Bauwelt

Stadtbibliothek Dornbirn


Wie von einem hohen Bücherregal umstellt, steht der ovale Bau der Stadtbibliothek Dornbirn auf der grünen Wiese. Eine durchdachte Lichtregie zeugt von einer sorgsamen Planung. Die ebenso sorgfältige Ausführung verdankt sich auch einem Glücksfall.


Text: Heißenbüttel, Dietrich, Esslingen am Neckar


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    Die umstehenden Bäume generierten die Form des Baukörpers. Als der Bau fertig war, ließ die Stadt einen Teil der Bäume fällen.
    Foto: Aldo Amoretti

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    Die umstehenden Bäume generierten die Form des Baukörpers. Als der Bau fertig war, ließ die Stadt einen Teil der Bäume fällen.

    Foto: Aldo Amoretti

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    Der Neubau der Bibliothek erhebt sich exakt auf dem Verlauf eines Trampelpfades durch die Parkanlage.
    Foto: Aldo Amoretti

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    Der Neubau der Bibliothek erhebt sich exakt auf dem Verlauf eines Trampelpfades durch die Parkanlage.

    Foto: Aldo Amoretti

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    Abb.: Architekten

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    Abb.: Architekten

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    Abb.: Architekten

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    Bei Sonnenlicht belebt die Keramikfassade das Innere mit Licht- und Schattenspielen. Farbige Post­lersessel laden ein, sich zum Gespräch niederzulassen.
    Foto: Albrecht Imanuel Schnabel

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    Bei Sonnenlicht belebt die Keramikfassade das Innere mit Licht- und Schattenspielen. Farbige Post­lersessel laden ein, sich zum Gespräch niederzulassen.

    Foto: Albrecht Imanuel Schnabel

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    Die Lesesäle befinden sich im Erd- und Obergeschoss. Die gebäudehohe Halle wird auch für Veranstaltungen genutzt.
    Foto: Albrecht Imanuel Schnabel

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    Die Lesesäle befinden sich im Erd- und Obergeschoss. Die gebäudehohe Halle wird auch für Veranstaltungen genutzt.

    Foto: Albrecht Imanuel Schnabel

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    Foto: Albrecht Imanuel Schnabel

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    Foto: Albrecht Imanuel Schnabel

Es ist ganz wortwörtlich ein Bau auf der grünen Wiese. Aber auch das genaue Gegenteil davon, was man üblicherweise darunter versteht, nämlich ein Gebäude, das gewissermaßen voraussetzungslos in einem unbebauten Niemandsland entsteht. Vielmehr erklärt sich die schöne Form der Stadtbibliothek Dornbirn von Dietrich Untertrifaller und Christian Schmölz eben dadurch, wie sie auf ihre Umgebung reagiert. Sie liegt in einer etwas undefinierten Übergangszone knapp außerhalb der Innenstadt des 50.000-Einwohner-Städtchens zehn Kilometer südlich von Bregenz. Zwei Schulen, eine alte Villa, in der die Bücherei früher untergebracht war, die etwas heruntergekommene ehemalige Stadthalle, Wohnbauten, eine Ecke weiter der „inatura“-Natur- und Technik-Erlebnispark, noch ein Stück weiter die Fabrikanlagen des Leuchtenherstellers Zumtobel. Städtebauliches Ziel war, in diesem heterogenen Umfeld einen neuen Anziehungspunkt zu schaffen, wie Peter Nussbaumer erläutert, der das Projekt bei Dietrich Untertrifaller betreut hat.

