Schule Vinci in Suhr
Für den Neubau der Schule im schweizerischen Suhr mussten pool Architekten keine Räume für pädagogische Reformideen schaffen, wohl aber ein Gehäuse, das sich an künftige Anforderungen anpassen lässt.
Text: Gabler, Christiane, Basel
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Der Charakter des Primarschulhauses ...
Foto: Ralph Feiner
Der Charakter des Primarschulhauses ...
Foto: Ralph Feiner
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... wird von dem Kontrast der gerasterten Hülle ...
Foto: Ralph Feiner
... wird von dem Kontrast der gerasterten Hülle ...
Foto: Ralph Feiner
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... und der massiven Doppelhelix der Treppe im Atrium geprägt.
Foto: Ralph Feiner
... und der massiven Doppelhelix der Treppe im Atrium geprägt.
Foto: Ralph Feiner
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Das International Klein Blue, in den 50ern von Yves Klein und Edouard Adam gemixt, leuchtet auch heute gut.
Foto: Ralph Feiner
Das International Klein Blue, in den 50ern von Yves Klein und Edouard Adam gemixt, leuchtet auch heute gut.
Foto: Ralph Feiner
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Ein Gipskartonstreifen an der Decke fasst die Haustechnik zusammen.
Foto: Ralph Feiner
Ein Gipskartonstreifen an der Decke fasst die Haustechnik zusammen.
Foto: Ralph Feiner
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Um künftig andere Raumteilungen zu ermöglichen, besteht die heutige Aufteilung der Klassenzimmer aus Trockenbauwänden.
Foto: Ralph Feiner
Um künftig andere Raumteilungen zu ermöglichen, besteht die heutige Aufteilung der Klassenzimmer aus Trockenbauwänden.
Foto: Ralph Feiner
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Abgesehen vom IKB, wählten die Architekten Töne aus Le Corbusiers Farbpalette: ein cremiges Gelb ...
Foto: Ralph Feiner
Abgesehen vom IKB, wählten die Architekten Töne aus Le Corbusiers Farbpalette: ein cremiges Gelb ...
Foto: Ralph Feiner
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... und ein warmes Rot.
Foto: Ralph Feiner
... und ein warmes Rot.
Foto: Ralph Feiner
Im vergangenen Jahr erschien im Basler Christoph Merian Verlag die Publikation „Neue Schulräume – Architektur für zeitgemäßes Lernen“, in der anhand von rund fünfzig Projekten „Räume für die Schule von morgen“ vorgestellt werden, denn auch in der Schweiz wird intensiv über zeitgemäße architektonische Antworten auf die Anforderungen neuer pädagogischer Konzepte diskutiert: Welche baulichen Lösungen reagieren adäquat auf Themen wie Ganztagsschulen, individuelles Lernen, Teamarbeit oder Inklusion, und wie verändert sich dadurch die seit hundert Jahren mehr oder weniger starre Typologie des Schulhauses? Ist die viel propagierte „Auflösung des Klassenzimmers“ tatsächlich erforderlich zugunsten neuer Raumtypologien?
Der 2018 fertiggestellte Neubau der Primarschule Vinci in der Aargauer Kleinstadt Suhr scheint auf den ersten Blick mit dieser Debatte nicht viel zu tun zu haben. Der viergeschossige, tempelartige Solitär auf quadratischer Grundform beinhaltet in den drei oberen Geschossen je acht „traditionelle“ Klassenzimmer, vier Gruppenräume und einen Therapieraum. Im Erdgeschoss befinden sich ein Mehrzweckraum, die Lehrerzimmer und, als öffentliche Einrichtung, die Gemeindebibliothek der Stadt. Tatsächlich ist das pädagogische Konzept der Primarschule eher konservativ klassenzimmerorientiert. Doch das neue Gebäude ermöglicht zukünftiges Entwicklungs- und Anpassungspotential mit einer vorausschauenden Planung, die durch Rasterung und Elementierung höchstmögliche Flexibilität erreicht.
Der Architektenwettbewerb für den Neubau der Primarschule, den das Zürcher Büro pool Architekten für sich entscheiden konnte, wurde aufgrund einer Neuorganisation des Schulsystems im Kanton mit einer Verlängerung der Primarschulzeit um zwei Jahre erforderlich. Zum anderen stiegen die Schülerzahlen in der Gemeinde in den letzten Jahren stark an. Das campusartige Areal im Dorfzentrum besteht aus Schulgebäuden der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre. Dessen Abfolge von Verbindungselementen und Plätzen entwickelten die Architekten weiter durch die präzise Platzierung eines in sich ruhenden Volumens. Der von der Straße zurückversetzte Baukörper ist auf den vorgelagerten Grünraum ausgerichtet und reiht sich maßstäblich ein in die benachbarten Gemeindebauten. Seine strenge Fassadenrasterung soll den gewünschten Ausdruck als öffentliches Gebäude stärken.
