Bauwelt

Waterplan Antwerpen

Der Klimawandel verschärft ein Niederschlags-Ungleichgewicht aus Starkregen und Trockenperioden. Wie reagieren Städte darauf? Antwerpen setzt auf ein Konzept, das natürliche und technische Mittel zur Regulierung des Wasserhaushalts vereint.

Text: Bokern, Anneke, Amsterdam

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    Eingriffe, die als „Wasserkaskade“ fungieren sind etwa Filter- und Sickersysteme längs der Straßen und auf städtischen Freiflächen, wie auch die Verbreiterung von Wasserläufen.
    Foto: Robert Bray Associates

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    Eingriffe, die als „Wasserkaskade“ fungieren sind etwa Filter- und Sickersysteme längs der Straßen und auf städtischen Freiflächen, wie auch die Verbreiterung von Wasserläufen.

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    Foto: Brittney Butler

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    Foto: Nicolas Waltefaugle

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    Die „künstliche Wasserstadt“, bestehend aus Pumpen, Kanalisation und Kläranlagen
    Pläne: De Urbanisten

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    Die „verborgene Wasserstadt“, mit historischer Wasserinfrastruktur, und ...
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    Pläne: De Urbanisten

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    ... die „natürliche Wasserstadt“, basierend auf der Topografie, sind im ...
    Pläne: De Urbanisten

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    Pläne: De Urbanisten

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    ...„Waterplan“ von De Urbanisten zusammengeführt. Es soll etwa einen Ringpark und Wasserkaskaden geben.
    Pläne: De Urbanisten

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    ...„Waterplan“ von De Urbanisten zusammengeführt. Es soll etwa einen Ringpark und Wasserkaskaden geben.

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    Auf verschiedenen Maßstabsebenen, vom privaten Garten bis zum städtischen Park, sieht er Rückhalte- und Sickermaßnahmen vor.
    Pläne: De Urbanisten

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    Auf verschiedenen Maßstabsebenen, vom privaten Garten bis zum städtischen Park, sieht er Rückhalte- und Sickermaßnahmen vor.

    Pläne: De Urbanisten

Waterplan Antwerpen

Der Klimawandel verschärft ein Niederschlags-Ungleichgewicht aus Starkregen und Trockenperioden. Wie reagieren Städte darauf? Antwerpen setzt auf ein Konzept, das natürliche und technische Mittel zur Regulierung des Wasserhaushalts vereint.

