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Das Haus den Tunten!

Caroline Kraft sorgt sich gelinde gesagt, wie die Stadtgemeinschaft im Berlin der Zukunft aussehen soll.

Text: Kraft, Caroline, Berlin

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Das Haus den Tunten!

Caroline Kraft sorgt sich gelinde gesagt, wie die Stadtgemeinschaft im Berlin der Zukunft aussehen soll.

Text: Kraft, Caroline, Berlin

Seit den 90er-Jahren ist der Putz an der Hauswand abgeplatzt. Die angrenzenden Pracht- immobilien reizen die beige-gelbe Pastellpalette minimal abgestuft aus. Fassade bröckelt nirgends mehr – wie schön sauber ist es hier inzwischen. Wir sind in Prenzlauer Berg. Das bröckelnde Haus mit der Nummer 86 ist in Transparente gehüllt, „Kapitalismus normiert, zerstört, tötet“ schreit es in großen Buchstaben von der Fassade. Ein besetztes Haus? Nein, ein Mietshaus. Nach zwei Räumungen seit 1981 liegt das dritte Berliner Tuntenhaus seit 1990 an der Kastanienallee. Es ist das älteste queere Wohnprojekt der Stadt, überregional bekannt, „Leuchtturm der Regenbogenstadt“, Schutz- und Entfaltungsraum und Zuhause von rund 40 Menschen.
Im Februar 2024 verkaufte sein Eigentümer es nicht an die dort lebende Gemeinschaft (die lange Kaufinteresse bekundet hatte), sondern an einen Wörther Rechtsanwalt. Es ist sein zehntes Haus in Berlin. Das Tuntenhaus wäre eine Goldgrube, könnte den Lebensabend im fernen Freistaat versüßen – 25 Euro den Quadratmeter sind in Pberg bei Neuvermietung drin! Aber es wäre das Ende dieses zähen Reststücks dessen, was Berlin seinen Ruf beschert, es zu dem machte, was es heute nicht mehr ist: Eine Stadt für alle.
Das Tuntenhaus im „Milieuschutzgebiet“ ist durch jahrzehntelangen Sanierungsstau in so schlechtem Zustand, dass nach Instandsetzung die Mieten explodieren würden. Der Bezirk Pankow kann vom Vorkaufsrecht Gebrauch machen und das Haus an einen gemeinnützigen Dritten übergeben. Der Schwarz-Rote Senat nutzt dafür Haushaltsmittel, die durch Miete zurückgezahlt werden. Drei Monate waren für diese Zusage Zeit. Drei Monate, in denen das Tuntenhaus und sein Netzwerk unermüdlich zu Veranstaltungen und Demonstrationen riefen, schlussendlich sogar eine Stiftung samt Genossenschaft für einen Kauf fanden und gnadenlos hingehalten wurden. Der Senat hat sich Zeit gelassen. Zwei Tage vor Ablauf der Frist Mitte Mai kam endlich seine Zusage und schließlich am 16. Mai um Mitternacht die Erlösung: keine Reaktion aus Bayern. Eine Genossenschaft wird das Haus in Zukunft tragen. Es ist nochmal gut gegangen, und so muss es weitergehen.
Ohnehin wäre die Frage gewesen: Könnte ein Dokument, in dem gegendert wird, in Bayern überhaupt gültig sein?

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