Bauwelt

Omniturm in Frankfurt am Main


An keiner anderen Kreuzung in Deutschland stehen so hohe – und wohl auch so teure – Häuser wie an der Ecke Große Gallusstraße und Neue Mainzer Straße in Frankfurt. Der Omniturm von BIG will aber nicht nur mit Größe imponieren, sondern auch mit Inhalt.


Text: Körner, Peter, Frankfurt; Sturm, Philipp, Frankfurt


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    Mit Hüftschwung: Blick entlang der Großen Gallus­straße auf den Omniturm. Hinter dem Bauzaun ent­stehen die vier Hochhäuser Four Frankfurt des Entwicklers Groß & Partner, entworfen von UNStudio und realisiert von HPP Architekten.
    Foto: Nils Koenning

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    Mit Hüftschwung: Blick entlang der Großen Gallus­straße auf den Omniturm. Hinter dem Bauzaun ent­stehen die vier Hochhäuser Four Frankfurt des Entwicklers Groß & Partner, entworfen von UNStudio und realisiert von HPP Architekten.

    Foto: Nils Koenning

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    An der Kreuzung Neue Mainzer Straße/Große Gallus­straße. Deutlich erkennbar: die auskragenden Ober­geschosse des Omniturms.
    Foto: Lisa Farkas

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    An der Kreuzung Neue Mainzer Straße/Große Gallus­straße. Deutlich erkennbar: die auskragenden Ober­geschosse des Omniturms.

    Foto: Lisa Farkas

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    Östlich der Gallusanlage wächst die Zahl an Hochhäusern (v. l.): Main Tower (240 m), Garden Tower
    (127 m), Omniturm (185 m), Japan Center (115 m), Taunusturm (170 m)
    Foto: Nils Koenning

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    Östlich der Gallusanlage wächst die Zahl an Hochhäusern (v. l.): Main Tower (240 m), Garden Tower
    (127 m), Omniturm (185 m), Japan Center (115 m), Taunusturm (170 m)

    Foto: Nils Koenning

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    Zwischen Omniturm und dem Komplex Four Frankfurt, der 2023 fertig sein soll, ist noch eine Baustelle –und der sie verbindende Vorplatz eine Absichtserklärung.
    Visualisierung: BIG

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    Zwischen Omniturm und dem Komplex Four Frankfurt, der 2023 fertig sein soll, ist noch eine Baustelle –und der sie verbindende Vorplatz eine Absichtserklärung.

