Räume für Kinder
Gestaltung auf Augenhöhe
Text: Minet, Paulina, Berlin
Räume für Kinder
Gestaltung auf Augenhöhe
Text: Minet, Paulina, Berlin
Was liegt für Kinder auf Augenhöhe? Welche Einblicke zeigen sich aus ihrer Perspektive?
Die Publikation „Räume für Kinder – Gestaltung auf Augenhöhe“ des Berliner Architektur- und Designbüros baukind stellt sich diesen Fragen und vereint in ihren Antworten Pädagogik, Architektur und Design. Das Buch ist quasi das Resumee einer zehnjährigen Bürotätigkeit und vermittelt die gesellschaftliche Relevanz kindgerechter Planung.
Kinder sind überall, zu Hause, im Kindergarten und im öffentlichen Raum. Man müsse sich bewusstwerden, dass sie anders empfinden und reagieren. Sie handeln intuitiv und entdecken die Welt auf sensorische Weise. Darauf sollte Rücksicht genommen und ihre Entwicklung durch die Raumgestaltung gefördert werden. Getreu der Devise, die Kleinsten unter uns ernst zu nehmen und ihre Bedürfnisse zu verstehen, ziehen uns nach dem Vorwort von baukind-Gründerin Nathalie Dziobek-Bepler Bobby und Tom mit lebhaften Erzählungen ihrer Traum-Kita in den Bann und lassen uns in ihre Welt eintauchen.
Der Einstieg in die Thematik wird durch die historische Entwicklung der Pädagogik und die Erläuterung reformpädagogischer Konzepte ergänzt. Sie bildeten den Ursprung des „Umdenkens“ und wandelten „Kinderbewahrungsanstalten“ zu Spiel- und Lernräumen um. Vorgestellt werden nicht nur Pioniere der Pädagogik wie Maria Montessori und Rudolf Steiner, auch Friedrich Fröbel, Loris Malaguzzi (Reggio-Pädagogik), Jesper Juul und Emmi Pikler treten auf. Bis heute werden bestehende Ideen und Ansätze immer wieder aufgegriffen. Die jeweilige Pädagogik der Bauherrinnen und Bauherren spielt eine entscheidende Rolle bei der Planung, die Räume reagieren auf gelebte pädagogische Konzepte und geben einen Rahmen für Eigendynamik vor.
Die Projekte von baukind stehen im Mittelpunkt des zweiten Teils des Buchs. Mitgegeben wird uns ein Leitfaden, der sich in vier Themenbereiche gliedert und kontinuierlich auf Aspekte wie Grundrisszonierung, Materialität, Farbe oder Akustik eingeht.
Beginnend mit dem Thema Bewegung, erfahren wir, dass es sich dabei um den Entwicklungsmotor des kleinkindlichen Gehirns handelt. Es werden offene Raumkonzepte mit Treppen, Podesten oder Hochebenen, aber auch Höhlen und Nischen erläutert. Dies wirkt bewegungsfördernd und trägt zur Interaktion bei. So entstehen Tobelandschaften wie Rückzugsorte.
Ebenso wird die Multifunktionalität thematisiert. Durch die Weiterentwicklung feiner Details und Situationen lehrt uns baukind, dass der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind. Stauraum wird bespielbar, Sockelleisten wandeln sich zu Murmelbahnen, die Heizkörperverkleidung lädt zum Klettern ein.
Ein weiterer Bereich ist die Gestaltung der Bäder. Sie werden zu Wasserlandschaften mit Waschrinnen, Staubecken oder Tafelwänden. Die Gestaltung von Fließenbildern an den Wänden vermittelt, wie Kinder und Lehrpersonen in den Bauprozess eingebunden werden können. Guckfenster verbinden die Bäder mit den anderen Räumen und erleichtern dadurch die Beaufsichtigung der Kinder.
Zu guter Letzt werden die Übergangsräume untersucht. Die Nutzung dieser Zonen und Ausgestaltung als Piazza, Spiel- und Bewegungsflure oder Galerieflächen lassen uns die Qualität des Dazwischen erkennen. Wir werden angeleitet zu analysieren, wie Eingangsbereiche, Garderoben und Flure zu pädagogisch wertvollen Räumen weiterentwickelt werden können.
Auch wenn die vorherigen Kapitel immer wieder konkrete Hinweise zur Umsetzung geben, überträgt erst das folgende Kapitel „Wie funktioniert Kitabau?“ Ideen und Inspirationen in die Praxis. Wir erhalten eine Übersicht der Richtlinien, Gesetze und Normen, die sich aus den Vorgaben von Bund, Ländern, Kommunen und Versicherungen ergeben. Neben Brand- und Schallschutz sind Barrierefreiheit, Hygienerichtlinien und Vorgaben zur Unfallvermeidung relevant.
Den Abschluss der Publikation bilden fünf detaillierte Werkberichte. Das Buch richtet sich nicht nur an Architektinnen und Architekten, sondern an alle, die Zeit mit Kindern verbringen – ob als Pädagogen oder als Eltern.
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