Bauwelt

Erinnerung im Untergrund

Der Wettbewerb für die Umfeldneugestaltung des Memorium Nürnberger Prozesse ist entschieden. Der Siegerentwurf von Benter Architektur sieht eine Rahmung des Justizpalasts durch ein Blätterdach vor.

Text: Burose, Alina, München

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    1. Preis Benter Architektur entwickeln einen „schwebenden Baumhain“ als östliche Fassung des Platzes. Die „klare und zurückhaltende, beinahe strenge Gestalt“ überzeugte die Jury.
    Abb.: Verfasser

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    1. Preis Benter Architektur entwickeln einen „schwebenden Baumhain“ als östliche Fassung des Platzes. Die „klare und zurückhaltende, beinahe strenge Gestalt“ überzeugte die Jury.

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    Blick ins unterirdisch gelegene Foyer. Die Organisa­­-tion der inneren Wege befand das Preisgericht für schlüssig, alles in Allem hielt sie den Beitrag für angemessen im Gleichgewicht von Zeichenhaftigkeit und Gelassenheit.
    Abb.: Verfasser

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    Blick ins unterirdisch gelegene Foyer. Die Organisa­­-tion der inneren Wege befand das Preisgericht für schlüssig, alles in Allem hielt sie den Beitrag für angemessen im Gleichgewicht von Zeichenhaftigkeit und Gelassenheit.

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    2. Preis Sebastian Brunke hält den Vorplatz frei, nur drei Lichthöfe sollten die Fläche durchbrechen. Die Jury erachtete den Ansatz als konsequent, jedoch schwer umsetzbar.
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    2. Preis Sebastian Brunke hält den Vorplatz frei, nur drei Lichthöfe sollten die Fläche durchbrechen. Die Jury erachtete den Ansatz als konsequent, jedoch schwer umsetzbar.

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    3. Preis Gruppe 030 übernehmen „die Figur des Hofs als vorherrschendes Organisationsprinzip des Wilhelminischen Baus“. Die Jury kritisiert, dass der Anbau den Altbau berühren würde.
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    3. Preis Gruppe 030 übernehmen „die Figur des Hofs als vorherrschendes Organisationsprinzip des Wilhelminischen Baus“. Die Jury kritisiert, dass der Anbau den Altbau berühren würde.

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Erinnerung im Untergrund

Der Wettbewerb für die Umfeldneugestaltung des Memorium Nürnberger Prozesse ist entschieden. Der Siegerentwurf von Benter Architektur sieht eine Rahmung des Justizpalasts durch ein Blätterdach vor.

