Bauwelt

Wohn- und Geschäftshaus in Berlin


Auf einem schmalen Grundstück in Neukölln brachte das Büro IFUB* ein Vorder- und ein Gartenhaus für eine Baugruppe unter. Die Erkenntnis: Auch mit Kompromissen lässt sich gut wohnen.


Text: Crone, Benedikt, Berlin


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    Auf dem Grundstück Ecke Donau-/Pannierstraße, auf dem Vorder- und Gartenhaus errichtet wurden, befanden sich zuvor Garagen und eine Werkstatthalle.
    Foto: Thomas Straub

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    Auf dem Grundstück Ecke Donau-/Pannierstraße, auf dem Vorder- und Gartenhaus errichtet wurden, befanden sich zuvor Garagen und eine Werkstatthalle.

    Foto: Thomas Straub

Lückenfüllen war jahrelang der große Sport unter Berliner Architekturbüros. Die Hauptstadt verfügte über viele Flächen, auf denen ihre Geschichte – Bombeneinschläge, Nachkriegsplanungen, Mauerverlauf – einen Freiraum hinterlassen hatte. Häufig waren die in den Blockrand gestellten Ergebnisse gefällig, interessant, zumindest stadtverträglich. Dass die Goldgräberstimmung des kleinparzellierten Wohnungsbaus inzwischen vorbei ist, liegt nicht nur am Schwinden der Lücken, sondern auch an den hohen Bodenpreisen, Baukosten und Zinsen – was das punktuelle Nachverdichten zum teuren Hobby werden ließ. In den Innenbezirken knackt der Quadratmeterpreis für Baugrundstücke teils die 2000-Euro-Marke. Sogar im Stadtteil Nord-Neukölln, der in den Medien nicht gerade als heimelige Lage gefeiert wird, liegt der Preis mancher Eigentumswohnung bei über 6000 Euro/m². Bei Neubauten kommen gern nochmal 1000 Euro den Quadratmeter drauf.
Es ist daher so selten wie begrüßenswert, wenn ein relativ bezahlbarer, sympathischer Baugruppen-Neubau wie jener in der Neuköllner Donaustraße entstehen kann. Seine Gesamtkosten lagen trotz pandemisch beeinträchtigter Bauzeit für die Eigentümer im Schnitt bei 5000 Euro/m². Voraussetzung für das Projekt war der Wunsch des Voreigentümers, Betreiber einer Autowerkstatt mit Parkgaragen, dass das Grundstück nicht über einen Kredit gekauft werden sollte. Seine Wahl fiel stattdessen auf die Baugruppe D2, deren 15 Parteien den Parzellenerwerb über die Zusammenlegung von Eigenmitteln finanzierten. Teil der Baugruppe waren auch die zwei Geschäftsführer des verantwort­lichen Architekturbüros IFUB*, Johannes Krohne und Bernhard Kurz. Die meisten der Anfangsmitglieder haben mit ihren Familien am Ende auch eine der 17 Wohnungen bezogen.
Der Neubau war nur möglich, da es beim Ber­liner Wohnungsbau, im Gegensatz zu anderen Städten, keine Stellplatzverordnung für Autos gibt. Mit einer Tiefgarage wäre die Bebauung des schmalen Grundstücksstreifens undenkbar gewesen. Zur Rentabilität trug wiederum die Ausnutzung der Baufläche bei: Das spitz zulaufende Vorderhaus, dessen Kubatur sich an der Giebelform des Nachbarhauses orientiert, schafft es auf sieben Geschosse, inklusive Gewerberaum, Gemeinschaftsfläche und Dachterrasse.
Nach Abstandsvorgaben geformt
Das gestaffelte Gartenhaus schmiegt sich an eine Brandwand und reizt mit schmalen, umlaufenden Terrassen den durch Abstandsvorgaben gesetzten Rahmen aus. Die Verlagerung der Treppe des Gartenhauses nach außen ließ mehr Wohnfläche zu. Dafür musste dessen Fassade zur Vorderseite mit nichtbrennbaren Riemchen ausgeführt werden. Die Fassade der anderen Seiten des Gartenhauses war in Lärchenholz geplant, doch die Feuerwehr lehnte ab. Das stattdessen verwendete gewellte Aluminium und die farbintensiven Klinkerriemchen harmonieren dennoch mit der Holzkonstruktion von Garten- wie Vorderhaus. Nur das Balkongeländer wirkt etwas holzschnittartig.
Dankbar ist man nach Jahren des Sichtbetonfeierns über die Farbenfreude, die sich je Geschoss in wechselnden Tönen von Fahrstuhltüren, Briefkästen, Rollos und Badezimmerfliesen findet. Von den Treppenhäusern, bei denen manche Ecke aus Kostengründen rau und unfertig wirkt, geht es im Gartenhaus in die entlang eines tiefen Flurs entwickelten, hellen Wohnungen, die einen Blick auf das bauliche Allerlei des Neuköllner Hinterhofs eröffnen.
Das in München, Berlin und am Bodensee ansässige Büro IFUB* hat sich zehn Leitlinien des gemeinwohlorientierten Bauens auferlegt – von „Renovieren statt Neubauen“ über „Schön Bauen“ bis „Nicht Bauen“. Zum Projektstart in der Donaustraße befanden sich die Leitlinien in der Entwicklung. Allerdings erfüllt der Bau bereits einige Punkte, sagt Architekt Johannes Krohne: Nicht gewinnmaximierend, sondern vor allem für die Eigennutzung sei geplant und bevorzugt mit ökologischen Materialien gebaut worden. Dass der Holzhybridbau für die Bezahlbarkeit und aufgrund erwähnter Vorgaben unter Kompromissen entstand, überrascht weder, noch stellt es die Ansprüche infrage. Inzwischen bietet IFUB* seinen Kunden als Anreiz für mehr Nachhaltigkeit auch Rabatte an: Berücksichtigt ein Bauherrenwunsch ökologische Aspekte, reduziert das Büro im Gegenzug die Kosten seiner Leistungen.



Fakten
Architekten IFUB*, München/Berlin/Heiligenberg
Adresse Donaustraße 2, 12043 Berlin


aus Bauwelt 5.2023
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