Text: Bokern, Anneke, Amsterdam

Der Klimawandel hat überall in Europa sowohl steigende Niederschlagsmengen und häufigeren Starkregen als auch immer intensivere Hitze- und Trockenheitsperioden zur Folge. Spürbar ist das vor allem in den Städten. In letzter Zeit wird daher in vielen Stadtverwaltungen darüber nachgedacht, wie man mit dieser Herausforderung umgehen soll – aber nur wenige haben bislang umfassende Pläne entwickelt. Eine der Ausnahmen ist die belgische Stadt Antwerpen, deren Gemeinderat im September den Waterplan verabschiedet hat. Entwickelt vom niederländischen Büro De Urbanisten, schlägt er eine integrale Herangehensweise an Wassermanagement und Außenraumgestaltung vor.
Als De Urbanisten sich auf die öffentliche Ausschreibung bewarben, waren sie mit der Stadtstruktur von Antwerpen bereits vertraut, denn sie hatten zuvor an einem Projekt zur Verbesserung der Integration des Autobahnrings mitgearbeitet. “Bei dieser Ausschreibung fanden wir interessant, dass sie sich – trotz des Wasserthemas – in erster Linie an Entwurfs- und nicht an Ingenieursbüros richtete”, sagt Florian Boer von De Urbanisten. Denn gefordert war nicht weniger als eine räumliche, klimagerechte Vision für Antwerpen. An der Ausarbeitung war daher letztlich eine ganze Reihe von Parteien beteiligt: das Ingenieursbüro Witteveen+Bos, die Wasserwerke der Stadt Antwerpen, das Stadtplanungsamt, der Stadtbaumeister, die Provinzverwaltung und die flämische Regierung.
Laut Boer dreht sich der Waterplan vor allem um Renaturierung. Wer schon einmal in Antwerpen war, weiß, dass die Stadt an der Schelde vergleichsweise steinern und stark versiegelt ist – mit der Folge, dass in den letzten Jahren in manchen Gegenden das Wasser nach starken Regen­fällen 50 bis 70 Zentimeter hoch auf der Straße steht. Gleichzeitig gibt es eine historische Wasser- und Grünstruktur in der Stadt, die viel Potenzial bietet. Wie bei ihren früheren Projekten, zu denen u.a. der Wasserplatz Benthemplein in Rotterdam zählt, streben De Urbanisten mit dem Waterplan nach einer Integration von Außenraumgestaltung und Wassermanagement. Vorhandene technische Systeme sollen dabei nur noch als Back-up dienen.
Die technischen Systeme gehören zu einer der drei koexistierenden “Wasserstädte”, die De Urbanisten zu Beginn des Prozesses in Antwerpen identifizierten. Mit ihren Pumpen, Kanalisation und Kläranlagen bilden sie die “künstliche Wasserstadt”. Noch ist diese Wasserstadt dominant, funktioniert aber in Zeiten des Klimawandels nicht mehr wie zuvor und muss daher kooperativer werden. Denn daneben gibt es auch die “natürliche Wasserstadt”, zu der natürliche Wasserläufe, Topographie und Bodenbeschaffenheit gehören und die momentan kaum genutzt wird. Sie soll laut dem Waterplan für das Wassermanagement erschlossen und intensiviert werden. Als dritte im Bunde haben De Urbanisten die “verborgene Wasserstadt” benannt, gebildet aus historischer Wasserinfrastruktur und ehemaligen Flussläufen, die es bloßzulegen und zu reaktivieren gilt. Übergeordnetes Ziel des Waterplan ist es, basierend auf mittelfristigen (bis 2050) und langfristigen (bis 2100) klimatologischen Prognosen ein Gleichgewicht zwischen den drei “Wasserstädten” herzustellen.
Um dieses Gleichgewicht zu erreichen, setzen De Urbanisten vor allem auf die Infiltration von Regenwasser entlang neuer Kaskaden, die alle Raumstrukturen der Stadt durchziehen sollen: die Innenstadt und den alten Hafen, die Parkzone aus dem 19. Jahrhundert, den Autobahnring, das engmaschige Stadtgewebe der Wohngebiete, die Flussufer, den Hafen. Regenwasser soll nicht mehr in der Kanalisation verschwinden, sondern auf natürliche Weise versickern und gleichzeitig sichtbar Teil des öffent­lichen Raums sein. Entgegen aller Intuition, beginnt die Anlage der Kaskaden jeweils an ihrem unteren Ende, wo der Maßstab klein ist, und arbeitet sich Schritt für Schritt zum größeren Maßstab an ihrem Oberlauf vor. So stehen am Anfang Infiltrations- und Rückhaltemaßnahmen auf Privatgrund (etwa in den Gärten von Häuserblöcken), gefolgt von Maßnahmen auf Quartiersniveau (wie neue Regengärten, Wadis oder Wasserplätze) und größeren Rückhalteeinrichtungen in Stadtparks bis hin zu einer Erweiterung der Uferzonen am Fluss. Um die möglichen Standorte solcher Kaskaden zu bestimmen, haben De Urbanisten Workshops veranstaltet. Dann stellten sie eine Toolbox mit 60 Maßnahmen zusammen die alle an die Hauptstrategie gekoppelt sind, und arbeiteten einige Testfälle aus, darunter eine komplette Kaskade im Stadtviertel Borgerhout/Deurne.
Während solche Pläne in vielen Städten graue Theorie bleiben, hat Antwerpen für die Umsetzung tatsächlich ein Budget zur Verfügung gestellt. Nun werden einige exemplarische Projekte bereits umgesetzt, darunter die Umgestaltung des Stadtparks, dessen Teich zum Rückhaltebassin wird, und die Anlage von wasserbergenden Gartenstraßen. “Der Stadtrat wird zwar von Rechtspopulisten dominiert, aber wegen der Dringlichkeit des Problems haben auch sie Interesse am Waterplan”, sagt Florian Boer. “Unsere partizipative Herangehensweise kam bei ihnen gut an.” Aus strategischen Erwägungen bietet die Toolbox eine große Bandbreite an Bausteinen, die von technischen bis hin zu nachhaltigen Maßnahmen reichen. “Wir haben selber deutliche Präferenzen, wollten aber politisch nicht gleich alles verbauen”, sagt Boer. “Toolboxen sind immer ein bisschen wie eine Lotterie. Wichtig ist vor allem, dass alle vorgeschlagenen Bausteine in die große Vision passen. Dann kann es funktionieren.”
Fakten
Architekten De Urbanisten, Rotterdam
aus Bauwelt 19.2020
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