Text: Burose, Alina, München

Als Ort der Nürnberger Prozesse erlangte der Justizpalast im Westen der mittelfränkischen Stadt weltweit Bekanntheit. Die Mitglieder des interna­tionalen Militärgerichtshofs verhandelten hier zwischen 20. November 1945 und 14. April 1949 und verlasen im Hauptprozess 22 Urteile gegen die Kriegsverbrecher des NS-Regimes, in den Folgeprozessen weitere 177 gegen an den Verbrechen beteiligte Ärzte, Juristen, Mitglieder von SS und Staatsapparat sowie Unternehmer. Neben dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände ist der Schwurgerichtssaal ein wichtiger Erinnerungsort für die Geschichte des „Dritten Reichs“ und zum Zweiten Weltkrieg in der Stadt und darüber hinaus.
2010 eröffnete im Ostflügel des Justizgebäudes die Dauerausstellung „Memorium Nürnberger Prozesse“. Zwölf Jahre später widmete die Stadt nun dem bisher unattraktiven Außenraum einen Wettbewerb. Das offene Verfahren zu „Umgestaltung des Umfeldes am Memorium Nürnberger Prozesse und Neubau eines BesucherInnenzentrums“ forderte neben landschaftsgestalterischen Maßnahmen auch einen Empfangsbau.
Im Zuge des Antrags auf Aufnahme des Komplexes in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten kommt dem Vorhaben eine zusätzliche repräsentative Bedeutung zu. Die Umgebung des zwischen 1909 und 1919 errichteten Gerichtsgebäudes prägen Gewerbearchitektur und generische Wohnbebauung. Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept von 2012 sieht für die Nürnberger Weststadt Maßnahmen zur Verbindung verschiedener Areale entlang der Fürther Straße vor: Während sich auf dem Gelände der AEG, etwa zwei Kilometer nordwestlich des Justizpalasts, Kreativ- und Kulturangebote etabliert haben, steht die Revitalisierung des ehemaligen Quelle-Versandzentrums, auf halbem Weg zwischen den beiden gelegen, noch aus. Wie vielerorts ist die Integration der Natur gewünscht – hier insbesondere der Pegnitz-Auen. Die nun vorgesehene Ergänzung für das Memorium Nürnberger Prozesse soll diesem Spagat standhalten: hohe Aufenthaltsqualität in den Freiflächen schaffen, eine Einladung zum musealen Teil formulieren und dabei den Bestand zurückhaltend aber dennoch zeitgenössisch ergänzen. Dass Letzteres keine stilistische Zuwendung zum gegenüberliegenden DATEV-Gebäudes meint, wird in den Ergebnissen des Preisgerichts deutlich.
Benter Architektur aus Hamburg setzte sich einstimmig mit einem „schwebenden Baumhain“ durch. Zusammen mit dem Berliner Büro Henningsen Landschaftsarchitekten schlugen sie einen linearen, gerichteten Baukörper mit baumbestandener Dachfläche vor. Von der großzügigen Begrünung soll das Quartier profitieren; außerdem ist der Plan, dass durch die Pflanzanordnung ein gerahmter Blick auf den Ostflügel des Justizgebäudes entsteht. Der Zugang zu einem Tiefhof bricht die reduzierte Gestaltung des Vorplatzes und unterteilt die Freifläche in einen Vorbereich für das BesucherInnenzentrum und einen dem Justizpalast zugewandten Abschnitt mit hoher Aufenthaltsqualität. Während sich auf Straßenniveau ein Café mit Schaufenster zur Fürther Straße öffnet, ist der Weg zum Memorial ins Untergeschosses eingegraben; unter einer Lichtfuge leitet er sanft zum historischen Teil über. Die Verbindung des Untergeschosses zum Justizpalast komplettiert den kuratorischen Leitfaden und bindet den Schwurgerichtsaal ein. Dennoch sieht das Preisgericht diese Annäherung als kritisch, da u.a. ein baulich kri­tischer Eingriff an der Bestandsfassade vorgenommen werden müsste.
Dem gegenüber steht der Beitrag der beiden Wiener Büros Sebastian Brunke Architekt und SI Landschaftsarchitektur ZT. Für die Idee, schein­bar den gesamten Vorplatz freizuhalten und lediglich mit drei Aufgängen zu durchstoßen, erhielten sie den zweiten Preis. Diese Zugänge sind in drei runden Lichthöfen verortet, die zugleich der Belichtung dienen sollen. Es wird nicht ganz klar, ob das vollständige Unterkellern des Platzes Zielsetzung des Entwurfs war oder die Fläche programmatisch immer weiter an ihre Grenzen stieß. Mag die Formensprache für den Ort auch willkürlich wirken, wagt sie doch Neues: Vornehmlich der größte der drei Höfe, sozusagen das Herz des Baus, entwickelt sich filigran in die Tiefe, auf einen mittig platzierten Baum zu. Diese Art von Bruch bewies sich schon andernorts in der Stadt als begrüßenswerter Ansatz, etwa in der Altstadt bei der Ergänzung des Neuen Museums durch Volker Staab. Doch hier bleibt das Potenzial eines solchen Konzepts ungenutzt: Der Vorplatz des Justizpalasts zeigt sich fließend und wenig gefasst.
Der dritte Preis, errungen von Gruppe 030 aus Berlin und Lorenz Landschaftsarchitekten Stadtplaner aus Nürnberg, sieht ein harmonisches, selbstbewusstes Ensemble vor. Drei monolithische Baukörper aus Stampflehm fassen eine leichte Pavillonstruktur mit Innenhof, welche auf das Portal des Ostflügels zuführt. Durch die nahezu vollständige Bebauung des Vorplatzes grenzt sich das BesucherInnenzentrum klar von der Stra­ße ab und nutzt die beruhigten Freiflächen für die Gastronomie im Erdgeschoss. Trotz dieser überirdischen Räume verlagert auch dieser Beitrag die Ausstellungsräume und deren dienende Nutzungen ins Untergeschoss. Vorrangigen Mangel sah die Jury denn auch in der beeinträchtigten Sicht auf den Bestand, außerdem kritisierte das Preisgericht die Blockade des östlichen Zugangs.


Offener Ideen- und Realisierungswettbewerb
1. Preis (30.000 Euro) Benter Architektur, Hamburg, mit Henningsen Landschaftsarchitekten, Berlin
2.Preis (25.000 Euro) Sebastian Brunke Architekt, Wien, mit SI Landschaftsarchitektur ZT, Wien
3.Preis (15.000 Euro) Gruppe 030, Berlin, mit Lorenz Landschaftsarchitekten Stadtplaner, Nürnberg
Anerkennungen (je 5000 Euro) Code Unique mit RSP Freiraum, Dresden; Kollektiv B mit SERO Architekten und Einenkel Landschaftsarchitektur, Leipzig; LOA, Köln, mit Ralf Maier; Cheret Bozic, Stuttgart, mit lohrer. hochrein Landschaftsarchitekten, München
Fachpreisgericht
Anne Beer, Iris Dupper, Gabriele G. Kiefer, Wolfgang Lorch, Daniel F. Ulrich, Ingo Schötz, Jörg Springer (Vorsitz), Gesine Weinmiller
Verfahrensbetreuung
stm° architekten, Nürnberg

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