Ditton Hill House in Surbiton
Ein Haus mit Garten statt ein Gartenhaus – Im Londoner Speckgürtel bauten Surman Weston das erste Mal „so richtig“. Einfallsreich und gekonnt, findet unser Autor.
Text: Wainwright, Oliver, London
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Vorn der Archetyp eines Hauses, ...
Foto: Johan Dehlin
Vorn der Archetyp eines Hauses, ...
Foto: Johan Dehlin
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... hinten einem alpinen Heuschober ähnlich, ...
Foto: Johan Dehlin
... hinten einem alpinen Heuschober ähnlich, ...
Foto: Johan Dehlin
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... spielt Ditton Hill House mit räumlichen Erwartungen und konstruktiven Möglichkeiten.
Foto: Johan Dehlin
... spielt Ditton Hill House mit räumlichen Erwartungen und konstruktiven Möglichkeiten.
Foto: Johan Dehlin
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Die Diele ist repräsentativer als in den Nachbarhäusern, auf die Anspielungen ablesbar sind.
Foto: Johan Dehlin
Die Diele ist repräsentativer als in den Nachbarhäusern, auf die Anspielungen ablesbar sind.
Foto: Johan Dehlin
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Grobes Material verstehen die Architekten, sich elegant anzueignen.
Foto: Johan Dehlin
Grobes Material verstehen die Architekten, sich elegant anzueignen.
Foto: Johan Dehlin
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Tom Surman und Percy Weston von Surman Weston aus London.
Foto: Surman Weston
Tom Surman und Percy Weston von
Surman Weston aus London.
Foto: Surman Weston
An einer Straße in Surbiton, einem grünen Vorort südwestlich von London, steht etwas zurückgesetzt ein überraschendes Haus. Es wirkt flach wie ein Bühnenbild, wie eine hausförmige Werbetafel. Dieses strahlend weiße Haus erinnert an eine Kinderzeichnung. Rechts ein riesiges quadratisches Fenster, links eine überbreite Eingangstür und ein grotesk steiles Dach, ein knackiger Dreiecksgiebel, wie aus einem Cartoon.
Tritt man näher, enthüllt sich Subtiles. Durch die flache weiße Oberfläche hindurch schimmert geisterhaft ein Raster, das an das Fachwerk des Pseudo-Tudor-Stils der umstehenden Häuser erinnert, nur dass es nicht in Holz, sondern lackiertem Stahl ausgeführt ist. Die Stahlkonstruktion ist bündig ausgefacht mit weiß geschlämmten Ziegeln. Demgegenüber ist der Hauseingang tief in die Fassade eingezogen und mit einem theatralisch sich verjüngenden Windfang inszeniert. Dahinter werden erneut Erwartungen über den Haufen geworfen. Das Atrium ist dreimal so hoch wie die Dielen typisch englischer Häuser. Eine rohe Betontreppe windet sich unter der Dachunterseite aus geripptem Metall empor und durch ein Oberlicht im Industrieformat flutet Tageslicht den Raum. Die Wände sind in Sichtmauerwerk, erneut mit Schlämmputz, ausgeführt, was ihnen eine warme Haptik verleiht, während Schalter und Steckdosen einfach aufputz verlegt sind. Ditton Hill House wirkt vielmehr wie eine zeitgenössische Galerie als ein Zufluchtsort im Speckgürtel der Großstadt.
„Es war eine ziemlich verrückte Aufgabe.“, sagt Tom Surman von dem jungen Büro, das dieses außergewöhnliche Haus gebaut hat. Das Ditton Hill House ist das erste große Projekt von Surman Weston nach einer Reihe von Gartenhäuschen und es sprudelt nur so vor Ideen. „Die Auftraggeberin (Modedesignerin Amanda Winship, Anm. d. Red.) war verliebt in die Häuser der Moderne in Palm Springs; zugleich wollte sie aber auch ein Loft und dann musste es auch noch in die Vorortumgebung passen.“ Das Ergebnis ist eine witzige Verschmelzung dieser drei ungleichen Strömungen. Es verbindet die Leichtigkeit einer kalifornischen Villa mit dem roh Urbanen eines Industriebaus, gehüllt in eine umgemünzte Vorstellung von Suburbia.
Das Duo hat die meisten seiner kleinen Projekte selbst realisiert. Tom Surman arbeitete nach dem Examen als Polier auf dem Bau. Die Praxiserfahrung zeigt sich an vielen Entscheidungen: für mit dem Handspachtel aufgetragene Betonböden, raue Wände aus Backstein und ein Metallsystem für die Zwischendecke, das eine plastische Untersicht erzeugt – billige Basics, die nicht weiter bearbeitet werden müssen. So bleibt es bei einem Gesamtpreis von nur 600.000 Pfund. Es ist ein kluges Zusammenspiel von Rohem und Feinem mit Grundmaterialien, die dank der Sorgfalt, mit der sie eingesetzt wurden, dem Bau Qualität verleihen.
Hinter dem Atrium folgt ein enger Übergang, ein niedriger Flur führt über zwei Stufen hinab auf eine massive Eichentür zu. Dahinter liegt ein großzügiger offener Wohn- und Essbereich. Hier verschiebt sich die Raumdominante vom Vertikalen zum Horizontalen mit einem langen Panoramafenster zum Garten – die Rahmenkonstruktion des Hauses erlaubt eine stützenfreie Spannweite von 12 Metern. Die Öffnung an der Rückseite ist, wie auch das Gartenfenster, mit einem quadratischen Sprossenraster bedeckt, das sich auf die Crittal-Fenster der 1930er Jahre und die im Pseudo-Tudor-Stil ausgeführten Fenster der umliegenden Häuser bezieht, allerdings um ein Vielfaches vergrößert.
Tritt man durch die Flügeltür in den Garten, zeigt sich das Haus auf erneut unerwartete Weise: Ein perforierter Backsteinvorhang umhüllt das Obergeschoss und bildet einen Balkon. Neben dem Schlafzimmer befinden sich im Dach ein hohes Bad und ein Gästezimmer. Planungsrechtlich ist das Gebäude ein eingeschossiges Haus mit bewohnbarem Dach. Mit dieser Einstufung erhielt es schnell eine Baugenehmigung. Die Bauherrin witzelt: „Es ist ein Bungalow mit einer großzügigen Umwandlung in ein Loft“.
Aus dem Englischen von Ursula Karpowitsch
Fakten
Architekten
Surman Weston, London
Adresse
Ditton Hill Long Ditton Surbiton KT6 5EW Vereinigtes Königreich
aus
Bauwelt 1.2021
Artikel als pdf
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