Konstruktion BUK ETHZ
Ein Kompendium, das gefehlt hat
Text: Schulz, Ansgar, Leipzig; Schulz, Benedikt, Leipzig
Konstruktion BUK ETHZ
Ein Kompendium, das gefehlt hat
Text: Schulz, Ansgar, Leipzig; Schulz, Benedikt, Leipzig
Mit der Konstruktion in der Architektur ist es oft so wie mit der Mathematik in der Schule: Es ist ein Kavaliersdelikt, und sich nicht darum kümmern zu wollen oder schlecht darin zu sein, wird verständnisvoll verziehen. Welche der vielen genialen Entwerfer oder erfrischend unstrukturiert-kreativen Schüler will sich schon in diese Niederungen begeben? Doch das könnte sich ändern – dank eines vor Leichtigkeit und Freude am Erklären nur so sprühenden neuen Buches.
Daniel Mettler und Daniel Studer, Dozenten für Bautechnologie und Konstruktion an der ETH Zürich, haben mit ihrem 360 Seiten starken Werk „Konstruktion“ ein Kompendium vorgelegt, das gefehlt hat im Reigen der Baukonstruktionsbücher und eine neue Art der Wissensvermittlung über die Grundlagen des architektonischen Konstruierens anbietet. Kategorisierend geordnete, sehr präzise auf das Wesentliche reduzierte, stets dreidimensional angelegte Prinzip- und Detailzeichnungen werden angereichert um nachdenklich stimmende Essays von Gastautoren und -autorinnen und atmosphärische Fotos von Iwan Baan. Auf selbstverständliche Weise wird uns deutlich gemacht, dass die Aufgabe von Konstruktion darin besteht, eine die Sinne ansprechende gebaute Umwelt zu schaffen.
Das Buch hat seine Eigenheiten, die ihm Charakter geben. Neben den erwähnten kunstvollen Essays und Fotos und den im positiven Sinne verschwenderisch über mehrere Seiten verlaufenden Kapitelüberschriften überrascht die anfänglich irritierende Sparsamkeit an Angaben zu den Baustoffen. Schnell wird klar, dass man aufmerksam und konzentriert sein soll, um die notwendigen Informationen zusammenzufügen, die niemals unnötig doppelt aufgeführt werden. Bewundernswert ist der Mut, sich mit Aussagen festzulegen wie beispielsweise auf der an geballter Information nicht zu überbietenden Doppelseite 56/57, die verblüffend unspektakulär sinnvolle Höhen und Spannweiten von Deckenkonstruktionen angibt.
Als Lehrbuch liegt der hohe Wert des Buches in der durchgängig räumlichen Darstellung der Konstruktion, teilweise sogar unter Einbeziehung der Baubehelfe wie zum Beispiel der Schalung und Abstützung von Ortbetonbauteilen. Waren früher Baukonstruktionsdetails für angehende Architekten und Planerinnen mit noch nicht ausgeprägtem räumlichen und bautechnischen Verständnis Rätsel größeren Ausmaßes, liegt nun alles klar und eindeutig vor Augen. Dass die Prinziplösungen nicht blanke Theorie, sondern zu gebrauchen sind, zeigt ihr Abgleich mit den vorgestellten Konstruktionen zeitgenössischer Architektur aus der Schweiz, wenn auch hier verständlicherweise nicht alle Betriebsgeheimnisse offengelegt werden.
Der Architekt und Hochschullehrer Paul Kahlfeldt hat während unserer gemeinsamen Zeit an der TU Dortmund oft gefragt: „Warum sagen wir den Studierenden über das Häuserbauen nicht einfach, wie man es macht?“ Dies übernehmen nun Mettler und Studer mit ihrem wunderbaren Buch. Es wird einen würdigen Platz erhalten in unserer Bibliothek, herkunftskategorisiert neben den Büchern von Heinz Ronner und Andrea Deplazes.
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