Die Gebäudestruktur folgt der klaren äußeren Form: Um ein zentrales Atrium herum wickelt sich an der Fassade entlang die äußere Raumschicht mit den Unterrichtsräumen. Zwei Achsen bilden die kleinste Raumeinheit. Die Raumaufteilung in dieser Schicht ist frei wählbar und ausschließlich über Leichtbauwände realisiert, was nicht nur der flexiblen Nutzung und zukünftigen Anpassungswünschen, sondern auch dem Prozess der Planung zugutekommt: So konnte die nun gebaute Struktur relativ lange offen gehalten werden.
Um diese freie Raumfolge zu gewährleisten, entwickelten die Architekten ein maßgeschneidertes Tragwerk aus zwei Stützenringen und der expressiven Treppe im Atrium. Der äußere Ring in der Fassadenebene besteht aus vorfabrizierten, eingespannten Stützen. Die Verbindung mit den Geschossdecken wirkt im Prinzip wie einVierendeelträger, welcher neben der Ableitung der Vertikallasten auch die horizontale Aussteifung übernimmt. Ein zweiter innerer Betonstützenring liegt in der Wandebene, die Räume und Atrium voneinander trennt. Die Treppenkörper aus Ortbeton tragen ausschließlich die Vertikallasten der Decken des Atriums.
Auch auf betonierte Kerne für Fluchttreppen und Steigschächte in der Raumzone verzichteten die Architekten im Sinne der optimalen Flexibilität. Stattdessen sind unter den beiden fast barock anmutenden Treppenläufen im Atrium jeweils Fluchttreppen in einem tunnelartigen Raum geschützt angeordnet. Der Fluchtweg führt über das Untergeschoss nach draußen. Da sich ungefähr 400 bis 500 Menschen gleichzeitig im Schulhaus aufhalten können, waren zwei Fluchttreppen erforderlich. Die gestapelten Treppen – ausgehend jeweils von den beiden Eingängen – winden sich als wuchtige Doppelhelix von Geschoss zu Geschoss. Ihre Sichtbetonoberfläche wird durch eine schmalbrettrige Schalung rhythmisiert. Die Betonstufen sind lediglich geschliffen und lackiert.
Das Dach des Atriums überspannen hohe Betonträger. Dazwischen sind vorfabrizierte Glasbausteinelemente eingehängt. Fast orientalisch anmutende Lichteffekte zaubert die Sonne auf die im leuchtenden Yves-Klein-Blau gestrichenen Flächen. Die blaue Farbe findet sich wieder in der Farbgebung der Eingänge und den Nachbauten alter Gartenbänke im Erdgeschoss.
Für das Farbkonzept im Atrium wählten die Architekten Farben aus Le Corbusiers Farbpalette. Die verputzten Füllungen und lasierten Türen im Erdgeschoss sind in einem cremigen Gelb, in den Obergeschossen in einem warmen Rotton ausgeführt. Im Klassenzimmer dagegen dominieren zurückhaltende weiße und graue Farbtöne. Auf Einbaumöbel wurde verzichtet, um unterschiedliche Einrichtungsvarianten in den einzelnen Klassenzimmern zu ermöglichen. Elemente aus Glasbausteinen zwischen dem Atrium und den Räumen gewährleisten beidseitigen Lichteinfall für die Klassenräume und ein transparentes Erscheinungsbild des Atriums. Einen robust gebrannten Klinker verwendeten die Architekten für den Bodenbelag. Im Erdgeschoss verbindet seine diagonale Verlegung die beiden Eingänge miteinander, in den Obergeschossen folgt die konzentrische Verlegung den Treppenläufen.
Schlüssig und konsequent unterliegen nicht nur die statische Struktur und die Raumbildung der Idee der Modularität, sondern auch das haustechnische Konzept. Das Ausbauraster der Installationen ist zum Konstruktionsraster um eine halbe Achse verschoben. Dieser regelmäßig, senkrecht zur Fassade angeordnete Gipskartonstreifen im Deckenbereich fasst die Leuchten und Luftauslässe zusammen. Die Füllungen dazwischen wurden mit akustisch wirksamen Heraklithplatten gefüllt.
In einer für die jetzigen Bedürfnisse der Primarschule Vinci maßgeschneiderten Lösung ermöglicht das architektonische Konzept durch Modularität, Rasterung und den Verzicht auf betonierte Kerne einen hohen Grad an Anpassungsfähigkeit. Auch das alles verbindende zentrale Atrium können Schüler und Lehrer auf vielfältige Weise nutzen. Auf den Treppenläufen wird gelesen, gearbeitet und unterrichtet. Es dient nicht nur als Erschließungs- und Aufenthaltsraum, sondern ist Kommunikationszone, Spielplatz und Erholungsbereich zugleich.
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