    Visualisierung: BIG

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Zugegeben, der Manhattan-Vergleich wirkt in Frankfurt immer ein wenig bemüht. Trotzdem ist die Neue Mainzer Straße, die das Bankenviertel durchschneidet, wohl die Straße in Europa, die am stärksten an die Hochhausschluchten New Yorks erinnert. Hin und wieder wird sie sogar von gelben Taxis gekreuzt, wenn die Film­industrie aus Kostengründen vom Hudson an den Main ausweicht. Einzigartig – in Deutschland – ist seit kurzem auch die Kreuzung Neue Mainzer Straße/ Große Gallusstraße. Hier stehen nun an allen vier Ecken Hochhäuser mit einer Höhe von über 100 Metern, an denen sich die Geschichte der Frankfurter Hochhausentwicklung ablesen lässt. Der älteste Turm ist das bronzefarbene, ehemalige Commerzbank-Hochhaus (109 m) von Richard Heil aus dem Jahr 1973. Der Turm gehört zur ersten Hochhaus-Generation der Stadt und ist architektonischer Vertreter der sogenannten „Kisten“, deren Bau im Westend zum Frankfurter Häuserkampf führten. Nordwestlich gegenüber plante das Büro Ganz + Rolfes Mitte der Neunziger Jahre das fernöstlich anmutende Japan Center (115 m) mit roter Granitfassade, dessen Restaurant unter dem Dach von einem der ersten zaghaften Versuche einer öffentlichen Nutzung zeugt. An der nächsten Ecke ließ vor sechs Jahren der amerikanische Investor Tishman Spey­er den Taunusturm (170 m) von Gruber + Kleine-Kraneburg errichten. Der Turm mit seiner verti­kal betonten Fassade aus Glas und hellem Sandstein ist Teil eines Ensembles: Im niedrigeren Nachbargebäude befinden sich Wohnungen und Ausstellungsflächen des Museums für Moderne Kunst (Bauwelt 20.2014).
Gemeinsam mit Tishman Speyer komplettiert nun die Bjarke Ingels Group (BIG) diese Kreuzung mit einem vierten Hochhaus: dem 185 Meter hohen Omniturm. Dieser ist auch das vier­te Hochhaus, das Tishman Speyer in Frankfurt bauen lässt – nach dem Messeturm von Helmut Jahn (1991), dem Opernturm von Christoph Mäckler (2010) und eben dem Taunusturm von Gruber + Kleine-Kraneburg. Dem Omniturm ging eine längere Planungsgeschichte voraus. 2001 plante das Bankhaus Metzler, der damalige Grundstückseigner, gemeinsam mit der LHB Internationalen Handelsbank dort einen 175 Meter hohen Neubau. Der Wettbewerb war entschieden und zwei erste Preise an ABB Architekten und Gatermann + Schossig vergeben. Doch dann kam der 11. September und der Hochhausbau zum Erliegen. Nach der Lehman-Krise plante das Bankhaus Metzler neu und baute 2014 niedriger und an einem anderen Ort. So konnte das Grundstück an der Neuen Mainzer an Tishman Speyer verkauft werden. Im anschließenden kleinen Gutachterverfahren unter dem Juryvorsitz von Christoph Mäckler setzte sich 2015 BIG mit einem kühnen Entwurf gegen Snøhetta (Oslo), Jean-Paul Viguier (Paris), Ole Scheeren (Peking) und das Frankfurter Büro Bille Beye Scheid (ehem. ABB Architekten) durch. Der Wettbewerb und die Entscheidung zugunsten von BIG zeigen, dass die Frankfurter Skyline wieder vermehrt durch internationale Architekturbüros erweitert wird. Die Wettbewerbe für die benachbarten vier Hochhäuser Four Frankfurt gewann so auch das Amsterdamer Büro UNStudio.
Nach den Neunziger Jahren, in denen Architekten wie Helmut Jahn, KPF Kohn Pedersen Fox und Norman Foster das Stadtbild prägten, wurden die Baufelder vor allem unter Frankfurter Planern aufgeteilt – die EZB von Coop Himmel­b(l)au (Bauwelt 4.2015) blieb eine Ausnahme. Während beim Taunusturm die von der Stadt geforderten Wohnungen noch in einem kleineren Turm nebenan untergebracht wurden, mündeten die städtischen Vorgaben zur Belebung des Bankenviertels beim Projekt Omniturm in Deutschlands erstem gemischt genutzten Hochhaus. Über den öffentlich zugänglichen Räumen der unteren Stockwerke stapeln sich Büro-, Wohn- und wieder Büroetagen. Die Funktionswechsel sind dabei durch auffällige skulpturale Bewegungen der ansonsten rational gestapelten Geschosse an der Fassade ablesbar. Auch innerhalb der Wohnungen im 15. bis 22. Geschoss werden diese Verschiebungen in ihrer Statik sichtbar: Schräg stehende massive Stützen versprühen einerseits konstruktivistischen Charme, sind aber ande­rerseits ein erhebliches Einrichtungshindernis. Ziemlich gewagt bei der Vermietung im Hochpreissegment.
Die ersten beiden Geschosse haben eine größere Deckenhöhe und springen vor und zurück, um Terrassen für die öffentlich genutzten Ebenen zu ermöglichen. Die Wohngeschosse, die sich knapp unterhalb der Turmmitte befinden, schieben sich in einer dem Lauf der Sonne folgenden Spiralbewegung nach außen. Der sogenannte „Hüftschwung“ bricht die einheitliche Fassade auf und verleiht dem sonst eher statischen Turm raffinierte Leichtigkeit und Dynamik. Zugleich markiert das Gebäude eine Wende im Frankfurter Bankenviertel, das bislang durch monotone Büronutzung geprägt war. Durch die Verschiebung der Geschosse erhalten die Bewohner nichtöffentliche, allerdings auch wenig Privatsphäre vermittelnde, schmale Außenräume mit wiederum beeindruckenden Aussichten in die als Bankenklamm bezeichnete Neue Mainzer Straße. In den zurückspringenden Geschossen müssen die Bewohner auf diese Attraktion verzichten. In seiner oberen Hälfte kehrt das Hochhaus zurück zur Büronutzung und zur einfachen Stapelung, was wie im unteren Teil fle­xible Grundrisse ermöglicht.
Die Fassade aus dunklem Metall und Glas erstreckt sich ab Etage 23 gleichmäßig bis zum Dach, wo das Gebäude leider wenig elegant abschließt. Fehlendes Volumen der Dachterrasse und ein Fassadenkran ohne Einhausung, der das Gebäude in der Fernsicht krönt, sorgen dafür. Je nach ästhetischem Empfinden ist dies Lieblosigkeit oder rauer Charme. Der Sockelbereich des Turms ist öffentlich zugänglich und soll mit den Publikumsbereichen der im Bau befindlichen Nachbarhäuser Four Frankfurt stadträumlich in Dialog treten. Das Foyer besticht anders als beim Taunusturm nicht durch große Repräsentationsgesten mittels edler Materialien, beeindruckender Höhe und hineinflutendem Licht, sondern durch coole Eleganz: der Boden ist aus Eichenparkett, die Wände wechseln zwischen grauem Terrazzo und glänzendem Metall und die Decke besteht aus hinterleuchtetem schwarzen Lochblech sowie einem LED-Lichtkunstobjekt von Leo Villareal. Die öffentlichen Bereiche des Omniturms bieten besonders hohe, stützenfreie Räume für Coworking-Flächen, eine Cafeteria und einen Veranstaltungsraum. Diese Öffnung wurde schon während der Entwurfsphase mit der Stadt vereinbart. Das Hochhaus soll durch eine Mischung aus klassischen Büromietern und kleineren Start-ups mit (Geschäfts-)Leben gefüllt werden. Inwieweit der auf eindrucksvol­len Renderings gezeigte, grüne Platz neben dem Turm und dem Projekt Four Frankfurt dazu beitragen kann, bleibt abzuwarten.



Fakten
Architekten BIG, Kopenhagen/New York; B&V Braun Canton Park Architekten, Frankfurt am Main
Adresse 4M6F+H5 Frankfurt am Main


aus Bauwelt 16.2020
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