Ausgangspunkt der Entwurfsidee war ein Trampelpfad, der diagonal über die Wiese verlief. Auf diesen Weg, den offenkundig vorher schon viele Menschen genommen hatten, setzten die Architekten das Bibliotheksgebäude, so dass er in Längsrichtung hindurch führt. Die äußere Form des Gebäudes war wiederum bestimmt von einem schönen, älteren Baumbestand: Der Umriss, scheinbar eine Ellipse, in Wirklichkeit zusammengesetzt aus mehreren Parabelbögen, wurde so gewählt, dass alle Bäume stehen bleiben konnten. Leider machte die Stadt Dornbirn dem einen Strich durch die Rechnung, indem sie die Bäume vorn an der Straße für nicht mehr standsicher erklärte und fällen ließ, als die Bibliothek bereits stand. Nussbaumer zeigt sich enttäuscht von der Entscheidung.
Wenn auch im Gesamtbild des Standorts so nun ein Ungleichgewicht, eine Leere zu beklagen ist, so zeigt doch der Bau selbst in allen Details den selben durchdachten Umgang mit den Gegebenheiten. Der zwei-, mit Untergeschoss dreigeschossige Bau überrascht und überzeugt durch eine ausgeklügelte Lichtregie. Außen ist die Bibliothek rundum verglast. Wie Schuppen überlappen sich die raumhohen, dreifachverglasten Fensterelemente entlang der unregelmäßigen Umrisslinie: um kostspielige Einzelanfertigungen zu vermeiden. Allerdings fällt das Glas von außen gar nicht ins Auge, denn 70 Zentimeter vor den Scheiben steht ein Gitter aus ungleich hohen Reihen weißer Keramikplatten. Wie Bücher im Regal stehen sie, teils senkrecht, teils gekippt, auf vierzehn umlaufenden Ringen, sorgen bei Sonnenlicht für Schatten und reizvolle Lichtspiele im Inneren und lassen bei abendlichen Veranstaltungen ein warmes Licht nach außen dringen, das anzeigt, dass noch etwas passiert.
Freilich fällt von außen nur wenig Licht bis in den Kern des an der breitesten Stelle mehr als 25 Meter breiten Gebäudes. Hier weitet sich der Längsweg durch den Bau zu einer zweigeschos­sigen rechteckigen Aula, die wiederum ihr Licht, wenn auch nicht ungefiltert, von oben, von der Decke her erhält. Senkrecht stehende, mit betongrauem Filz bezogene Holzlamellen in regelmä­ßigen Abständen verbessern zugleich die Akustik und dienen zur Unterbringung der Installa­tion, die auch anderswo an keiner Stelle sichtbar hervortritt. Helles Eichenholz und Sichtbeton dominieren das Bild. Der Rezeption gegenüber gewährt eine gläserne Wand Einblick in den unteren Lesesaal – zwei weitere befinden sich in der oberen Etage. Von einem Zeitschriftenregal dort fällt der Blick hinunter ins Atrium. An den spitzen Enden des Gebäudes und hinter dem Leihschalter stehen Räume für Veranstaltungen bereit. Öffentliche Vorträge und Lesungen können auch direkt in der Aula stattfinden.
Alle Möbel, insbesondere die Bücherregale mit höhenverstellbaren und kippbaren Regalbrettern, sind Entwürfe des Büros Dietrich Untertrifaller. Auf braun eloxierten Aluminiumtafeln an den Stirnseiten findet sich die Systematik. Von den Oberseiten der Regale strahlt elektrisches Licht zur Decke, oder es kommt aus großen runden Scheiben, die in den Veranstaltungsräumen und im Untergeschoss von der Decke herabhängen. Die Stadtbibliothek, so Nussbaumer, will eine Art öffentliches Wohnzimmer sein. Blaue, gelbe und graue Polstersessel an kleinen Tischen laden ein, sich zum Gespräch niederzulassen. Großer Beliebtheit erfreut sich eine mit hellbraunem Teppich bezogene Kinderecke, in deren Mitte eine Vertiefung eingelassen ist, die die Umrisse des Gebäudes wiederholt. Im Untergeschoss, nur zum Teil natürlich belichtet, befindet sich die Jugendabteilung mit Mediathek, Spielzone und einem offenen, aber von der oberen Etage nicht einsehbaren Bereich zum gemeinsamen Arbeiten. „Bei uns finden Sie Analoges und Digitales“, so beschreibt die Bibliothek selbst ihr Programm: „Sie können Bücher ausleihen, Zeitungen und Zeitschriften lesen, Kaffee trinken und Freunde treffen, Brettspiele ausprobieren und die Gaming Zone entdecken.“
Nichts erscheint überflüssig, nichts ist im Weg, und doch ist alles vorhanden. Die hohe Aula erlaubt, bei Hitze und im Brandfall direkt am Dach nach außen zu entlüften. Von der Brüstung in der Aula lässt sich eine Leinwand herablassen, auf der anderen Seite ist die Projektionstechnik versteckt. Dass alles nicht nur sorgsam geplant, sondern auch ausgeführt ist, hängt auch mit einem Glücksfall zusammen. Im Wettbewerb 2015 war noch ein Kostendeckel von 3,5 Millionen Euro vorgesehen. Die Reaktion des Büros Dietrich Untertrifaller: „Da machen wir nicht mit.“ Schließlich ergab sich, dass die Dornbirner Sparkasse aus Anlass ihres 150-jährigen Bestehens die Finanzierung komplett übernahm. „Das hat den Druck rausgenommen“, sagt Nussbaumer. Ein Budget wurde fixiert: „das durften wir voll ausschöpfen.“ Um die 6,5 Millionen netto habe das Gebäude am Ende gekostet.



Fakten
Architekten Dietrich | Untertrifaller; Christian Schmoelz Architekt
Adresse Schulgasse 44, 6850 Dornbirn, Österreich


aus Bauwelt 18.2020
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