachsenen Wohnquartier musste De Korenbloem geeignet erscheinen als eines von fünf Pilotprojekten des Wettbewerbs „Onzichtbare Zorg“, ging es diesem Vorhaben des damaligen flämischen Baumeisters Peter Swinnen doch darum, Einrichtungen zu entwickeln, die sich in vorhandene Strukturen einfügen und die Pflege alter und kranker Menschen – hier sind es früh an Demenz Erkrankte, durch einen erlittenen Schlaganfall Beeinträchtigte sowie Menschen mit somatischen Belastungsstörungen – inmitten des städtischen Alltags, vielleicht gar in der bis dahin gewohnten Umgebung erlauben. Diese Pflegemodelle auf ihr räumliches Potential hin zu untersuchen, mit Blick aufs Gebäude wie aufs Quartier, war die Aufgabe im Wettbewerb 2012.
Sergison Bates und Jan Vermeulen in Kooperation mit Tom Thys bewarben sich damals für den Standort in Kortrijk – und gewannen. Die Analyse bestehender Altenwohnanlagen hatte die Architekten zu der Erkenntnis geführt, dass die Vergrößerung der Wohnung die Welt der Bewohner oft kleiner macht, ihren Erlebnishorizont verengt. Kleinere Wohnungen, ergänzt um gemeinschaft­liche Orte in der Nähe, ermöglichen dagegen reichere Erfahrungen und mehr Kontakte. Die Idee des gemeinsamen Masterplans daher: De Korenbloem zu einem Campus weiterzuentwickeln; zu einem netzartigen Geflecht aufeinander bezo­gener Orte, das die Bewohner anregt und den Alltag abwechslungsreicher gestaltet, ohne ihre körperlichen Fähigkeiten zu strapazieren. Zwei denkmalgeschützte Gebäude – die klassizistische, mehrfach überformte Villa „Landhuis“ im Inneren des Parks und die gediegen-moderne Villa „Het Portiek“ aus den 1930er Jahren am Platz – sahen die Architekten dabei als Orte für gemeinschaftliche Angebote und damit als die Knotenpunkte dieses Beziehungsgeflechts. Während Sergison Bates die Villa Portiek übernahmen und daneben einen turmartigen Neubau platziert haben, gingen die Villa Landhuis und die Planung des Neubaus im Anschluss daran an Vermeulen und Thys.

Neues Pflegemodell: Das Teilprojekt von Vermeulen und Thys

Ein Reiz des Projekts war es für die Entwerfer, auf den ihnen zugefallenen Altbau auch architektonisch zu reagieren, erzählt Vermeulen beim gemeinsamen Besuch der Anlage. Sein Neubau erstreckt sich von der Villa bis hinauf zur Stasegemsestraat, wo er, leicht aus der Flucht genommen, die Einfahrt der Wohnanlage formuliert. Die Sanierung des an der Straße vorhandenen Bürogebäudes aus den achtziger Jahren erwies sich aufgrund schlechter Substanz wie unpassender Raumstruktur – zu niedrige Decken, keine Barri­erefreiheit – als nicht sinnvoll. Durch den Abriss war Platz für einen gestaffelten Neubau, dessen auf der Westseite vorgestellte Pergola-Fassade Innen und Außen verzahnt; ein Effekt, der sich künftig noch stärker zeigt, wenn die Begrünung der Fassade erst in die Höhe gewachsen ist. Die Staffelung vermeidet im Inneren endlose Korridorfluchten, zudem öffnet sich diese Zone über die offenen gemeinschaftlichen Wohnzimmer zum Tageslicht. Auf jedem Geschoss wurden zwei Wohncluster angeordnet, im Erdgeschoss Räume für die Tagespflege. Derartige Ange­­-bote finden sich auch im Erdgeschoss der Villa, das Obergeschoss hingegen bietet einen großen Raum für nachbarschaftliche Zwecke – neben freiwilligen Hilfskräften soll sich De Korenbloem auch räumlich mit der Umgebung stärker verzahnen. Durch Farbe und Details wie die am Neubau aufgegriffenen Gesimse sowie durch einen kleinen Verbindungstrakt, in dem die in ihrer Mobilität eingeschränkten Bewohner den Blick in den Park und auf den kleinen Vorplatz genießen können, verbinden sich Alt und Neu.

Pflegeheim: Das Teilprojekt von Sergison Bates

Stärker ist der Kontrast bei der Paarung von Ser­gison Bates. Ihr Neubau muss zwischen den unterschiedlichen Maßstäben der Villa aus den 1930er Jahren und dem Sechziger-Jahre-Bau auf der anderen Straßenseite vermitteln. Auffälligstes Element des fünfgeschossigen Neubaus ist der Behang aus brauner Keramik. Das Material verbindet das Gebäude mit den Ziegelbauten der Umgebung, spielt aber vor allem auf die Keramikelemente an, mit denen Architekt Hermann Faulnborn einst einzelne Bereiche der Villa gestalterisch hervorgehoben hat. Die Anordnung als vertikale, nicht bis zum Erdboden reichende Bahnen soll an Vorhänge denken lassen – eine Verneigung vor der einst in Kortrijk ansässigen Textilindustrie.
Der gestaffelte Grundriss verzahnt das blockhafte Volumen mit der Umgebung. Wichtiger für die Bewohner dieses Neubaus (jüngere Demenzkranke in erster Linie) dürften die Balkone sein, die die auf der Westseite angeordneten Gemeinschaftsräume zu den Baumkronen des Parks hin bzw. in den Platzraum erweitern. Indem sich die Staffelung der Wohnräume im Inneren wiederholt, vermeiden die Architekten zudem die Reihung von Eingangstüren, geben jedem Apartment einen kleinen Vorbereich. Die Verbindung der Räume untereinander haben sie aus dem Grundriss der Villa auf den Neubau übertragen. Die Wohncluster umfassen pro Geschoss jeweils neun bis zehn Apartments. Die Wirkung ist beachtlich: Nirgends stellt sich hier der Charakter einer großen Pflegeeinrichtung ein, das Innere der Gebäude verströmt vielmehr eine ausgesprochen wohnliche Atmosphäre, den die unterschiedlichen Orte des Zusammenlebens nicht kontrastieren, sondern ergänzen: Besucher könnten meinen, die Menschen lebten hier in einer Wohngemeinschaft, mit gemeinsamem Wohnraum und Küche und privaten Schlafzimmern. Der intime Charakter auch der halböffentlichen Bereiche und Außenräume unterstützt den Eindruck einer Abfolge „kleiner Welten“, die die Planer an die Stelle von Isolation, Abschottung und Rückzug in die private Atmosphäre gesetzt haben.

Erfolg in Brüssel

Ob der Ansatz aufgeht, das Wohlbefinden der hier Lebenden durch die Strategie der „unsichtbaren Pflege“ zu heben, vielleicht gar ihre je­weilige Beeinträchtigung günstig zu beeinflussen, wird sich erst im Lauf der nächsten Jahre zeigen, so dass sich dann Rückschlüsse für die künftige Planung derartiger Einrichtungen ziehen lassen. Die Würdigung in der Gegenwart hingegen hat sich bereits eingestellt: Am 11. Juni wurde der Weiterentwicklung des Altenzentrums De Korenbloem der European Bauhaus Award in der Kategorie „Prioritising the places and people who need it the most“ zugesprochen.



Fakten
Architekten Studio Jan Vermeulen, Brüssel; Tom Thys Architecten, Brüssel; Sergison Bates, London;
Adresse Pieter de Conincklaan 12, 8500 Kortrijk, Belgien


aus Bauwelt 14.2022
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