Bauwelt

Fußgängerzone in Ripollet


Die kleine Sagrera-Straße in der katalanischen Stadt Ripollet wurde als Fußgängerzone neu gestaltet. Dabei entstand viel Platz fürs ruhige Flanieren und zum Spielen, aber wenig für Grün.


Text: Golda-Pongratz, Kathrin, Barcelona


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    Mit dem mittig platzierten Mobiliar haben die Architekten die Straße deutlich als Stadtraum für den nicht-motorisierten Verkehr definiert.
    Foto: Adrià Goula

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    Mit dem mittig platzierten Mobiliar haben die Architekten die Straße deutlich als Stadtraum für den nicht-motorisierten Verkehr definiert.

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    Die neue Fußgängerzone befindet sich im historischen Zentrum der Stadt Ripollet in der Provinz Barcelona.
    Foto: Adrià Goula

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    Die neue Fußgängerzone befindet sich im historischen Zentrum der Stadt Ripollet in der Provinz Barcelona.

    Foto: Adrià Goula

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    Die Stadtmöbel aus Ziegel sind von Treppen und Mauern der alten Bausubstanz Ripollets inspiriert und betonen den historischen Charakter der Innenstadt.
    Foto: Adrià Goula

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    Die Stadtmöbel aus Ziegel sind von Treppen und Mauern der alten Bausubstanz Ripollets inspiriert und betonen den historischen Charakter der Innenstadt.

    Foto: Adrià Goula

Die kleine Stadt Ripollet nördlich von Barcelona prägt ein starkes Höhengefälle zwischen der kompakten Altstadt um die Kirche Sant Esteve mit Ursprung im 10. Jahrhundert und den seit den 1960er Jahren stark industrialisierten und urbanisierten umliegenden Vierteln entlang des wasserarmen Flusses Ripoll. Das noch Anfang des 20. Jahrhunderts zum größten Teil landwirtschaftlich genutzte Umland ist weitgehend zersiedelt und überbaut. In den abschüssigen und engen Straßen der Altstadt zeigen sich heute Spuren verschiedener Stadterneuerungs- und Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und ein kreativer Umgang mit den mehr oder weniger ausgeprägten Gefällen: Es gibt Treppen, Rampen und Stützmauern und sogar einen öffentlichen Aufzug, der den alten Teil der Stadt mit dem María-Lluïsa-Galobart-Park und den großen Umgehungs- und Ausfallstraßen verbindet.
Die Umgestaltung der 50 Meter langen Carrer de la Sagrera von einer befahrbaren Straße in eine Art langgestreckten Platz reiht sich ein in ein neue-res Maßnahmenpaket, das eine ästhetische und funktionelle Verbindung im Kontext der Industriedenkmäler Can Buxó und Can Calvet aus dem 18. und 19. Jahrhundert, der romanischen Kirche mit modernistischem Kirchturm, eines Schulgebäudes und angrenzenden Wohn- und Gasthäusern aus unterschiedlichen Zeiten herzustellen sucht. Sie ist Teil eines Stadterneuerungsvorhabens in sieben Phasen, das 2021 begann und mit dem das Architekten-Team Marc Manzano Saló und Victòria Caballero Sierra zunächst auf den Wunsch der Schülerinnen und Schüler der Fedac-Schule reagierte, ein sichereres und besser zugängliches Schulumfeld zu erhalten.
Historische Bausubstanz in Sichtmauerwerk und Gebäude aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden entlang der Carrer de la Sagre-ra mit einem ganz in Ziegelsteinen ausgeführten neuen Belag verbunden. Eine mittige Regenwasserrinne trennt verschiedene Ziegellaufrichtungen und eine Art Durchgangsweg von einer durch ein vorspringendes Gebäude gehaltene Aufenthalts- und Sitzzone. Die wie Miniaturgebäude anmutenden Sitzelemente sind allerdings in ihrer Funktionalität begrenzt, laden eher zum Darüber-Springen als zum Sitzen und Verweilen ein.
Die minimale Vegetation in einem integrierten Pflanztrog scheint von niemandem gepflegt und somit dem Vertrocknen ausgesetzt zu sein. Die überhaupt absolute Versiegelung dieses neuen Straßen-Platzes ist den neuen Stadtplanungsnotwendigkeiten des Klimawandels und der auch natürlichen Hitze in einer Mittelmeerstadt nur wenig angepasst.
Insgesamt stellt sich, nicht nur in Ripollet, die Frage nach neuen Regeln für Interventionen in historischem Kontext und ein generelles Überdenken der Gestaltung von Plätzen, die traditionell vegetationsarm oder baumlos waren. Ohne Sonnenschutz und Kühlung spendende Bäume oder andere Pflanzen werden viele solcher Stadträume in kürzester Zeit kaum mehr als solche nutzbar und zu bestimmten Zeiten nicht einmal mehr begehbar sein. Permeabilität für Stark­regen zum einen und resistente, aber Schatten und Abkühlung bietende Vegetation in immer weiter zunehmenden Hitzeperioden zum anderen werden beziehungsweise sind jetzt schon ein Muss für Stadterneuerungsmaßnahmen.
Das Architekten-Team Manzano-Caballero hat für das Programm der Neugestaltung von Straßen und Plätzen im historischen Ripollet fünf wichtige Momente des städtischen Wachstums und der urbanen Entwicklung identifiziert: der Ursprung der Stadt um die Sant- Esteve-Kirche und der heutigen Fedac-Schule bis zum 9. Jahrhundert; die Achse um die Carrer Calvari; der Camí de la Salut; das erste Stadtwachstum des 19. Jahrhunderts um die Carrer Nou; und schließlich die Stadterweiterung des frühen 20. Jahrhunderts um die heutige Plaça de l’Onze de Setembre, die ab Mitte des 20. Jahrhunderts ihr Regelwerk verliert und einer spekulativen Unordnung folgt. Nun könnte man einen sechsten Moment definieren, in den sich städtische Eingriffe wie der in der Carrer de la Sagrera einschreiben. Dieser sechste Moment, im 21. Jahrhundert und am Beginn eines einschneidenden Klimawandels, sollte die radikale Begrünung und größtmögliche Permeabilisierung der innerstädtischen Freiräume einleiten und auch Mut zur Neudeutung und klimaangepassten Neugestaltung denkmalgeschützter städtischer Zusammenhänge beweisen.



Fakten
Architekten Marc Manzano Salo, Victória Callero Sierra, Barcelona
Adresse Ripollet


aus Bauwelt 19.2024
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